Apple glänzt an der Börse: Die Aktie knackte zum Jahresauftakt den Preis von 300 Dollar. Ist das Vertrauen der Anleger in den US-Techhersteller gerechtfertigt?
Apple hat viele Jahre lang Marktanteile gewonnen. Und das iPhone 11 scheint in den USA und China gut gestartet zu sein. Im September beginnt dann der hochantizipierte 5G-Zyklus.
Ich glaube, dass Apple eine einmalige Chance hat, von diesem Superzyklus zu profitieren. Zudem ist der Konzern weiterhin bestrebt, seine Abhängigkeit vom iPhone zu reduzieren.
Die Anleger vertrauen darauf, dass neue Angeboten wie Apple TV+, Geräte-Updates sowie Wearables auch im 2020 Kunden an sich binden werden. Fact ist: Wer im Technologie-Sektor investiert sein will, wird wohl auch im 2020 weiter auf Apple setzen müssen, obschon schon viel Positives im Kurs antizipiert ist.
Alphabet dürfte an der Börse bald die Ein-Billion-Dollar-Grenze durchbrechen. Was treibt die Aktie des Google-Mutterkonzerns nach oben?
Alphabet besteht aus mehr als nur der Suchmaschine Google. Das Filmportal YouTube, die Smartphone-Software Android und das Cloudgeschäft sind erfolgreiche und gewichtige Geschäftsbereiche.
Die Strategie wird seit Dezember neu vom Alphabet-CEO Sundar Pichai bestimmt, der zuvor Google geleitet hat. Alphabet konnte in den vergangenen 12 Monaten knapp 30 Prozent zulegen, etwas weniger als der Nasdaq. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 26 sind die Aktien kein Schnäppchen. CEO Pichai hat aber das Potential, weitere Innovationen zu pushen und dem Internetriesen zusätzlichen Schwung zu verleihen.
In der Schweiz sind die Hypothekarzinsen nach den rekordtiefen Ständen zuletzt wieder leicht angestiegen. Werden sie weiter steigen?
Das strukturelle Tiefzinsumfeld dürfte uns auch im 2020 begleiten. Die expansive Geldpolitik der Notenbanken, die tiefe Inflation und eine moderat wachsende Wirtschaft dürften die Hypothekarzinsen auf tiefen Niveaus halten.
Einen leichten Anstieg der Zinsen sehen wir nur bei mittleren bis längeren Laufzeiten. Die Zinsmargen sind im Hypothekarbereich seit Jahren rückläufig und ein gegenläufiger Trend ist derzeit nicht zu erwarten.
Die Schweizer Immobilienfonds haben sich 2019 deutlich aufgewertet. Wird sich diese Entwicklung fortsetzen – und sollten Anleger darauf setzen?
Die Performance der Schweizer Immobilienfonds war 2019 mit rund 21% ausserordentlich stark. Die tiefen Zinsen haben die Diskontsätze weiter reduziert und zu einer Aufwertung der Liegenschaftsbestände geführt.
Ein Grossteil der Performance war jedoch auch auf einen weiteren Aufbau der Agios zum Buchwert zurückzuführen. Wir gehen davon aus, dass die kotierten Immobilienfonds das bisherige Tempo nicht halten können.
Erste Immobilienfonds haben in den vergangenen Tagen Kapitalerhöhungen angekündigt was zu einem gewissen Gegenwind führen könnte. In unserer Anlagestrategie bleiben Immobilienfonds jedoch ein wichtiger Portfoliobaustein.
«Man erwartet, dass die SNB nun vielleicht gar nicht gegen einen zu starken Franken interveniert. Von solchen Stories halte ich wenig.»
Der Euro-Schweizerfrankenkurs ist in den letzten Tagen – das erste Mal seit April 2017 – wieder unter die Marke von 1.08 gefallen. Wie geht es weiter?
Da gibt meiner Meinung nach einen Hauptgrund: Die USA haben die Schweiz wieder auf die Beobachtungsliste als allfälliger Währungsmanipulator gesetzt.
Dies hat sofort spekulativen Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken ausgelöst. Man erwartet, dass die SNB nun weniger oder vielleicht gar nicht gegen einen zu starken Franken interveniert. Von solchen Stories halte ich jedoch wenig. Die SNB wird ihre Unabhängigkeit bewahren, und die Situation sollte sich eher wieder beruhigen.
Und was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte noch noch?
Da gibt es einige Themen: Beim geopolitische Pulverfass im Nahen Osten ist jederzeit eine erneute Eskalation möglich. Ich erachte die Spannungen dort jedoch als weniger relevant für die Weltwirtschaft als der Handelskonflikt.
Die Unterzeichnung des Teilabkommens (Phase-1-Deal) reduziert die konjunkturellen Abwärtsrisiken. Ich erwarte, dass die globale Konjunktur im 2020 die Talsohle durchschreiten und dann wieder leicht an Fahrt aufnehmen wird, jedoch ohne allzu grosse Dynamik.
Ab kommender Woche werden zusätzlich die Unternehmensgewinne des 4. Quartals 2019 sowie die Ausblicke auf das neue Jahr in den Fokus der Anleger rücken.
Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Den geopolitischen Spannungen zum Trotz, zeigen die Anleger eine gewisse Risikobereitschaft. Wir beobachten eine leichte Sektorrotation aus den teuren, defensiven Aktien in tiefer bewertete, aber qualitativ gute Zykliker, beispielsweise aus dem Industriesektor.
Kommende Woche startet die Zeit der Jahresabschlüsse. Einen ersten Eindruck haben wir bei Sika, Bossard und Geberit erhalten. Die Zahlen von Sika beispielsweise lagen nahe an den Erwartungen, trotzdem kam es zu Gewinnmitnahmen.
Die Top-Performer vom 2019 müssen nun starke Jahresabschlüsse präsentieren, damit ihre Aktien mit weiteren Kursavancen reagieren können. Stimmt die Qualität der Aktien können diese meist kurzfristigen Kursrückschläge durchaus zum Positionsaufbau verwendet werden.
Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Mit der Annahme, dass die Krise im Nahen Osten nicht weiter eskaliert und auch Donald Trump als US-Präsident wiedergewählt wird, sehe ich nach wie vor gewisses Aufwärtspotenzial im SMI. Dass die Bewertung jedoch gut 10% über dem langfristigen Durchschnitt notiert, bremst die Euphorie etwas.
Wir gehen davon aus, dass sich im 2020 konjunktursensitive Aktien besser entwickeln werden als unsere drei defensiven Blue Chips. Dadurch könnte auch der SMI ein wenig gebremst werden. Ich empfehle eine Positionierung nach dem Grundsatz «Qualität zum vernünftigen Preis», also ein sinnvoller Mix zwischen Zykliker und defensiven Titeln.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
IMD-Professor Arturo Bris hat errechnet, wie lange sich Apple noch Rückkäufe leisten kann: «Apple: Der Aktienpreis hat sich verdoppelt – aber nun droht der Bruch».