Der Auftakt in das deutsche Wahljahr 2017 findet auf einer der zierlichen Studiobühnen des Politikbetriebs statt und liefert somit Einsichten, die nur begrenzt übertragbar sind. Wenn die Bundesrepublik in den vergangenen gut sechs Jahrzehnten etwas gelernt hat, dann, dass das Saarland ganz eigenen Gesetzen und Idiosynkrasien folgt.
Dennoch wurden am Sonntag zwei Dinge deutlich: Eine gute Ministerpräsidentin kann auch gegen den Bundestrend erfolgreich bei den Wählern sein. Und dieser Bundestrend sorgt bei der SPD nicht zwangsläufig dafür, dass der populäre Schulzismus der Sozialdemokratie automatisch neue Wählerscharen zuführt.
Die Talfahrt der Grünen setzt sich auf bemerkenswerte Art fort, und auch die AfD darf im Westen nicht blind darauf setzen, dass Protestwähler und von der Flüchtlingspolitik Empörte zwangsläufig die blaue Alternative als Option erkennen. Zumal wenn es wie im Saarland eine linke Alternative gibt, die in Gestalt ihres Vorbeters Oskar Lafontaine bewusst und fokussiert mit nationalen Tönen und lügenpressiger Medienkritik rechte Protestwähler für sich gewinnen will. Doch auch die Linkspartei verliert ihre luxuriöse Sonderstellung in diesem regelmässig roten Bundesland. Sie ist weg von der Aura der Volkspartei.
Der Joker ist weg
Die FDP schliesslich steht weiter auf wackligen Beinen, zumindest in einem Bundesland, in dem man sich zuvor blamiert hatte und dafür bestraft wurde. Hätte es im Saarland am Ende doch für eine rot-rote Regierung gereicht, hätten die bürgerlichen Kräfte eine ideale Vorlage, um die Wähler der Mitte, die mit einem Charismatiker wie Schulz flirten, daran zu erinnern, dass, wer SPD wählt, am Ende auch ideologische Querschläger wie Oskar Lafontaine an die Macht bringt. Dieser Joker ist weg. Dafür ist die Union stärker denn je.
Die CDU-Vorsitzende wird sich in ihrem Kurs der Unerschütterlichkeit bestärkt sehen. Die Kanzlerin hat fast präsidiale Ruhe bewahrt, im Schlussspurt ihrer politischen Weggefährtin Annegret Kramp-Karrenbauer beigestanden und bekommt nun ein sehr gutes Ergebnis serviert.
Der solide Stimmengewinn bei einer erfreulich angewachsenen Wahlbeteiligung gibt der Union Schwung für das Wahljahr. Die SPD ist schwächer, als die 100-prozentige Begeisterung zuletzt Genossen glauben liess. Für die bundespolitisch wichtigen Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW ist das Rennen offener, als es Sozialdemokraten lieb sein kann. Jetzt wird sich zeigen, was Martin Schulz noch zu bieten hat.
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