Es gibt Motorräder, die nicht von Harley-Davidson stammen, aber trotzdem Motorräder sind. Ducati zum Beispiel oder Moto Guzzi, BMW, Triumph, Honda oder die wunderbaren Laverda. Das ist eine Tatsache. Der normale Harley-Fahrer weiss das zwar, erkennt es aber nicht an. Damit hat er recht, weil Harley-Fahren etwas anderes ist als Motorradfahren.
Eine Harley ist nur in einer Nebeneigenschaft als Motorrad zu gebrauchen. Das klingt seltsam, aber Bernhard Gneithing, viele Jahre lang Pressechef bei Harley-Davidson Deutschland, konnte das grossartig erklären: «Wir verkaufen einen Lebensstil – das Motorrad gibt es gratis dazu.» Das fing vor etwa 30 Jahren an. Damals war Harley-Davidson eine Schrottfabrik, heruntergewirtschaftet vom Industriekonzern AMF (ich kann das sagen, meine Harley stammt aus dieser Zeit). Wahre Harley-Fans hatten die Pleitefirma in einem Management-Buy-out übernommen.
Das Erste, was sich die Neuen in Milwaukee vornahmen, waren die schwerkriminellen Rocker, die auf ihren Harley-Dienstfahrzeugen Bordell- und Drogengeschäft lebendig hielten, und dazu – zweitens – auch noch die schmuddeligen Hippie-Schraubertypen, arbeitslos, jung, das Haschpfeifchen zur Hand, die kalifornische Sonne auf dem Bauch, Freedom im Herzen.
Der Harley-Lebensstil hat seinen Preis
Eine Kundschaft, die ab sofort in Milwaukee so beliebt war wie ein Altölfleck im Firmenlogo oder eine Rückrufaktion. Wenn vor dem Weissen Haus die Flagge der USA weht, und man müsste jetzt eine zweite Fahne darunter hissen mit einem zweiten Symbol, das die USA zusammenfasst, dann kommt dafür nur das Harley-Davidson-Emblem infrage.
Es sind die guten, bürgerlichen Amerikaner, die sich einen Big Twin in der Doppelgarage leisten, und ganz ähnlich sieht das auch in Deutschland aus. Es ist herrlich, dass das amerikanische Gefühl von Weite, Grösse, Grosszügigkeit und Freiheit einen Starterknopf hat. Aber der kostet mit allem Drum und Dran zwischen 15'000 und 41'000 Euro für einen Big Twin.
Jetzt wird klar: Wenn es sich bei Harley Davidson um einen Lebensstil handelt, dann den in der gehobenen Ausführung. Aber der ist oft mit Sinn für Stil, Humor, mit Fantasie und Talent für den großen Auftritt kombiniert. Am besten zu erleben bei den Hamburger Harley Days vom 26. bis zum 28. Juni.
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