Der sonntägliche Spaziergang führt Eine über die Quaibrücke zum Bellevue. Zu den vielen Absperrungen, Umleitungen und neu montierten Fussgängerwegen scheinen nochmals Bau-Barrikaden hinzugekommen zu sein. Die Tramhaltestelle am Bellevue ist kaum noch zu erkennen und genauso unhandlich zu erreichen. Trotz Sonntag schieben sich die Autos über die verengten Fahrstreifen. Allen gemeinsam ist: man schwitzt.
In der kommenden Woche wird die Quaibrücke für den Autoverkehr komplett gesperrt. Zuerst nur eine Nacht, wahrscheinlich als Vorgeschmack und «Übung» für die Sommerferien, wenn gar nichts mehr geht – ausser den Fussgängern. Schon an normalen Tagen ist das Bellevue morgens und abends oft mit einem Geduldsspiel vergleichbar – und nun eine komplette Sperrung, ganztags über Tage hinweg? Wenn sich die Autos auf die anderen Strassen (und vor allem Möglichkeiten, die andere Seeseite zu erreichen) verteilen, wird Zürich wohl zum grossen Roulette: Rien ne va plus…
Natürlich müssen Fahrbahnen und Schienen erneuert, Brücken gewartet und instandgesetzt werden: Und es gibt genauso keine Zeit, in der diese Verkehrswege nicht benötigt werden. Es ist also immer eine «Operation am offenen Herzen». Viele Pendler können nicht auf das eigene Fahrzeug verzichten, ohne dass sich der Weg zum Arbeitsplatz deutlich verlängert – wobei, das wird er während der Sperrung so oder so.
Es dürfte eher um die Frage gehen, welche Variante die angenehmere ist: Überfüllte Trams oder einsam im Auto. Die überfüllten Trams, in denen morgens oft eine unterschwellige Aggressivität zu spüren ist, werden hoffentlich nicht zu Schauplätzen von Kämpfen um die letzten Stehplätze und zu Prüfstätten der Toleranz gegenüber Döner-Essern oder Musikliebhabern. Und die Menschen, die im Auto mehr stehen als fahren, ärgern sich hoffentlich nicht zu viel über die von der Seite hereindrängenden Fahrzeuge (die müssen ja irgendwie auch auf die Strasse).
Eine ist gespannt auf die Zürcher Sommerzeit.
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