Nächste Woche öffnet die wichtigste Kunstmesse der Welt ihre Türen. Internationale Prominenz aber auch das «Who is who» der Kunstszene versammelt sich zur «Art» in Basel. Die einen lassen sich einfach von den ausgestellten Werken inspirieren, die anderen treffen sich zum Networken. Wahre Kunstliebhaber nutzen die Gelegenheit, um ihre Sammlungen mit etablierten Werken oder neuen Entdeckungen zu erweitern. Sponsoren planen Events rund um die Messe oder führen ihre Kunden dorthin aus. Doch was tun, wenn man als Relationship- oder Marekting-Manager mit Kunden auf Kunst-Tour geht, selbst aber kein Kunst-Experte ist? Gibt es ein «Einmaleins» für Dummies, das man schnell erlernen kann? Letzte Woche traf ich den Kunst-Experten Clemens Gunzer in seiner Zürcher Galerie. Er sprach mit mir über Fauxpas, No-Go’s und Werte der Szene.
Um ein bisschen mehr über Kunst zu erfahren empfielt Gunzer, kontinuierlich Galerien und Ausstellungen zu besuchen, Werke anzuschauen oder sogar selbst welche zu kaufen. Die Hemmschwelle sinkt und ein gewisses Verständnis baut sich auf. Etablierte Galerien erkennt man beispielsweise daran, dass sie auf wichtigen Kunstmessen wie der Art Basel oder der Frieze in London ausstellen. Ich beispielsweise habe aktuell beruflich viel mit Kunst zu tun, hatte bisher aber keine grosse Kenntnis darüber. Auf jeder meiner Reisen besuche ich nun mindestens eine Ausstellung. Jedes Mal freue ich mich dann, wenn ich ein Werk eines Künstlers anhand seiner Technik wieder erkenne, weil ich anderswo seine Arbeiten bereits gesehen habe. Ein Galeriebesuch ist für mich nicht nur eine kreative Inspiration, es lässt mich in Mittagspausen auch abschalten und den Büroalltag vergessen.
Schlüsselwerke gehen bevorzugt an Kenner
Wollen Sie oder Ihr Kunde etablierte Werke für den Privatgebrauch kaufen, so ist es wichtig, sich an einen Kunstexperten zu wenden. Es könnte nämlich gut sein, dass Sie bei der ersten Anfrage schnell ein Nein vom Galeristen kassieren. Denn Schlüsselwerke werden bevorzugt in guten Sammlungen gesehen. So verkauft eine Galerie einen Warhol lieber an einen Kenner und Liebhaber, als an jemanden, der das Werk womöglich in einem Jahr wieder auf den Markt bringt und nicht zu schätzen weiss.
Wer Kunst vom Feinsten sehen möchte, der sollte sich die Fundation Beyeler anschauen, rät Gunzer. Ernst Beyeler war ein Galerist aus Basel, der die Art Basel mitbegründet und sich über Jahre eine legendäre Sammlung aufgebaut hat. Diese hat er der Öffentlichkeit mit seiner Fondation Beyeler in Riehen zur Verfügung gestellt. Neben der Kunstsammlung fasziniert auch die Architektur des Gebäudes.
Für Gunzer hat Kunst keine Regeln: «Kunst ist Geschmacksache und es gibt keine Garantie für Erfolg. Kunst ist Leidenschaft.» Auch könne man Kunst nicht täglich am Wert messen, wie eine Aktie. Deshalb liesse sie sich auch so schlecht greifen. Auktionen geben laut Gunzer Richtwerte zu aktuellen Preisen, welche sich aber von Jahr zu Besitzer ändern können. Ein wahrer Kunstsammler verstehe ein Werk und dessen Preis, wenn er es sieht. Dann, so Gunzer, ist es auch für ihn gemacht.
So spannend Kunst auch ist, so komplex ist die Welt um sie herum, sagt er weiter. Wenn man mit Kunden in einer Galerie ist oder eine Kunstmesse besucht, sei es gar nicht schlimm, kein Experte zu sein. Der grösste Fauxpas hingegen sei, als Laie eine Meinung abzugeben ohne sich a) auszukennen oder b) gefragt zu sein.
Zuhören und mit Zurückhaltung glänzen
Das Paradebeispiel kennen wir alle, nämlich Sätze wie: «Das ist Kunst? Das kann mein Sohn auch malen» oder «Und dafür zahlt jemand im Ernst einen so hohen Preis?». Das A und O, wenn man keine Ahnung hat, ist hier, wie auch sonst im Leben: Zuhören und mit Zurückhaltung glänzen, statt mit wertenden oder unqualifizierten Aussagen. Denn damit laufen Sie Gefahr nicht nur den Künstler zu beleidigen, sondern auch Ihren Kunden, dem das Werk möglicherweise gefällt. Auch nicht gerne gesehen sind Frauen, die in zu hohen Heels und Sonnenbrillen durch die heiligen Hallen der Messe stöckeln. Wer viele Messen besucht, weiss welche Wege man dort zurücklegen muss. Ausserdem ist es eine Beleidigung an die Kunst, diese, trotz der hellen Scheinwerferlichter, durch die Sonnenbrille zu betrachten. Weniger ist auch hier mehr. Schliesslich ist eine Ausstellung kein Catwalk.
Ursprünglich stellte man Kunst in Kirchen aus, um diese zu verschönern und Künstler so zu fördern. Dies haben viele Unternehmen für sich entdeckt - vor allem Banken - und eigene Corporate Collections aufgebaut. So sind diese natürlich einerseits eine Wertanlage, andererseits sollten auch diese nicht allzu übertrieben und teuer sein. Wenn der Kunde ein Kenner ist, durch die Geschäftsräume einer Bank läuft und die teuersten Kunstwerke der Welt an den Wänden hängen sieht, fragt er sich auch, was die Bank wohl mit seinem Geld macht.
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