Der Monat Juni steht im Zeichen des «Brexit», der Entscheidung über das Ausscheiden Grossbritanniens aus der Europäischen Union (EU). Das Referendum findet für die Briten am 23. Juni statt, das mit einfacher Mehrheit entschieden ist.
Die Buchmacher haben sich auf der Insel schon in Stellung gebracht. Sie gehen davon aus, dass die Menschen für einen Verbleib in der EU stimmen. Obwohl sich prominente Politiker, wie Boris Johnson, der ehemalige Bürgermeister von London, mit grosser Vehemenz im Wahlkampf für einen Austritt stark macht.
Finanzplatz London geräte unter Druck
Falls das Ausscheiden nach der Auszählung feststeht, könnten die Börse in London ein Waterloo erleben, obwohl der Austritt noch einige Monate dauern könnte. Obwohl die Spekulationen ins Kraut schiessen, haben die Unternehmen schon lange einen Plan B in der Schublade.
Grossbritannien wird in eine Rezession abgleiten und erheblichen wirtschaftlichen Schaden nehmen. Die Aktien werden abstürzen und die britische Pfundwährung wird abgewertet gegen den Dollar als auch gegenüber dem Euro.
Der Finanzplatz wird unter erheblichen Druck geraten, da panikartige Verkäufe die Börse erschüttern werden. Der über Jahre boomende Immobilienmarkt wird beachtlich zurückgehen und die Spekulanten werden die leer stehenden Bürotürme zu Spotpreisen erwerben können.
Unternehmen auf dem Spiel
Bei den finanziellen Entscheidungen in Brüssel hat London eine gewaltige Stimme und ist ausserdem ein Nettozahler in die EU-Kasse Die wirtschaftlichen Beziehungen sind mit der zweitgrössten Volkswirtschaft innerhalb der EU in den letzten Jahren zum Festland erheblich gewachsen und die Verflechtungen sind besonders bei den Automobilherstellern bemerkbar.
Bei einem Ausscheiden stehen viele kleinere und mittlere Unternehmen auf dem Spiel. Die grossen Automobilhersteller Europas werden daher überlegen, ob sie weiter Personenwagen und Ersatzteile in England anfertigen wollen, denn eine dann anfallende Einfuhrimportsteuer würde die Endprodukte mehr als belasten. Es würden erhebliche Arbeitsplätze zur Disposition stehen, die Menschen würden eines Tages auf der Strasse landen und ihren Job verlieren.
An Strahlkraft verlieren
Auch die Londoner-City, eine Wohlstandsmaschine, sowie die Kathedrale der Finanzen, in der exorbitante Investment-Deals zum Abschluss gebracht werden, würde erheblich an Strahlkraft verlieren. In Zukunft könnte sich das Zentrum nach Frankfurt, Zürich oder nach Luxemburg verlagern mit dem Verlust von hochqualifizierten Fachkräften, die für solche Geldgeschäfte hervorragend ausgebildet sind.
Auch die USA könnten von diesem Aderlass profitieren. Die Wall Street hat ebenfalls Interesse an künftigen ertragreichen Geschäften und könnte folglich den Niedergang der City beschleunigen. Den Schaden hätten dann vor allem die Menschen auf der Insel, die um ihren hart erarbeiteten Wohlstand bangen müssen.
Falls die britischen EU-Skeptiker die Wahlen im Juni für sich entscheiden, dann käme es zu einer Neuauflage des Unabhängigkeitsreferendums in Schottland. Schon bei den letzten Wahlen war die Entscheidung äusserst knapp. Die europafreundlichen Schotten würden diesmal einen überzeugenden Wahlerfolg einfahren und das Ende des Vereinigten Königreichs einläuten, mit unberechenbaren Folgen für die Menschen und die Wirtschaft.
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