Der Kampf um die Vorherrschaft der digitalen Sprachassistenten auf Smartphones ist voll entbrannt. Zum Start der Mobilfunkmesse MWC in Barcelona hat Google angekündigt, seinen Google Assistant auch für andere Hersteller freizugeben, die auf ihren Smartphones das Google-Betriebssystem Android einsetzen.
Damit wird ein von künstlicher Intelligenz gespeister Sprachassistent auf Smartphones die Regel. Denn auf mehr als acht von zehn Smartphones läuft Android. Weitere 18 Prozent sind iPhones, auf denen Apples Assistent Siri installiert ist.
Wie Google in seinem hauseigenen Blog ankündigte, werden die Nutzer den Assistenten automatisch auf ihren Geräten vorfinden, da ein Update des Geräteherstellers nicht nötig ist. «Der Google Assistant wird diese Woche an englischsprachige Nutzer in den USA, gefolgt von Australien, Kanada und Grossbritannien sowie an deutschsprachige Nutzer in Deutschland verteilt», schrieb Googles-Poduktchef Gummi Hafsteinsson. Weitere Sprachen sollen folgen.
Voraussetzung für Googles Assistent ist eine aktuelle Android-Version ab Android 6.0 (Marshmallow). Bislang war der Google Assistant nur auf dem Google-Smartphone Pixel verfügbar. Details über eine weitere Verbreitung hatte der Konzern nicht genannt. In Barcelona kündigte der Hersteller LG am Sonntag an, sein neues Smartphone-Modell G6 mit Googles Assistant auszustatten.
Amazons Alexa ist sehr beliebt
Google befindet sich mit dem Google Assistant in einer Aufholjagd. Bereits 2014 hatte der Internetkonzern Amazon seinen Dienst Alexa gestartet, ein Assistent, der über die cleveren Echo-Lautsprecher bedient werden kann.
Auf Zuruf beantworten die Echo-Geräte Fragen nach dem Wetter, Wechselkursen und Kalendereinträgen. Sie rufen für den Nutzer ein Taxi oder steuern Geräte im vernetzten Zuhause wie Lampen, Fernseher oder die Heizung. Entwickler können ihre Geräte und Dienste mit Alexa verbinden. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wird auch Alexa immer leistungsfähiger.
Bereits auf der Consumer Electronics Show (CES) im Januar in Las Vegas zeigte sich, wie erfolgreich Amazon mit Alexa ist. Rund 700 Ankündigungen, Alexa bei eigenen Produkten einzubinden, zählte der Konzern von Geräteherstellern und Entwicklern auf der CES.
Auch Google hat inzwischen in den USA einen cleveren Lautsprecher mit der Bezeichnung Google Home auf dem Markt. Im Frühjahr soll er auch in Deutschland verfügbar sein. Die Lautsprecher von Amazon und Google können aus mehreren Metern Entfernung angesprochen und aktiviert werden.
Lenovo setzt auf «Mods» mit Alexa
Im Smartphone-Markt hatte Amazon aber bislang das Nachsehen, dabei macht ein digitaler Assistent auf diesen Geräten besonders viel Sinn. Nicht zuletzt, weil sie immer in der Nähe der Nutzer sind und überall mit hingenommen werden. Ausserdem sind sie ständig mit dem Internet verbunden.
Mit seinem eigenen Smartphone, dem Fire Phone, ist Amazon schon vor Jahren gescheitert. Einen Nachfolger hat es nie gegeben. Inzwischen gibt es aber erste Kooperationen, Alexa auch auf mobilen Geräten einzusetzen. Huawei hat in den USA sein Smartphone Mate 9 mit Alexa ausgestattet.
Nun hat auch Lenovo angekündigt, Alexa künftig auf seine Moto-Smartphones zu spielen. Das derzeitige Flaggschiff Moto Z soll noch in diesem Jahr damit ausgerüstet werden. Ausserdem gibt es für das Moto Z noch in diesem Jahr eine Erweiterung mit Lautsprecher, die Lenovo «Mods» nennt. Damit lässt sich Alexa ähnlich nutzen wie mit einem Echo. Mods werden mithilfe eines Magneten an die Rückseite des Moto Z geheftet und erweitern dessen Funktionen.
Googles Assistant und Alexa werden nach Angaben der Unternehmen künftig auf unterschiedlichen Geräten und Orten verfügbar sein, darunter auch in Autos und auf Fernsehern. Zuletzt hatte Amazon angekündigt, seinen erfolgreichen Streaming-Stick Fire TV ab April mit Alexa auszustatten, der über die HDMI-Schnittstelle mit einem Fernseher verbunden wird. Damit wäre Alexa auf einem Gerät verfügbar, das weniger als 40 Euro kostet.
Selbst Apple kann nicht exklusiv nur Siri anbieten
Amazons Vorsprung mit seinen Echo-Lautsprechern könnte der Konzern nun aber schnell wieder einbüssen, wenn Googles Assistant mit einem Schlag auf Millionen von Smartphones läuft. Denn am Ende steht und fällt ein Assistent mit der Qualität und mit dem Umfang der Daten über seinen Nutzer. Und davon hat Google am meisten. Darunter auch die Bewegungsdaten, die über Google Maps festgehalten werden.
«Für Google ist es ein natürlicher Schritt, den Google Assistant auf so vielen Smartphones wie möglich anzubieten», sagt Ian Fogg vom Marktforscher IHS Markit. «Denn je mehr Menschen den Assistant nutzen, desto schlauer wird er.» Künstliche Intelligenz, die durch maschinelles Lernen gespeist wird, profitiere von den enormen Datenmengen, mit der sie trainiert wird.
Am Ende jedoch wird der Nutzer entscheiden, welchen Assistenten er auf seinem Smartphone startet. Denn Exklusivität wird es kaum geben. Android-Geräte, auf denen Alexa läuft, dürften auch den Google Assistant aufgespielt haben.
Selbst Apple wird seine iPhone-Nutzer nicht exklusiv an Siri binden können. Beobachter erwarten eine iPhone-App, die den Google Assistant auch auf das iPhone bringt. Apps für Amazons Alexa auf dem iPhone gibt es bereits.
Gut möglich, dass schon bald neue Assistenten hinzukommen. Berichten zufolge arbeitet Samsung an einer eigenen Lösung mit der Bezeichnung Bixby für sein Smartphone Galaxy S8, das Ende März präsentiert wird.
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