Die Schweizer Börse schneidet im internationalen Vergleich schlecht ab; im ersten Quartal gab der Blue-Chips-Index SMI um 11,5 Prozent nach. Für den Einbruch sind in erster Linie zwei Indexschwergewichte verantwortlich: Novartis verloren 19,7 Prozent, Roche gaben um 14,4 Prozent nach. Diese prozentualen Einbussen entsprechen einem Verlust von rund 80 Milliarden Franken.
Die von Hillary Clinton im Wahlkampf geäusserte Drohung, sie wolle die überrissenen Medikamentenpreise bekämpfen, war nur der Auslöser für den Exodus aus den einstigen Börsenlieblingen. Dazu gesellen sich interne Probleme. So musste Novartis-Chef Joseph Jimenez (57) für 2015 enttäuschende Resultate ausweisen, und in der Augenheilsparte Alcon besteht weiterhin Handlungsbedarf. Dazu kommen Anschuldigungen wegen angeblicher Korruption, und dies gleich in drei Ländern, darunter die USA. Es drohen milliardenschwere Kosten.
Zuwarten beim Kauf von Roche und Novartis
Bei Roche musste CEO Severin Schwan (49) Rückschläge bei einem möglichen Blockbuster, einem Asthmamedikament, melden. Zudem laufen bald einige Patente für Wirkstoffe aus.
Trotz einiger Probleme bleibt die positive Geschäftsentwicklung bei beiden Firmen intakt. Und die Kurskorrekturen haben den positiven Nebeneffekt, dass die Valoren wieder attraktiver bewertet sind; Novartis weisen für dieses Jahr ein geschätztes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14,2 auf, Roche werden mit 17,1 bewertet. Wer bereits Aktien besitzt, sollte diese halten. Mit einem Neueinstieg dagegen würde ich zuwarten, bis sich die Aufregung um die Pharmabranche gelegt hat. Denn gegen das Marktsentiment ist kein Kraut gewachsen.
Komax ist gut gewickelt
«Seit Ihrer Empfehlung hat Komax stark zugelegt. Soll ich nun verkaufen?», fragt mich ein Leser. Nun weiss ich zwar, dass sich die Titel des Herstellers von Maschinen und Systemen für die Kabelverarbeitung, Wire genannt, seit Anfang des laufenden Jahres gut geschlagen haben. Nur stammt mein Tipp vom Oktober 2014. Und seither haben die Komax-Valoren über 70 Prozent zugelegt.
Zurück zur Anfrage. Grundsätzlich sollte ein derart saftiger Kursgewinn ins Trockene gebracht werden – wäre da nicht die Börsenregel «Gewinne laufen lassen». Die Komax-Papiere versprechen weitere Profite. Das Unternehmen hat schon früher die Solarsparte abgestossen, bald soll auch das Medtech-Geschäft versilbert werden. Damit sind langjährige Wertvernichter weg, das Team um CEO und ETH-Ingenieur Matijas Meyer (46) kann sich auf das Kerngeschäft Wire konzentrieren.
Und da läuft es rund; im vergangenen Jahr wurde ein organisches Umsatzwachstum von 10 Prozent gemessen, die operative Marge stellte sich auf 19 Prozent. Mit Blick auf den um 15 Prozent höheren Bestellungseingang sind die Aussichten für das laufende Jahr erfreulich, die Analysten erwarten einen Gewinnschub. Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17,4 bieten die Valoren weiteres Kurspotenzial.
Karriereknick bei LinkedIn
Die Wahrscheinlichkeit, dass auch Sie bei LinkedIn dabei sind, ist gross. Denn das Karriere-Netzwerk, 2002 im Wohnzimmer des Mitbegründers Reid Hoffman (48) ins Leben gerufen, zählt mittlerweile 414 Millionen Nutzer in 200 Ländern. Die Idee, über ein webbasiertes soziales Netzwerk Geschäftskontakte zu pflegen, neue zu knüpfen oder Arbeitskräfte zu rekrutieren, hat eingeschlagen. Zumindest was die User betrifft.
Nur ist LinkedIn finanziell auf keinen grünen Zweig gekommen. Das amerikanische Unternehmen verdient ein Fünftel mit Online-Werbung, gegen zwei Drittel werden mit Rekrutierungsdiensten für Firmen erzielt. Das hat bislang nicht gross eingeschenkt. Der Umsatz erreichte im vergangenen Jahr 3 Milliarden Dollar, unter dem Strich resultierte ein erneuter Verlust von 166 Millionen. Als CEO Jeff Weiner (46) dann auch noch einen ernüchternden Ausblick auf das Jahr 2016 lieferte, hatten viele Anleger genug. Der Aktienkurs stürzte um 44 Prozent ab – an einem Handelstag.
Unter Druck gerieten auch Xing. Allerdings steht das deutsche Pendant besser da als LinkedIn. Xing verdient vor allem an bezahlten Premium-Abonnements, die Mitgliedern zusätzliche Möglichkeiten geben. Die zehn Millionen Nutzer, davon 765'000 in der Schweiz, lieferten Einnahmen von 123 Millionen Euro, davon blieben 18 Millionen als Gewinn hängen. Obwohl Xing ein überzeugenderes Geschäftsmodell hat, mag ich auch deren Aktien nicht besonders. Ein geschätztes KGV von 44 bedingt eine zünftige Portion an Zukunftshoffnung.
Geizig zeigt sich Milchverarbeiter Emmi
Es gibt für Manager kaum ein schwierigeres Tätigkeitsgebiet als die Milchbranche. Der Markt stagniert, die Margen sind mager, der Konkurrenzdruck gross. In diesem Umfeld sind viele Firmen zugrunde gegangen. Zu behaupten weiss sich der Innerschweizer Milchverarbeiter Emmi. Zwar ging der Umsatz 2015 um 6 Prozent zurück, doch verbesserte sich der Reingewinn um über die Hälfte. Bereinigt um Sondereffekte, blieb immer noch ein Gewinnplus von 10 Prozent. Urs Riedener (50), seit acht Jahren oberster Milchmann, versteht es, mit starken Marken gerade im Ausland halbfette Margen zu melken.
Emmi hat sich weitaus besser geschlagen, als dies Analysten und Anleger erwartet hatten. Die Aktien der Innerschweizer haben denn auch mit einem Kurssprung reagiert. Dabei legten die Valoren seit Sommer 2015 bereits um 80 Prozent an Wert zu. Für mich liegen die Gründe für diese Hausse im Dunkeln. Emmi ist keine Wachstumsrakete, in diesem Jahr dürfte höchstens der Ertrag leicht zulegen. Damit bleibt die Gewinnmarge bei dünnen 3,7 Prozent.
Die Aktien sind mit einem geschätzten KGV von 22,3 überbezahlt. Noch mehr stört mich die mickrige Dividendenrendite von einem Prozent. Und dies, obwohl die Ausschüttung um gegen 30 Prozent angehoben wurde.
Dabei könnte Emmi problemlos mehr zahlen; vom Reingewinn erhalten die Aktionäre gerade mal gut ein Fünftel. Hier ist Geiz nicht geil. Doch der Mehrheitsaktionär, die Genossenschaft der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) und damit die Bauern, scheint kein Interesse an einer besseren Verzinsung seiner Gelder zu haben. Die Emmi-Aktien bergen für mich null Reize.
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