Er hat fraglos einen der härtesten Jobs, die in der Schweizer Industrie zu haben sind: Klaus Stahlmann (54), seit gut drei Jahren CEO des Industriekonzerns Sulzer. Seit Mitte 2013 wird in Winterthur die Strategieänderung umgesetzt: Konzentration auf die Schlüsselmärkte Öl und Gas, Energie und Wasser. Dazu gesellt sich ein Fitnessprogramm. Bislang jedoch ohne grösser messbare Erfolge. Immerhin hat das Geschäftsjahr 2014 operativ leicht besser ausgesehen. Den Um- und Aufbau erschweren externe Faktoren, so die tiefen Öl- und Gaspreise wie auch das verhaltene Wachstum der globalen Wirtschaft. Die als Befreiungsschlag gedachte Fusion mit Dresser-Rand scheiterte daran, dass sich Siemens das US-Unternehmen schnappte – zu einem völlig überrissenen Preis.
Sulzers Aussichten sind eng verknüpft mit der Entwicklung der Energiepreise. Stahlmann rechnet für 2015 mit einem stabilen Ergebnis, heftige Währungsturbulenzen ausgeklammert. Ab 2017 gibt der Konzernchef neue Ertragsziele vor: Beim Ebita soll eine Marge von 14 bis 16 Prozent erreicht werden, 2014 waren es 10,1 Prozent. Parallel dazu würde der Gewinn deutlich steigen. Mit Blick auf die aktuelle Marktsituation ist das ein höchst anspruchsvolles Ziel. Gegenwärtig jedenfalls schmilzt der Bestellungseingang, im ersten Quartal um 3,4 Prozent, und für das laufende Vierteljahr ist keine Belebung auszumachen.
Die unerfreuliche Situation, in der Sulzer steckt, ist abzulesen am Aktienkurs. Seit der Strategieänderung haben die Valoren ein Drittel an Wert eingebüsst, während der Börsenindex SPI 25 Prozent zulegte. Ändern sich die Rahmenbedingungen zugunsten des Konzerns, winken massive Kursgewinne. Doch solange sich die Energiepreise nicht deutlich erholen und die Weltkonjunktur nicht an Fahrt aufnimmt, gibt es keinen Grund für einen Kauf der Titel.
Neue Basis
Auch Sulzer-Konkurrent Siemens schlägt neue strategische Wege ein: Mit der Vision 2020 wird das Unternehmen auf die Bereiche Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung ausgerichtet. Bislang wurde schon einiges angepackt, so die Breite an Produkten und Diensten zusammengestrichen, die Anzahl der Divisionen verkleinert oder die gesamte Organisation verschlankt. Für Schlagzeilen sorgt Konzernchef Joe Kaeser jedoch vor allem mit Massenentlassungen. Dass der 57-Jährige versichert, gleichzeitig massiv neue Stellen zu schaffen, wird kaum registriert.
Gemäss Kaeser ist der «strukturelle Umbau in der Hauptsache abgeschlossen». Nun müssen den Taten Zahlen folgen; gefragt sind nach einer langen Stagnationsphase Wachstum und höhere Gewinne. Die Zahlen für das zweite Quartal lassen aufhorchen; der Auftragseingang stieg um sieben Prozent, der Gewinn hat sich mehr als verdreifacht. Nur ist Letzteres primär dem Verkauf der Haushalt- und Hörgeräte zuzuschreiben. Kaeser ist mit seinen Prognosen vorsichtig, spricht davon, dass es spätestens 2017 wieder aufwärtsgehen solle. Da kann man sich mit einem Einstieg ruhig noch etwas Zeit lassen. Wer einen langen Atem hat, sollte Kursrückschläge zu Käufen nutzen.
Chinesische Blase
Während an den westlichen Aktienmärkten der Aufschwung ins Stocken geraten ist, geht an Chinas Börsen seit geraumer Zeit die Post ab. Alleine seit Anfang März ist der Hang Seng Index der Börse Hongkong zeitweise um 20 Prozent gestiegen, der Shanghai Composite schoss sogar um gegen 40 Prozent hoch. Woher die Kraft? Am konjunkturellen Umfeld kanns nicht liegen. Chinas Wirtschaft kühlt laufend ab. So ist der Aussenhandel regelrecht eingebrochen. Mehrere Frühindikatoren weisen darauf hin, dass sich die Konjunktur anhaltend verlangsamt. Doch gerade die schwache Wirtschaft treibt die Börse an – respektive Chinas Notenbank, die über die schon dritte Zinssenkung innert sechs Monaten versucht, die Konjunktur wieder zu befeuern.
Die Politik des billigen Geldes hat eine sogenannte Dienstmädchenhausse ausgelöst. Millionen von Kleinanlegern hat das Aktienfieber gepackt, sie spekulieren auf Teufel komm raus – primär auf Kredit. Die Banken spielen mit, denn sie wissen nicht, wohin mit dem vielen Geld. Wie lange diese Volkszockerei gut geht, weiss ich nicht. Eines Tages platzt die Blase. Bei chinesischen Aktien war ich in den letzten Monaten zurückhaltend. Die von mir im vergangenen März empfohlenen Dongfeng Motor Group sind seither um über 50 Prozent gestiegen – verkaufen. Mit China Mobile, die ich im Oktober zum Kauf empfahl, waren mehr als 30 Prozent zu verdienen; halten Sie die Titel noch, da sollte etwas mehr zu holen sein.
Abgehoben
So dürfte es schon manchem Anleger ergangen sein: Da verfolgt man monatelang eine Aktie, staunt über wiederholt hohe Kursgewinne, zögert mit Blick auf die saftige Bewertung dennoch mit dem Kauf – und ärgert sich dann über verpasste Gewinne. Mir ist das mit Leonteq passiert. Im November empfahl ich die Valoren langfristig disponierenden Investoren. Ich habe mir zwar ebenfalls den Einstieg überlegt, doch nichts gemacht. Leonteq haben seither nochmals gut 50 Prozent gewonnen.
Die Aktien gehören zu den Gipfelstürmern der Schweizer Börse. Seit dem Going public vor zweieinhalb Jahren haben sich die Titel im Wert mehr als versiebenfacht. Nun weisen sie ein geschätztes KGV von 31 auf. Das ist schon eine saftige Bewertung. Nur ist der Derivatespezialist, der Institutionellen massgeschneiderte Finanzprodukte anbietet, ein Wachstumsbolzer par excellence. Leonteq übertrifft laufend die hohen Erwartungen, so für 2014: Der Betriebsertrag stieg um ein Viertel, der Gewinn um 61 Prozent. Die Aussichten für weitere Ertragsschübe sind gut. «Wir stehen immer noch erst am Anfang unserer Entwicklung», sagte CEO Jan Schoch gegenüber «Finanz und Wirtschaft». Ein grosser Schritt in eine noch wachstumsstärkere Zukunft ist die mit drei Partnern – darunter die Singapurer Bank DBS – geplante Anlageplattform für strukturierte Produkte. Zuerst wird die Region Asien-Pazifik bearbeitet, ein fraglos attraktiver Markt.
Die meisten Analysten bescheinigen den Aktien weiteres Kurspotenzial. Nur bedingt ein Engagement eine ziemliche Portion an Risikobereitschaft. Denn wenn das Management unerwartet negative Zahlen melden muss, verlieren die Valoren subito an Boden.
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