Es scheint, dass der Brexit zunehmend Nachahmer in der EU findet, da ein weiteres Volksvotum folgt. Italien will im Herbst eine Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung zur Abschaffung des Zweikammersystems durchführen, um das Land dadurch regierbarer zu machen. Dabei geht es bei dieser Wahl, auch für oder gegen Europa. Die Opposition bringt sich schon in Stellung.

Sollte das Zweikammersystem abgelehnt werden, so müsste der derzeitige Regierungschef Matteo Renzi, und mit ihm die ganze Regierung, die Koffer packen. Als er vor zwei Jahren mit weitreichenden Versprechen ins Amt berufen wurde, war die Erwartung an ihn gross. Bisher hat er noch keine Präsidentenwahl gewonnen, denn er hat seinen Vorgänger Enrico Letta aus dem Amt gejagt.

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Der Beginn in seiner Amtszeit war fulminant, denn er wollte die verstaubten Amtstuben aufräumen und mit neuen Ideen Italien wieder an die anderen Wirtschafsmächte heranführen. Die Geringverdiener wurden mit einem monatlichen Bonus von über 100 Euro wohlwollend gestimmt. Die Bevölkerung zahlte ihm dies bei den Europawahlen mit ihren Stimmen zurück.

Rom hat die Wachstumsziele verfehlt

Mit geschwellter Brust trat dann die italienische Regierung auch in Brüssel auf, was nicht immer auf grosse Sympathien stiess. Dieses überpointierte Pfaugehabe hatte einen grossen Webfehler. Die bisherigen Reformen, wie die Verkleinerung des aufgeblähten Staatsapparates, zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinkt weit hinter den Erwartungen zurück und liegt nach wie vor im EU-Mittelfeld. Die bisherigen Berechnungen könnten daraus hinauslaufen, dass das BIP in diesem Jahr unter einem Prozent liegt.

Im Palazzo Chigi in Rom muss man erkennen, dass man die Wachstumsziele deutlich verfehlt hat und die Reformen nicht einmal im Ansatz umsetzen konnte. Inzwischen zahlen die Verbraucher höhere Steuern, obwohl man ihnen die grösste Steuersenkung in der Geschichte Italiens versprochen hatte. Die Arbeitslosenzahlen konnten auch nicht merklich gesenkt werden und die Problemlage der anhaltenden Jugendarbeitslosigkeit ist nach wie vor nicht gelöst.

Itexit folgt auf Brexit

Die Regierung in Rom hat inzwischen erkannt, dass es ein Fehler war die Abstimmung über die Verfassungsreform mit dem eigenen Schicksal zu verbinden. Inzwischen hat die Opposition, die auch für einen Austritt aus der EU ist, erhebliche Wählerstimmen dazu gewonnen. Aus dem Brexit könnte jetzt auch ein «Itexit» werden, wenn die Gegner der Verfassungsreform die Befürworter übertreffen.

Dann würden für Italien noch schlimmere Zeiten anbrechen wie jetzt in Grossbritannien. Ausländische Firmen könnten sich zuhauf verabschieden und damit hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährden. Der Wohlstand für die jüngere Generation stünde erneut auf dem Spiel und die Jugendarbeitslosigkeit würde gewaltig anschwellen. Die kriselnden Kreditanstalten würden künftig ins Uferlose abstürzen und Bank- und Firmenpleiten wären an der Tagesordnung.

Aber die Regierung hat sich für solche Fälle ein Hintertürchen offen gelassen. Sie erwägt die Abstimmung auf eine unbestimmten Zeitpunkt aufzuschieben und verfällt somit wie schon die vorherigen Regierungen in alte Gewohnheiten. Solche Tricksereien ist man im Stiefelstaat gewohnt und schon mancher Regierungschef musste nach solchen Plänkeleien seinen Hut nehmen. Es ist zu hoffen, dass die Regierung nicht das gleiche Schicksal erlebt wie die der Vorgänger, denn dies hätte fatale Folgen.