Sie ist ein Mensch mit vielen Talenten. Eines davon ist der Umgang mit Zahlen. «Zahlen sind in allen Sprachen gleich, vielleicht rührt es daher», erklärt Andreea Stefanescu, die im Alter von acht Jahren mit ihren Eltern von Rumänien in die Schweiz gekommen ist. Allerdings zählt eine ausgesprochene Sprachbegabung ebenso zu ihren Talenten wie eine künstlerische Ader und die Begeisterung für alte Kulturen. Daher reichte das Spektrum der Möglichkeiten nach der Matura von Architektur über Archäologie bis zur Dolmetscherin und Bankerin. Letzteres ist es dann geworden, denn während eines Praktikums bei der Migros Bank wurde sie vom «Fondsvirus» gepackt.
Fonds waren damals noch nicht so populär wie heute, doch Andreea Stefanescu stieg nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften bei der Swiss Re in die noch junge Branche ein. Zunächst lernte sie die Welt des Projektmanagements im Konzern kennen, und als man sie in den ersten Sitzungen für die Assistentin des Chefs hielt, musste dieser den Herren Kollegen erst einmal unmissverständlich klarmachen, dass sie es war, die als Projektverantwortliche das Fachwissen vereinte. «Als Frau war ich damals allein auf weiter Flur.» «Aber das Geschlechterverhältnis hat sich in den letzten Jahren verbessert», stellt sie fest.
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Bei Swiss Re wurde es dann ihr Job, neue Anlagefonds für Drittkunden aufzusetzen. «Das war spannend und hat meiner Neugier gut entsprochen, weil das Ganze viele verschiedene Dimensionen hat – angefangen beim Austausch mit den Kunden, dann zu den rechtlichen, steuerlichen und finanzmarkttechnischen Fragen bis hin zur Buchhaltung und Depotverwahrung», erzählt sie, die seit nunmehr sechs Jahren als CEO an der Spitze des in Morges ansässigen Fondsanbieters Solutions & Funds (S&F) amtet.
Dazwischen liegen fast zwanzig Berufsjahre und viele Abende, an denen Andreea Stefanescu die letzte Person war, die das Büro verliess. «Ich will immer alles genau verstehen, deshalb gehe ich gerne den Themen auf den Grund», erklärt sie. Doch es habe sich ausgezahlt, denn heute verfüge sie über enormes Know-how. Ihr Ziel ist es, dieses sinnvoll zugunsten ihrer Kunden einzusetzen. Aber vor allem möchte sie dieses auch an die Mitarbeitenden weitergeben und diese fördern. «Erfolg ist nämlich nie nur eine Einzelleistung, sondern die des gesamten Teams», relativiert sie.
Am meisten gelernt hat sie jedoch nicht im Büro, sondern in den 14 Monaten, in denen sie gar nicht gearbeitet hat, sondern gemeinsam mit ihrem damaligen Partner und heutigen Ehemann im Wohnmobil die Panamericana von Kanada nach Argentinien gefahren ist. «Das war die beste Entscheidung meines Lebens und hat mich sowohl persönlich als auch beruflich sehr viel weitergebracht», versichert Andreea Stefanescu. Denn im Gegensatz zu ihrem Partner, der in der IT-Branche arbeitet und damals ohne Weiteres ein Sabbatical von seinem Arbeitgeber genehmigt bekam, musste sie ihren Job als Leiterin des Private-Labelling-Geschäfts für institutionelle Kunden der GAM kündigen. Man wolle dann mal sehen, wenn sie zurück sei, ob sie noch weiterarbeiten würde, sagte man der damals 36-Jährigen.
Man sah dann aber recht schnell, was fehlte, als sie weg war, und schon nach wenigen Wochen meldete sich ihr ehemaliger Chef und fragte, wann sie denn genau zurückkommen würde. «Das war sehr heilsam, für alle Seiten», erzählt sie und lacht. Nach ihrer Rückkehr konnte sie jedenfalls sofort wieder in ihren alten Job einsteigen.
Mittlerweile ist sie nicht nur Geschäftsführerin einer Fondsgesellschaft, die 6 Milliarden Franken verwaltet (als sie vor sechs Jahren die Geschäftsführung übernahm, waren es 1,6 Milliarden Franken), sondern hat auch einige Verwaltungsrats- und Verbandsmandate inne. «Ich setze mich gerne dafür ein, dass der Finanzplatz Schweiz auch weiterhin eine starke Fondswelt hat», betont sie.
Ausserhalb dieser Welt erkundet sie aber nach wie vor auch gerne alte Welten. «Das Interesse für Archäologie ist geblieben und wird meistens in die Ferien verlegt», sagt sie und lacht. Als Nächstes geht es nach Bali, wo sie noch eine weitere Komponente ihres persönlichen Wohlfühlmodus ausleben kann: Yoga. Diese Reise wird sie daher jedoch ausnahmsweise ohne ihren Ehemann antreten, da sie es in den 17 Jahren, in denen sie Yoga macht, noch nicht geschafft hat, ihn zum Mitmachen zu überreden!
Funktion: CEO Solutions & Funds (S&F)
Jahrgang: 1975
Familie: verheiratet seit 2017
Ausbildung: Master in Wirtschaftswissenschaften, Universität Basel
Karriere:
CEO Solutions & Funds – seit 2018, zuvor ab 2017 Head Marketing & Business Development
Rund zahn Jahre GAM Investment Management (Switzerland) Ltd / Swiss & Global Asset Management AG / Julius Bär Investment Funds Services AG, zuletzt als Head Private Labelling Institutionals
Unternehmen: Die Kernkompetenz der Solutions & Funds ist die Kreation und die Leitung von Fondslösungen nach Schweizer und europäischem Recht. Solutions & Funds bietet Lösungen für alle Strukturen und Typen kollektiver Kapitalanlagen und verantwortet in dieser Rolle 27 Wertschriften- und Immobilienfonds.
Persönliches Motto: Steht sogar an meinem Arbeitsplatz, auch wenn ich diesen maximal einmal in der Woche sehe, da ich sehr viel unterwegs bin und stets sage, mein Arbeitsplatz sei dort, wo ich und mein Laptop uns gerade befinden: «Keine Panik, wenn Plan A nicht funktioniert, das Alphabet hat noch weitere 25 Buchstaben.»