Wozu braucht es Banken? In den letzten Wochen wurde sehr viel über diese Frage diskutiert, nachdem Bund, Nationalbank und UBS mit einer Hauruck-Übung rund um die Credit Suisse dafür sorgen mussten, dass das Finanzsystem nicht kollabierte. Im Zentrum stand einmal mehr das Investment Banking als Hort grosser Risiken – und für viele Aussenstehende unverständliche Black Box. «Brauchen wir solche Banken überhaupt?», wurde allenthalben gefragt. Und für viele war es eine Suggestivfrage.
Wie gross ist da der Sprung zu etwas so vermeintlich Banalem wie dem Zahlungsverkehr, der in Bankenkreisen gerne als Brot-und-Butter-Geschäft betrachtet wird. Oder noch schlimmer: als leidige Pflicht, an der man nichts verdient und die im besten Fall keinen Ärger macht. Dabei könnte diese Einschätzung nicht falscher sein.
Der Geldverkehr ist der Teil des Bankings, von dem wir am meisten abhängig sind. Wie wichtig Zahlungen, Überweisungen und Kartentransaktionen sind, merken wir erst, wenn diese mal nicht mehr funktionieren. Fallen im Weihnachtsverkauf nur während zehn Minuten die Kartensysteme einer einzelnen Bank aus, gibt es einen landesweiten Aufschrei.
Die Basler Kantonalbank sorgte unlängst für Missmut, als sie erst die Bargeldbezüge am Schalter abschaffte und dann mit einem schlecht vorbereiteten App-Update patzte. Und über nichts nerven sich Kundinnen und Kunden mehr, als wenn – beispielsweise – die Postfinance mal wieder zur Feierabendzeit ihre E-Banking-Systeme wartet.
Das Thema Zahlungsverkehr wird unterschätzt
Umso mehr erstaunt, dass das Thema der schnelleren Überweisungen hierzulande nicht für mehr Gesprächsstoff sorgt. Wenn ab 2024 Überweisungen so schnell sind wie das Versenden einer Whatsapp-Nachricht, tönt das nach einem kleinen Detail. Doch die Umstellung bringt grosse Chancen, wie wir im ausführlichen Bericht dazu aufzeigen. Darauf liessen sich neue Payment-Angebote für Retailkunden und KMU aufbauen. Oder für Detailhändler mit ihren Kassentransaktionen. Teure Zusatzsysteme wie Twint könnten plötzlich überflüssig werden.
Zu befürchten ist allerdings, dass die Banken dieses Thema erst unterschätzen, in ihren E-Banking-Systemen vergraben, dann mit neuen Gebühren belegen und schliesslich die wahre Attraktivität erst erkennen, wenn Aussenstehende vorzeigen, was mit etwas Fantasie vielleicht auch noch möglich wäre. So wie es im Kreditkarten-Geschäft passiert ist.
Das Kärtli-Business galt während Jahrzehnten als langweilige Cashcow, die man am besten Dritten überliess. So entstand die Viseca als Gemeinschaftsunternehmen der Regional- und Kantonalbanken (bekannt eigentlich erst seit den Pierin-Vincenz-Transaktionen), so wurde die Tessiner Cornèrcard gross.
Braucht es wieder Disruptoren, die vormachen, was möglich wäre?
Wie attraktiv das Geschäft mit den Kartenzahlungen aber sein könnte, wenn man es etwas besser macht, zeigten erst Fintechs wie die britische Revolut oder Schweizer Neobanken wie Neon. Und plötzlich merkten auch die traditionellen Banken, dass es Sinn machen könnte, sich mehr Mühe zu geben. Dass jemand wegen einer besseren App oder attraktiveren Wechselkursen auf der Kreditkarte die Bank wechseln könnte, war vorher vielen Chefs und Chefinnen schlicht nicht in den Sinn gekommen.
Und damit zurück zum Anfang dieses Textes. Investment Banking und Vermögensverwaltung für Superreiche sind für die Banken interessant, weil mit wenig Transaktionen viel Gewinn erzielt werden kann – bei entsprechend grossen Risiken. Für die Gesellschaft relevant sind diese Angebote aber nur bedingt. Es sind die Brot-und-Butter-Angebote, die die Wirtschaft am Laufen halten. Und die den Banken – völlig zu Recht – eine volkswirtschaftliche Bedeutung zuschreiben, die auch staatliche Rettungsaktionen legitimiert.