Rico Travella, die ABS ist in der Schweizer Bankenlandschaft ein Exot.

Ja, wir sind anders als andere. Das ist ja auch unser Claim. Wir wollen uns klar von traditionellen Banken distanzieren. So refinanzieren wir uns ausschliesslich über unsere Eigenmittel und unsere Kundengelder. Die ABS nimmt kein Geld am Geldmarkt auf. Wir leveragen nicht. Uns ist es wichtig, zu zeigen: Unsere Art des Bankings funktioniert.

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Und? Funktioniert es?

(lacht) Ja, es funktioniert gut. Unser Ziel ist nicht, den Gewinn zu maximieren, sondern den Bestand unserer Bank langfristig abzusichern sowie unsere Innovationen zu finanzieren. Unser Gewinn fliesst grösstenteils in unsere Reserve. Wir zahlen keine Boni, unser Lohnsystem ist moderat. Der Erfolg der letzten Jahre gibt uns Rückenwind.

Was sind die drei wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Jahren im Bankenwesen generell?

Thema Nummer eins ist die Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit muss auch bei konventionellen Banken zum Geschäftsmodell werden und nicht nur in einzelnen Produkten verankert sein. Es geht dabei nicht nur um Reporting, sondern um Wirkung. Wie können wir als Finanzdienstleister zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen? Dabei steht die Unterstützung der Realwirtschaft im Fokus, die Güter und Dienstleistungen anbietet – und nicht Finanzprodukte.

Thema Nummer zwei?

Die Digitalisierung: Digitalisierung ist das Thema schlechthin in der Finanzwelt. Doch welche Digitalisierung passt für die Kundschaft? Auch interne Digitalisierung ist für Banken und auch für die ABS wichtig, vor allem aus Effizienz- und Kohärenzsicht.

Bliebe noch Punkt drei.

Der ist nicht weniger wichtig, denn hier geht es um Sinn und Transparenz: Die klassische Bankenwelt hat ein Reputationsproblem. Sie richtet sich auf Gewinnmaximierung aus und hat vor allem die Shareholder im Fokus. Es braucht eine klare Ausrichtung auf die Stakeholder, gerade weil Banken, auch kleinere, eine grössere Bedeutung für eine Volkswirtschaft haben als viele andere Sektoren. Bei der ABS steht seit der Gründung das Gemeinwohl im Zentrum. Das Reputationsproblem der Branche liegt auch daran, dass man zu sehr auf Maximierung von Gewinnen setzt und noch immer zu wenig transparent ist. Transparenz zahlt auf die Glaubwürdigkeit ein. Transparenz hochzuhalten, ist für die Reputation die zentrale Basis.

Ist KI bei der ABS ein Thema? Bei welchen Anwendungen macht KI bereits Sinn für Ihre Bank?

Bei der ABS steht die nachhaltige Wirkung für Mensch und Umwelt im Zentrum. Wenn KI eine positive Rolle dabei spielen kann, macht sie für uns Sinn. Aber: Wir setzen uns differenziert, auch kritisch, mit dem Einsatz von Technologie auseinander. Der direkte Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden steht bei uns im Zentrum.

Doch die fortschreitende Digitalisierung ist ein Thema?

Ja, da auch wir stark digitalisiert sind. Dies etwa, wenn es um das Cost-Income-Ratio geht. Da stellen wir uns schon die Frage: Wie erreichen wir die Effizienzziele? Für uns ist KI interessant, wenn es darum geht, Informationen zu gewinnen, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Zum Einsatz könnte KI beispielsweise für die Bildung unseres nachhaltigen Anlageuniversums kommen.

Wie sieht das konkret aus?

Wir haben eine eigene Unternehmensanalyse, die mit ausgeklügelter Methodik arbeitet und dabei 270 verschiedene Kriterien anwendet. Unter anderem werden so Entwicklungen in Unternehmen ausgewertet, aber auch die Wirkung von ihren Produkten. So gesehen ist KI für uns in diesem Bereich hochinteressant.

Hat Ihre Bank eine KI-Strategie entwickelt?

Streng auf KI bezogen nicht. Unsere Strategien mit IT-Bezug entwickeln wir primär im Verbund mit unseren 25 Partnerbanken im Esprit-Netzwerk. Dadurch decken wir unsere spezifischen Bedürfnisse ab und kaufen Dienstleistungen ein. Für Effizienzsteigerungen bei internen Prozesse, bei denen es intelligentere Lösungen als eine Automatisierung braucht, kann KI für uns durchaus interessant werden.

In welchen Bereichen arbeiten Sie mit externen Partnern zusammen?

Wir betreiben unsere IT im Verbund mit 25 Partnerbanken ähnlicher Grösse. Das ermöglicht uns, Kosten zu teilen und gegenseitig vom Know-how zu profitieren – auch über die IT hinaus, etwa bei Prozessthemen oder im Bereich von Recht und Compliance sowie bei Cyber Security.

Und abgesehen von betrieblichen Fragen?

Sobald es um nachhaltiges Banking geht, stellen wir allen interessierten Banken unsere Expertise sehr gerne zur Verfügung. Wir leben eine ausgeprägte Partnerkultur. Einige Beispiele: Mit Casafair, dem anderen Hauseigentümerverband, organisieren wir Events rund um Nachhaltigkeit. Mit der Organisation namens Shift, die sich um das Thema Kreislaufwirtschaft kümmert, haben wir regelmässig Veranstaltungen. Zudem pflegen wir einen intensiven Austausch mit Fachleuten rund um Nachhaltigkeit und NGOs wie dem WWF und Greenpeace.

Ist ein Zusammenschluss mit einem anderen Finanzinstitut für Ihre Bank ein Thema?

Nein, das ist im Moment kein Thema. Neben der ABS gibt es in der Schweiz nur noch eine wertebasierte Bank, die Freie Gemeinschaftsbank; mit ihr pflegen wir einen guten Austausch, streben aber keinen Zusammenschluss an.

Werden Sie wie die ZKB bald auch auf Kontogebühren verzichten?

Bei den Sparkonti verlangt auch die ABS keine Kontogebühren. Ein genereller Verzicht hat für uns keine Priorität. Für uns ist es, gerade im Sinn der Kundinnen und Kunden, wichtiger und wertvoller, wenn eine Bank achtsam damit umgeht, wo und wofür sie das Geld Ihrer Kundschaft einsetzt.

Wie beurteilen Sie die Konkurrenz durch Fintechs und Banking as a Service (Baas)?

Unser Geschäftsmodell ist konsequent sozial-ökologisches Banking mit Wirkung in der Realwirtschaft. Wir sehen im Moment kein Fintech und Baas, das ernsthaft mit einem umfassenden Angebot in diese Richtung geht. Wenn dem so wäre, würden wir es wahrscheinlich weniger als Konkurrenz sehen, sondern uns freuen, dass unser Modell kopiert wird. Denn unser Ziel ist ein nachhaltiges Finanzsystem.

Planen Sie, in neue Geschäftsfelder zu expandieren?

Wir orientieren uns konsequent an unserer Mission: Wir sind bei unserer Geschäftstätigkeit dem Gemeinwohl, Mensch und Natur sowie der weltverträglichen Lebensqualität heutiger wie künftiger Generationen verpflichtet. Wir wollen, dass unser Modell wahrgenommen und kopiert wird. Dazu wollen wir andere Finanzdienstleister, die sich dafür interessieren, unterstützen.

Wie beurteilen Sie die Situation bei «fairen» Anlagen, sprich ESG-ETF?

ESG ist zu einem Modethema geworden. Ob ein Produkt an der Börse gehandelt werden kann oder nicht, ist nicht so zentral. Elementarer ist für die Kundschaft, wirklich differenziert darüber informiert zu werden, wie im einzelnen Produkt die Kriterien Environment, Social und Governance verankert und priorisiert sind. Oft fehlt bei den zugrunde liegenden Indizes von ESG-ETFs eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Wirkung, die durch die hergestellten Produkte oder angebotenen Dienstleistungen der Unternehmen entsteht. Für die ABS ist diese Auseinandersetzung zentral.

Wie sieht Ihr Ansatz aus?

Wir verfolgen keinen Best-in-Class-Ansatz, sondern haben über 50 Ausschlusskriterien und prüfen durch unsere unternehmensinterne Unternehmensanalyse insgesamt über 270 Positiv-, Negativ- und Ausschlusskriterien, bevor ein Titel in unser nachhaltiges Anlageuniversum aufgenommen wird.

Welches Ziel streben Sie als CEO in diesem Jahr an?

Die ABS hat keinen CEO, wir sind zu viert in der Geschäftsleitung. Unser Ziel ist, Pionierin für konsequent sozial-ökologisches Banking zu bleiben, uns weiterhin am Gemeinwohl auszurichten und Zeichen für nachhaltiges Banking zu setzen.

Die Alternative Bank Schweiz:
  • Gründungsjahr: 1990
  • Bilanzsumme in Millionen Franken: CHF 2373 (30.6.2023)
  • Kunden und Kundinnen: rund 44'000
  • Verbreitungsgebiet: Ganze Schweiz
  • Aktiengesellschaft
  • Was ist an Ihrer Bank im Vergleich zu anderen Banken speziell? «Wir sind ökologisch, sozial und transparent – wir bieten alle üblichen Bankdienstleistungen orientieren uns konsequent mit allem, was wir tun, an der Nachhaltigkeit.»
Zur Person Rico Travella
  • Seit wann sind Sie CEO Ihrer Bank? «Die ABS hat keinen CEO. Seit 07/2022 bin ich eine von vier Personen in der Geschäftsleitung.»
  • Höchste/letzte Ausbildung? Dr. oec. HSG
  • Alter: 57
  • Hobbys: Joggen, Hund (Labradoodle), Freundeskreis pflegen
  • Familie: langjährige Partnerin
  • Interessen: private Engagements, Vorstand von Greenbuzz Zürich und Pro-KMU.net
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