In den Wäldern und Ozeanen regt sich vieles nicht mehr so wie früher. Laut UN sind weltweit eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Allein in der Schweiz, so das Bundesamt für Umwelt, sind die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten betroffen.
In Finanzkreisen ist Biodiversität noch nicht sonderlich relevant – trotz des Aufkommens nachhaltiger Finanzanlagen. Dabei könnten sogenannte Blue Bonds ein Wegweiser in eine neue Richtung sein.
Was sind Blue Bonds?
Der Name lässt bereits erahnen, worum es geht: um die Ökosysteme in Meeren und Ozeanen. Im engeren Sinne wird ein Blue Bond als Unterkategorie der Green Bonds verstanden, er soll aber ganz spezifisch eine positive Auswirkung auf das Leben in den genannten Ökosystemen haben. Die Grenzen zu Finanzprodukten, die eine positive Auswirkung auf das mediterrane Leben oder auf Ozeane haben – eines der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) – sind dabei fliessend.
Allerdings ist das Finanzinstrument oft komplexer als eine übliche Anleihe.
Je nach Label-Institution schwanken die Zahlen von Blue Bonds im zweistelligen Bereich und sind, je nach Quelle, mit einem Volumen im einstelligen Milliardenbereich eine fast noch vernachlässigbare Grösse im globalen Finanzmarkt.
Das Potenzial der Blue Bonds ist dennoch vorhanden.
Möglicher regulatorischer Druck
Ein Grund dafür liegt laut Zacharias Sautner, Professor für Sustainable Finance an der Universität Zürich, im Kunming-Montreal-Abkommen von 2022 – ein völkerrechtlicher Vertrag zur Förderung der globalen Biodiversität. Laut Sautner entsteht durch das Abkommen ein regulatorisch gedrungener Trend zu biodiversitätsfördernden Finanzprodukten – wie eben Blue Bonds.
Oder von der anderen Seite betrachtet: Biodiversitätsschädigende Anleihen und Aktien könnten Portfolios negativ belasten. Wie diese Zusammenhänge genau aussehen und welche langfristigen Auswirkungen sich ergeben, darüber ist sich die akademische Welt allerdings noch uneins, wie etwa die Ökonomin Caroline Flammer, Professorin an der Columbia University, in einer kürzlich erschienenen Studie zur sogenannte Biodiversity Finance schrieb.
Sustainable Finance spielt eine immer grössere Rolle. Das Thema Blue Bonds wird in einer dreiteiligen Serie von HZ Banking näher beleuchtet – und damit die Frage, inwiefern biologische Vielfalt und nachhaltige Erträge zusammenpassen.
Grosser Impact auf den Seychellen
Potenzial liegt auch im Impact von Blue Bonds, auch wenn dieser, anders als bei CO2 oder energieorientierten Green Bonds, verhältnismässig schwerer messbar ist. So sind nicht nur die Metriken für Biodiversität vielseitiger, sondern es gestaltet sich auch die tatsächliche Messung in den Ökosystemen schwerer.
Dass es dennoch geht, zeigt der als Primeur geltende Blue Bond, der sogenannte Seychelles Blue Bond von 2018. Mit einem Volumen von 15 Millionen Dollar hatte er zum Ziel, die Fischerei auf dem Archipel im Indischen Ozean nachhaltiger zu gestalten sowie die geschützten Meeresregionen zu erweitern.
Als Anchor-Investor beteiligt am Bond ist neben der Weltbank auch das amerikanische Assetmanagementunternehmen Nuveen. Laut Stephen Liberatore, Head of ESG und Impact bei Nuveen, sind die nachweisbaren Auswirkungen des Bonds vielseitig. So finanziere der Blue Bonds Forschungs- und Entwicklungspläne für nachhaltige Fischerei in den Schutzgebieten der Seychellen. Hinzu kämen der Aufbau von Kapazitäten für Kleinfischereibetriebe, die Bewertung des Beschäftigungsbedarfs und die Entwicklung einer Marke für Meeresfrüchte von den Seychellen.
Auch ein Plan zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung in der Region Seychellen und ein Programm zur Schulung von handwerklichen Fischerinnen in den Bereichen der Qualitätskontrolle sind durch den Bond gedeckt. Zudem seien Ende 2024 bereits drei Viertel der Erlöse aus den Blue Bonds gebunden gewesen.
Gleiche Gefahren wie bei Green Bonds
Auch wenn das Beispiel aus den Seychellen bislang als positives vorausgeht, wird sich zeigen, wie Blue Bonds die Probleme meistern, die bei Green Bonds bereits eine Realität sind: etwa eine verlässliche Rendite oder aber die Gefahr von Greenwashing.
Einen Scheinwerfer auf die Vielseitigkeit von Klimathemen und weg vom strikten Blick auf die CO2-Emissionen zu werfen, ist den Blue Bonds aber bereits gelungen.