Es seien nicht-akzeptable Vorgänge, erklärte sie in einem Interview mit Bloomberg News, in dem es auch um Kreditgeschäfte, Immobilienmärkte und 4-Tage-Wochen ging.
«Hier sind einzelne Vorstände ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Das ist inakzeptabel», sagte Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), auf die Frage nach den Stützungsfällen in ihrer Finanzgruppe. «Unsere Solidargemeinschaft ist kein Freifahrtschein für riskante Geschäfte, wie wir sie gesehen haben.»
Über ihre Sicherungseinrichtung versprechen alle genossenschaftlichen Banken, sich in Krisensituationen gegenseitig zu stützen. Mit der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, der Volksbank Dortmund-Nordwest und der Volksbank Düsseldorf Neuss hatten zuletzt gleich drei Institute auf solche Hilfe der Solidargemeinschaft zurückgreifen müssen.
«Die Gelder, die im Rahmen der Stützungsmassnahmen geflossen sind, müssen zurückgezahlt werden”, erklärte Kolak weiter. “Und wir prüfen bei jeder Sanierung Regressansprüche und setzen diese auch durch.»
Darüber hinaus machte Kolak deutlich, dass es möglicherweise zu neuen Regeln in der Sicherungseinrichtung kommen wird. „Wir nehmen die Vorfälle zum Anlass, die Kontrollsysteme noch einmal zu prüfen und gegebenenfalls unsere Interventionsrechte zu schärfen”, sagte sie.
Bei der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden war Anfang des Jahres bekannt geworden, dass ein Wertberichtigungsbedarf von 280 Millionen Euro bei Krediten, Immobilien und Beteiligungen entstanden ist. Die Volksbank Dortmund-Nordwest war wegen Immobilienfonds in Schieflage geraten, in die sie investiert hatte. Und die Volksbank Düsseldorf Neuss sieht sich mit einer Forderung von 100 Millionen Euro konfrontiert, nachdem sie eigener Lesart zufolge das Opfer “betrügerischer Machenschaften” geworden ist.
Trotz der jüngsten Stützungsfälle sieht Kolak «kein grundsätzliches Problem» in der genossenschaftlichen Gruppe. «Die Fälle sind unterschiedlich gelagert und haben teilweise eine mehrjährige Vorgeschichte», sagte sie.
Mehr Risikovorsorge
Mit Blick auf das operative Geschäft deutete Kolak unter anderem Gegenwind bei Krediten an. «Die Risikovorsorge bei den genossenschaftlichen Primärbanken wird wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage wahrscheinlich sukzessive wachsen, auch in diesem Jahr», erklärte sie. Unter Beobachtung stünden etwa die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Allerdings sei es wichtig, die einzelnen Branchen differenziert zu betrachten.
Eine «erfreuliche Entwicklung» hat sie indes bei der privaten Baufinanzierung ausgemacht - ein Geschäftsfeld, das in den vergangenen beiden Jahren in sich zusammengefallen war. In den ersten neun Monaten 2024 lag demnach das Neugeschäft bei den genossenschaftlichen Instituten rund 16% höher als im Vorjahreszeitraum, sagte Kolak. «Die Aussicht auf weiter sinkende Zinsen bringt viele Verbraucher zurück in den Immobilienmarkt.»
Auch die Preise für Wohnimmobilien stabilisieren sich langsam. Sie dürften laut Kolak im nächsten Jahr im Schnitt um 1% zulegen.
Als «Herausforderung» bezeichnete Kolak den demografischen Wandel, der auch vor deutschen Volks- und Raiffeisenbanken nicht Halt macht. «Bis 2032 werden rund ein Viertel der Beschäftigten der genossenschaftlichen Primärbanken das gesetzliche Rentenalter erreichen», sagte sie. «Für viele Vorstände ist das inzwischen ein Top-Managementthema.»
Der Renteneintritt vieler Babyboomer aus den geburtenstarken Jahrgängen nach dem zweiten Weltkrieg erfolgt zu einer Zeit, in der in vielen Ecken des hiesigen Bankensektors ein Fachkräftemangel herrscht. Dieser zeigt sich in Bereichen wie etwa Regulatorik, Compliance oder IT. Allein im dritten Quartal hatten Banken und Fintechs in Deutschland um die 42.000 Jobs öffentlich ausgeschrieben, wie Daten der Berliner Index Gruppe zeigen.
Auch um beim Halten und Anwerben von Personal zu punkten, haben einige genossenschaftliche Primärbanken eine 4-Tage-Arbeitswoche eingeführt. Kolak liess durchblicken, dass sie Zweifel an diesem Modell hat.
«Ich bin skeptisch, was die 4-Tage-Woche anbelangt. Wenn am Ende der Bankbetrieb einen ganzen Tag ruht, wäre das nicht zielführend», erklärte sie. Flexible Arbeitszeiten seien besser. «Ich glaube nicht, dass die 4-Tage-Woche in der Breite bei unseren Primärbanken eingeführt wird.» (bloomberg/hzb/ps)