In dem Gespräch von Spitzenmanagern der Commerzbank und ihres neuen Grossaktionärs Unicredit Ende September ging es nach Angaben von Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp nicht um eine Übernahme des deutschen Institus durch die Italiener. «Es war ein klassisches Investorengespräch. Unicredit ist jetzt ein grösserer Aktionär und da gehört der professionelle Austausch zur geschäftlichen Entwicklung der Commerzbank dazu», sagte Orlopp dem «Handelsblatt» (Montagausgabe) in einem Interview. Sie machte zudem deutlich, dass sie im Falle eines Zusammengehens beider Banken sie eine jahrelange Lähmung sowie den Verlust von Kunden erwarte. Die Commerzbank könne als eigenständiges Institut einen Aktienkurs von 25 bis 30 Euro erreichen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Orlopp pochte deswegen erneut darauf, dass die Commerzbank selbständig bleiben solle. «Bei uns liegt aktuell nur eine Option auf dem Tisch - und das ist eine sehr gute: die Umsetzung unserer Strategie 2027, die auf der Eigenständigkeit der Bank fusst», sagte die Vorstandschefin. Italiens zweitgrösste Bank Unicredit hat sich nach jüngsten Angaben Zugriff auf bis zu 21 Prozent der Commerzbank-Anteile gesichert. Sie hat zudem bei der Bankaufsicht beantragt, die Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent der Anteile ausbauen zu dürfen.

«Die Integration von zwei grossen Banken ist extrem schwierig», sagte Orlopp. So sei die Commerzbank nach der Übernahme der Dresdner Bank im Jahr 2008 mehrere Jahre damit beschäftigt gewesen, die Systeme beider Banken zusammenzuführen. «Einen solchen Stillstand können wir uns in der heutigen Zeit, die von so vielen technologischen Umbrüchen und von einem sehr intensiven Wettbewerb geprägt ist, nicht leisten.»

Sorgen vor Auswirkungen eines Zusammenschlusses für deutsche Mittelständler und Konzerne seien berechtigt, sagte die Commerzbank-Chefin. «Bei den Firmenkunden gibt es zwischen der deutschen Unicredit-Tochter HVB und uns grosse Überlappungen. Im Falle einer Fusion müssten die Kreditengagements bei einigen Unternehmen reduziert werden, um Klumpenrisiken zu verhindern.» Zudem erwarte sie, dass manche Unternehmen von sich aus zu anderen Banken wechselten, weil sie nicht zu abhängig von einem Institut sein wollten. «Das Gleiche erleben wir gerade in der Schweiz nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Da haben wir als Commerzbank zahlreiche neue Firmenkunden gewonnen.»

Gemeinsame Investoren

Orlopp begrüsste, dass die Bundesregierung nach dem Verkauf von Anteilen an die Unicredit ihren restlichen Anteil von zwölf Prozent vorerst behalten will. «Das gibt uns die Möglichkeit, in Ruhe darzustellen, welches Potenzial wir als eigenständiges Institut haben.» Viele Commerzbank-Aktionäre seien auch an Unicredit beteiligt und profitierten damit von Dividenden und Aktienrückkäufen beider Banken. «Diese Investoren werden sich überlegen müssen, ob eine Übernahme mit allen verbundenen Umsetzungsrisiken für sie besser ist, als in zwei starken, unabhängigen Instituten investiert zu bleiben.»

Auf die Frage, ob die Commerzbank einen Kurs von 25 bis 30 Euro auch als eigenständiges Institut erreichen könne, antwortete Orlopp: «Davon bin ich überzeugt.» Sie fügte hinzu: «Wenn ich mir die mittelfristigen Ziele für unser Ergebnis pro Aktie ansehe, ist das von Ihnen genannte Niveau klar erreichbar.» Die Aktie war am Freitag bei 16,46 Euro aus dem Handel gegangen. (awp/reuters/hzb/ps)

HZ Banking-Newsletter
Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
HZ Banking-Newsletter