Europäische Investoren, die bei der Abschreibung von 16 Milliarden Franken an Nachranganleihen der Credit Suisse Geld verloren haben, verklagen ehemalige Führungskräfte der Bank in New York. Sie verweisen auf eine «kaputte Kultur» und Skandale, die sie dem in Manhattan ansässigen Investmentbanking der Credit Suisse anlasten.
Anleiheinhaber aus Paris, Luxemburg und der britischen Kanalinsel Guernsey argumentieren in der Klage, dass Führungskräfte der Credit Suisse in selbstsüchtiger Absicht kurzfristige Renditen und Prämien aus übermässig riskanten Geschäften herausholen wollten und dabei zu unethischen und illegalen Praktiken griffen.
Früherer CS-Chef Brady Dougan auch angeklagt
In der am späten Dienstag im New Yorker Stadtteil Brooklyn eingereichten Klage werden mehrere amerikanische Staatsangehörige als Beklagte genannt, darunter Brady W. Dougan, der von 2007 bis 2015 Chef des Schweizer Geldhauses war und die einst führenden Investmentbanker Eric Varvel, James L. Amine und Timothy O’Hara. Die Sammelklage wurde im Namen von Inhabern von Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) der Bank eingereicht.
Unter Berufung auf einen von der Credit Suisse in Auftrag gegebenen und von der Anwaltskanzlei Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison veröffentlichten Bericht aus dem Jahr 2021 behaupten die Kläger, die Bank sei «auf fatale Weise von Inkompetenz und Gaunerei geprägt gewesen», und die Führungsspitze «unfähig oder nicht willens, die korrupte Struktur zu reparieren». Ihren Ausgang habe diese Korruption in New York genommen.
«Abgebrühte New Yorker Investmentbanker»
«Obwohl die Credit Suisse als konservative Schweizer Bank begann, war die überwiegende Mehrheit der Personen, die für den Niedergang der Bank verantwortlich waren, keine biederen Schweizer Banker, sondern abgebrühte New Yorker Investmentbanker», heisst es in der Klage.
In der Klage wird Dougan und anderen ehemaligen Mitarbeitern der Credit Suisse First Boston, die er als CEO unter seine Fittiche genommen hatte, ein Grossteil der Schuld für die Unternehmenskultur angelastet, die «kurzfristige Gewinne über langfristiges Vertrauen stellte».
Auch Europäer sind unter den Angeklagten, etwa der ehemalige CEO Tidjane Thiam, der der Klage zufolge in New York lebt, aber französischer und ivorischer Staatsbürger ist. Er löste Dougan im Jahr 2015 ab und blieb bis 2020 Chef der Bank. Letztlich gelang es Thiam nicht, «den Einfluss des US-amerikanischen Investmentbankings zurückzudrängen» und die Kultur der Bank zu verändern, heisst es in der Klage.
Die Credit Suisse ist vergangene Woche in der UBS aufgegangen, nachdem sie im März durch massive Geldabflüsse einem Zusammenbruch nahegekommen war. Gegen die Abschreibung der AT1-Anleihen in diesem Zusammenhang wurden in der Schweiz mindestens 120 Beschwerden gegen die Bankenaufsicht Finma eingereicht.
(bloomberg/spi)