Sie sehen in «Assetization» eine grosse Chance. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff?

Laut einer Studie von Accenture aus dem Jahr 2021 beläuft sich allein der Wert der derzeit nicht bankfähigen Vermögenswerte auf 78 Billionen Dollar. Das ist eine gewaltige Summe. Assetization könnte die nicht bankfähigen Vermögenswerte sogar übertreffen. Daher: Ja, wir glauben, dass dies eine riesige Chance ist. Das Wort selbst ist eine Kombination aus «Asset» und «Democratization». Die reibungslose Art der Verbriefung, die wir bei Gen Two anbieten, demokratisiert wirklich den Prozess der Schaffung von Finanzprodukten. Und so sind wir zu diesem Wort gekommen. 

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Aber gibt es das nicht schon länger unter dem Begriff «Tokenisierung»?

Tokenisierung und Assetization sind sich zwar ähnlich, wobei es sich bei der Tokenisierung aber eher um eine Untergruppe der Assetization handelt. Sie ist nur eines von vielen Werkzeugen, die verwendet werden können, um Dinge oder Ideen von Wert handelbar zu machen. Das Problem bei der Tokenisierung ist, dass sie eine bestimmte Art von Technologie erfordert: eine Blockchain. Assetization hingegen nutzt die Standardinstrumente der Finanzdienstleistungsbranche. Und da diese bankfähig sind, können sie einen viel grösseren Markt erreichen als digitale Vermögenswerte derzeit. Das bedeutet nicht, dass die Tokenisierung nicht eines Tages ein wichtiges, vielleicht sogar das bevorzugte Instrument der Assetization sein wird.

Warum bezeichnen Sie Assetization auch als «Demokratisierung des Finanzwesens»?

Von der Erfindung der Aktiengesellschaft im 17. Jahrhundert bis zum heutigen E-Brokerage für Privatkunden und Privatkundinnen ist die Geschichte der Finanzprodukte eine Geschichte der Demokratisierung. Im Laufe der Zeit erhielten immer mehr Menschen Zugang zu immer mehr Finanzprodukten und Anlagemöglichkeiten. Die Demokratisierung der Finanzdienstleistungen fand bisher vor allem bei den traditionellen Anlageklassen statt. Erst mit der Verbriefung, die in den 1970er-Jahren in den USA ihren Anfang nahm, wurde der Zugang zu bestimmten Arten alternativer und sogar nicht bankfähiger Vermögenswerte erweitert. Verbriefungen sind jedoch teuer und manchmal schwerfällig. Assetization macht die Verbriefung für fast jeden zugänglich. Sie demokratisiert sowohl die Schaffung von Finanzprodukten als auch den Zugang zu Investitionsmöglichkeiten.

Was war die Motivation dahinter, eigens für diese Anlageform ein Buch zu schreiben?

Als wir mit dem Aufbau von Gen Two begannen und sahen, wie die Kunden und Kundinnen unsere Plattform nutzten, erkannten wir, wie mächtig Assetization sein kann. Da wurde meinem Mitgründer Patrick Loepfe und mir klar, dass wir dieses Buch schreiben müssen. Es war ein intensiver Prozess, aber wir haben es geschafft. Und es war ein grossartiges Gefühl, das Buch an unserem Asset-Rush-Event in Davos während des diesjährigen WEF vorstellen zu können.

Wie muss man sich die Verbriefung eines Vermögenswertes vorstellen? Geht dies einher mit einer Tokenisierung der Assets?

Bei der Verbriefung wird ein Vermögenswert mit einer Art Hülle versehen, sodass er investierbar und über die standardisierte Finanzinfrastruktur zugänglich wird. Bisher war dies nur für bestimmte Arten von Vermögenswerten sinnvoll. Ausserdem wären auch grössere Volumina erforderlich, damit sich dies wirtschaftlich rechnete. Unsere Version der Verbriefung zielt darauf ab, eine standardisierte Hülle für jeden Vermögenswert zu entwickeln, unabhängig von seiner Grösse. Ähnlich wie die Containerisierung im globalen Handel ermöglicht Assetization dies für globale Investitionen. 

Sie haben schon Schiffe, Kunst, Weine oder Uran und auf der Digitalseite beispielsweise Grundstücke im Metaverse verbrieft. Kann man theoretisch jeden Vermögenswert verbriefen, oder gibt es hier auch Grenzen?

Es gibt theoretisch keine klaren Grenzen dafür, welche Vermögenswerte assetisiert werden können. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass es immer sinnvoll oder ethisch vertretbar ist, das zu tun. Auch die langfristigen Auswirkungen auf die Märkte und die Gesellschaft sollten berücksichtigt werden.

In welchen Assetklassen sehen Sie derzeit die grösste Nachfrage seitens Ihrer Kundschaft?

Derzeit sehen wir ein verstärktes Interesse an alternativen Vermögenswerten, Private Equity, Private Debt, Rohstoffen und Sammlerobjekten. Darüber hinaus erhalten wir viele Anfragen für Projektfinanzierungen und nachhaltige Projekte. Diese Assetklassen spiegeln nicht nur die Diversifikationsbedürfnisse unserer Kundschaft wider, sondern unterstreichen auch das wachsende Bewusstsein für nachhaltige und zukunftsorientierte Investitionen.

Inwiefern hat sich die Nachfrage in den letzten fünf Jahren verändert? Sehen Sie neue Verhaltensmuster unter den Investoren?

Eine derart hohe Nachfrage nach Lösungen im Bereich Alternatives haben wir so nicht erwartet, spielt uns aber in die Hände. Der Kreativität scheinen hier keine Grenzen gesetzt zu sein. Bei der Produkthülle gehört die Zukunft Actively Managed Certificates (AMCs), welche die neuen ETFs werden. AMCs sind für uns schon heute eines der wichtigsten Finanzvehikel, die wir einsetzen.

Welchen Service respektive welche Anlageklasse bieten Sie Ihren Kunden und Kundinnen?

Unser Ziel ist, das Anlageuniversum zu erweitern, indem wir alle Vermögenswerte bankfähig und investierbar machen. Unsere Plattform ermöglicht es Finanzintermediären, jeden Vermögenswert und jede Anlagestrategie einfach zu verbriefen und als bankfähiges Wertpapier mit einer internationalen Wertpapierkennnummer (Isin) auf den Markt zu bringen. Damit decken wir das gesamte Anlagespektrum ab. 

Wie wurde Ihr Angebot anfänglich vom Markt aufgenommen?

Eine der grössten unternehmerischen Herausforderungen für mich persönlich bei Gen Two war es, die anfängliche Skepsis der Marktteilnehmenden zu überwinden, ob wir tatsächlich eine reibungslose und kostengünstige Verbriefung durchführen können. Dieses anfängliche Misstrauen gehört mittlerweile der Vergangenheit an, da die Marktteilnehmenden tatsächlich gesehen haben, dass wir dazu in der Lage sind.

Eine weitere Herausforderung bestand darin, das wahre Ausmass unserer eigenen Innovation zu verstehen. Als wir anfingen, lag unser Fokus hauptsächlich auf der Verbriefung traditioneller Vermögenswerte. Im Laufe der Zeit erkannten wir jedoch gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden die riesige Chance, die in alternativen und nicht bankfähigen Vermögenswerten steckt. Daher haben wir uns von der reinen Verbriefung zu dem entwickelt, was wir als «Assetization» bezeichnen.