Bankenkrisen gibt es, seit es Banken gibt. Das Geschäftsmodell der Banken besteht darin, kurzfristige Einlagen in langfristige Kredite und Anlagen umzuwandeln. Verlieren die Anlegerinnen und Anleger das Vertrauen und ziehen die Einlagen zurück, gerät die Bank in Zahlungsschwierigkeiten. Das kann aus unterschiedlichsten Gründen immer wieder vorkommen.
Kann der Staat solche Bankenkrisen verhindern? Nein, er kann aber die Eintretenswahrscheinlichkeit verringern und im Krisenfall verhindern, dass die Bevölkerung und die Volkswirtschaft zu Schaden kommen. Die «Too big to fail»-(TBTF-)Regulierung will deshalb systemrelevante Banken im Krisenfall so weit stabilisieren, dass der Zahlungsverkehr und die Kredittätigkeit weitergeführt werden können. Die Steuerzahlenden dürfen dabei nicht belastet werden.
Drei Elemente sind für den Schutz der Steuerzahlenden zentral:
Eigenkapital: Die Banken brauchen genügend Eigenkapital, um Verluste absorbieren zu können. Je grösser das Eigenkapital, desto geringer die Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Eigenkapital braucht es aber auch für die Sanierung oder Abwicklung im Krisenfall. Im Falle der CS wären nach der Umwandlung der dafür vorgesehenen Anleihen über 100 Milliarden verlusttragendes Kapital vorhanden gewesen. Genügend für eine Sanierung im Rahmen der TBTF aus Sicht des Financial Stability Board (FSB), einem internationalen Gremium für die Bankenüberwachung.
Der Gastautor
Serge Gaillard ist Ökonom und ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung.
Liquidität: Überraschend war vor einem Jahr das Tempo des Rückzugs von Einlagen. Bund und SNB mussten über die vorbereitete, besicherte Liquiditätshilfe hinaus Unterstützung gewähren. Die Liquiditätsanforderungen und die Bereitstellung von Sicherheiten durch die Banken müssen dem hohen Tempo der Abzüge angepasst werden. Um die Steuerzahlenden zu schützen, sollten aber ungesicherte Liquiditätshilfen gemäss einem «Public Liquidity Backstop» auch in Zukunft erst gewährt werden, wenn die Bilanz der Bank zulasten der Eigentümer und Besitzerinnen von Wandelanleihen saniert und die Bank wieder über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügt.
Vorbereitung auf den Notfall statt Mikroregulierung: Die Finma muss nicht die alltägliche Geschäftsführung der Banken überprüfen und ihnen die unternehmerische Verantwortung abnehmen. Sie muss aber sicherstellen, dass die Banken für den Notfall vorbereitet sind. Und sie muss es auch selbst sein. Gemäss einem Bericht des FSB hat die Finma 2022 und 2023 zusammen mit den englischen und den US-Behörden die nötigen Vorbereitungsarbeiten für die Sanierung getroffen.
Der Bundesrat hat vor einem Jahr darauf verzichtet, die Sanierung oder Teilabwicklung der CS im Rahmen der TBTF-Regulierung durchzuführen, allenfalls ergänzt mit einer staatlichen Beteiligung. Mit der Übernahme der CS durch die UBS stand eine Alternative bereit, deren Risiken der Bundesrat als geringer eingeschätzt hat. Das heisst aber nicht, dass Stabilisierung im Rahmen der TBTF-Regulierung für die Zukunft verworfen werden soll. Das Konzept leuchtet ein, und immer mehr Beobachterinnen und Beobachter kommen zum Schluss, dass vor einem Jahr auch eine TBTF-Lösung funktioniert hätte. Interessant ist, ob das Finanzdepartement und die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) auch zu diesem Schluss kommen.