Viele Banken lassen die finanzielle Mittelschicht – die «Mass affluent» – unterversorgt. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Beratungsunternehmens Deloitte. Die Banken könnten mehr aus dieser gut verdienenden Kundschaft machen, tun es aber nicht.
Dabei ist das ein bedeutendes Segment. Rund ein Viertel der Erwachsenen in der Schweiz verfüge über ein Anlagevermögen zwischen 200’000 und 2 Millionen Franken, schreibt Deloitte mit Verweis auf Zahlen des Bundes. Die meisten Banken hätten keine Strategie, um diese Kundinnen und Kunden zu bedienen, die in der Regel keinen Zugang zur Private-Banking-Beratung haben.
Die Studie von Deloitte kommt zum Schluss, dass in diesem Segment zwar ein grosses Vertrauen zur eigenen Hausbank vorliege. 76 Prozent bejahen das, wogegen nur gerade 8 Prozent Geld einem Technologieunternehmen anvertrauen würden. Gleichzeitig greife jedoch nur ein Viertel der Befragten auf Beratungsdienstleistungen der Bank zurück. 21 Prozent mandatierten ihre Bank mit der Vermögensverwaltung.
Ein Grund für den Verzicht auf Beratung sei auch, dass die Kundinnen und Kunden diese nicht für notwendig hielten, so das Beratungsunternehmen. 63 Prozent halten sich in Finanzfragen für kompetent, 71 Prozent glauben, ihre Risikofähigkeit einschätzen zu können. Fühlen sie sich als die besseren Banker?
Deloitte sieht Folgen der mangelnden Beratung: Ein Drittel der befragten Affluent-Kundschaft habe beispielsweise kein 3a-Vorsorgekonto, obwohl das erhebliche Vorteile bringe.
Kaum abgeholt werden die Bankkunden und Bankkundinnen offenbar auch von den zahlreichen Nachhaltigkeitsoffensiven der Banken. Zwar gäben in der Befragung 72 Prozent an, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig sei, so Deloitte. Nur 12 Prozent hätten dann aber auch mehr als die Hälfte des eigenen Vermögens in als nachhaltig vermarkteten Assets investiert.
Bei den Wünschen der Kundschaft an ihre Banken gibt es wenig grosse Überraschung: Zuoberst stehen mit 74 Prozent Zustimmung die «niedrigen Gebühren». Dahinter ein «hochmodernes Online-Banking» (66 Prozent) und einen «nahtlose Integration der Kanäle» zwischen persönlicher Beratung, mobilem Banking und «Online» (65 Prozent). Deloitte rät denn auch – nicht ganz uneigennützig –, in diese Kanäle zu investieren, um Affluent-Kunden und -Kundinnen besser abzuholen.
Weniger wichtig ist offenbar – und das mag den einen oder anderen überraschen – eine «persönliche Beratungsperson». Mit einer Zustimmung von 52 Prozent landet dieser Wunsch auf dem letzten Rang von neun abgefragten Wünschen.
Ein interessantes Detail zum Schluss: Deloitte hat die Affluent-Kundschaft auch nach einer ganz altmodischen Bankdienstleistung befragt. Das Resultat: 23 Prozent der Befragten haben bei ihrer Bank ein Schliessfach gemietet. Fast gleich viele, wie der Anteil jener, die eine Anlageberatung nutzen.
1 Kommentar
Es gibt durchaus Banken, die die „mass affluents“ und Kunden generell anständig behandeln, und es gibt jede Menge andere Banken, deren Umgang mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten so unterirdisch ist, dass man sie platt machen sollte. Ein guter Teil unanständiger Behandlung ist ursächlich auf überbordende Regulierung zurückzuführen.