André Häberling, was ist an der Regiobank Männedorf besonders?
Wir sind die schnellste Bank am Zürichsee. Die kleinste Universalbank hat Oliver Jaussi von der Bank Zimmerberg im Interview kürzlich ja schon für sich proklamiert (lacht), darum kann ich das jetzt nicht für uns behaupten.
Aber Sie können in Konkurrenz treten. Ist denn die Regiobank Männedorf noch kleiner und noch universeller unterwegs?
(schmunzelt) Kleiner ja, aber universeller nicht. Wir teilen zur Effizienzsteigerung die Kreditadministration mit der Bank Zimmerberg. Zusätzlich können wir auch von den einzigartigen Anlagemodellen profitieren. Das Vermögensverwaltungsmandat «Indexinvest» können wir ebenso unseren Kundinnen und Kunden anbieten wie «Schweizer Werte». Wenn Oliver Jaussi und sein Team von der Bank Zimmerberg dort spannende und innovative Dienstleistungen haben, können auch wir sie unserer Kundschaft zur Verfügung stellen.
Klingt nach einer guten Zusammenarbeit …
Ja. Das haben wir aber nur gemacht, weil wir wussten: Der Zürichsee ist wie eine «Chinese Wall». Kundinnen und Kunden von der einen bewegen sich wenig auf die andere Seite des Ufers: Zimmerberg, Zürich, Rapperswil einerseits und anderseits unsere Kundschaft von der Goldküste, vom Pfannenstil und von Zürich. Unsere vorgängig durchgeführte Analyse hatte aufgezeigt: Wir können gut zusammenarbeiten, ohne uns zu konkurrenzieren.
Sie haben noch mehr Partner: Mit anderen Regionalbanken ähnlicher Grösse haben Sie die Novus-Gruppe gegründet. Wie ist das zustande gekommen?
Wir sind Ende 2012 aus der Clientis-Bankengruppe ausgetreten, haben aber weiterhin Dienstleistungen der Clientis als sogenannte Spoc-Bank bezogen. Sie müssen wissen: Die Clientis AG stellt ihre Dienstleistung auch anderen Banken zur Verfügung, welche nicht dem Clientis-Verbund angehören. Als die Verträge mit der Clientis AG ausliefen, führten wir eine Evaluation durch. Mit dem Ziel: Flexibilität, Unabhängigkeit, Zukunftsorientierung und Mitsprachemöglichkeit. Das ist für uns bei der Regiobank Männedorf ein ganz wichtiger Punkt.
Das hatten Sie bei der Clientis-Gruppe nicht? Oder zu wenig?
Ja und nein. Wir konnten uns in Fachgruppen einbringen, hatten aber keine direkten Verträge mit unserem Softwareanbieter. Ausserdem waren gewisse Projekte und Dienstleistungen für uns nicht optimal ausgestaltet.
Und jetzt?
Unsere drei Partnerbanken der Novus-Gruppe, die Bank Zimmerberg, die Hypo Vorarlberg und die Bank Leerau, sind ebenfalls beim Banksoftwarehersteller Finnova. Die Novus-Gruppe ist eine Interessengemeinschaft ohne rechtliche Verbindlichkeit mit Fokus auf Informatik und aktiven Informationsaustausch in allen Banking-Themen. Novus steht für: Neutral, Opportunität, Verbundenheit, Unabhängigkeit, Sicherheit.
Zusammen können wir uns zukunftsträchtig aufstellen, etwa Cloud-Lösungen und andere IT-Leistungen erarbeiten, die unseren Bedürfnissen exakt entsprechen.
Und das wäre im Clientis-Verbund nicht möglich gewesen?
Es wäre vielleicht schon möglich gewesen. Aber in diesem Zusammenhang brauchen Sie ein Setup, das überall gleich ist. Sie müssen nach Möglichkeit Abläufe und Prozesse harmonisieren, und trotzdem soll jede Bank so flexibel wie möglich sein. Wir sind überzeugt, mit diesem Setup für die Zukunft effizienter und kostengünstiger aufgestellt zu sein. Zudem sind für uns alle individuelleren Abstimmungen möglich. Alle sind flexibler.
Bei einer Clientis-Gruppe ist der Skalierungseffekt doch viel grösser, als wenn Sie das nur zu viert machen, oder?
Ja, die Kosten sind wohl leicht höher, doch dafür geht die Regiobank Männedorf gemäss ihren Bedürfnissen und gut aufgestellt in die Zukunft. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass IT und Digitalisierung günstiger werden. Auf die IT-Kosten muss man sicher achten: Das sind Faktoren. Aber in den nächsten Jahren werden diese Kosten nicht massiv sinken.
Bei welchen Anwendungen macht KI bereits Sinn für Ihre Bank?
KI ist für uns ein wichtiges Thema, welches wir intensiv beobachten. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass KI bei den 24/7 zur Verfügung stehenden Chatbots, im internen Weisungswesen, im Management von Dokumenten sowie bei automatisierten CRM-Notizen der Kundengespräche und beim Erstellen von Protokollen einen Mehrwert generieren kann.
Hat Ihre Bank eine KI-Strategie entwickelt?
Wir sind gerade daran, eine Analyse zu den Einsatzmöglichkeiten zu erstellen. Dabei wird ein grosses Augenmerk auf die Chancen und Risiken gelegt. Auch stehen wir diesbezüglich im engen Kontakt mit den anderen Banken aus der Novus-Gruppe.
Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit Fintechs – etwa wie jene der Bank Acrevis und Kaspar& – als Ergänzung bei Ihnen vorstellen?
Absolut, vorstellen kann ich mir das. Natürlich niemals alleine als Regiobank Männedorf. Das ist ein weiterer Grund, warum wir in der Novus-Gruppe sind: Ergänzende Leistungen anbieten zu können, ist gut. Und das zusammen zu machen, ist besser.
Stellen Sie wegen der Digitalisierung ein verändertes Verhalten bei Ihrer Kundschaft fest?
Gewisse Anforderungen der Kunden und Kundinnen verändern sich. Momentan verdienen wir und auch andere Banken ihr Geld tendenziell mit älterer Kundschaft. In diesem Zusammenhang spricht man in unserer Branche häufig von einer überalterten Kundschaft. In den nächsten Jahren wird sich das ändern, und die jüngeren Kundinnen und Kunden haben andere Anforderungen an eine Bank.
Sie sagen, die Kundschaft verändert sich?
Durch den Generationenwechsel. Das können Sie bereits bei jüngeren Kundinnen und Kunden erkennen.
Was stellen Sie fest?
Natürlich läuft alles viel digitaler: Junge Leute tragen ihre Bank im Handy mit. Bei einer Bank vorbeizugehen, um ein Konto zu eröffnen? Das machen die Jungen nicht mehr. Früher war das hingegen normal. Diese Zeiten sind vorbei.
Haben Sie keine Angst, dass Ihnen angesichts dieses Wandels die Felle als traditionelle Regionalbank davonschwimmen?
(schüttelt den Kopf) Ich bin zwar überzeugt, dass ein Onlinekanal sehr wichtig sein wird. Genauso überzeugt bin ich jedoch, dass die Kundinnen und Kunden für Finanzierungen und Anlagegespräche weiterhin zu einem Bankberater gehen wollen.
Die Frage ist heute: Wo und wie begegnen Sie Ihrer Kundschaft! Deshalb muss die Regiobank Männedorf unter anderem auch ein digitales Onboarding anbieten. Man muss zum Beispiel auch nachts oder ausserhalb der Öffnungszeiten ein Konto eröffnen können.
Wie werben Sie um junge Kundschaft?
Wir sind auf Social-Media-Kanälen aktiv vertreten und haben beispielsweise auf LinkedIn schon 900 Follower, mehr als weitaus grössere Banken in der Region. Ausserdem sind wir an vielen Anlässe in unserer Kernregion physisch vor Ort. Da kommt unser Team mit bekannten und auch bisher noch unbekannten Gesichtern in Kontakt.
Ist ein Zusammenschluss mit einem anderen Finanzinstitut für Ihre Bank ein Thema?
Sag niemals nie. Aber zum heutigen Zeitpunkt ist das kein Thema. Unsere Stärke liegt in unserer Grösse. Wir sind schnell, beweglich und effizient. Zusätzlich kennen wir unser Marktgebiet sehr gut, und unsere Mitarbeitenden sind neben Banker auch Unternehmer. Sie identifizieren sich mit der Geschichte der Regiobank Männedorf seit 1903 und leben ihren Job mit Herzblut und Leidenschaft.
Werden Sie wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) bald auch auf Kontogebühren verzichten?
Das machen wir bereits seit Jahren. Ich arbeite seit mehr als 14 Jahren für die Regiobank Männedorf AG, und ein Aktionärskonto hatte noch nie Kontoführungsspesen. Dieses Aktionärskonto eignet sich für Privatpersonen und hat aktuell einen Vorzugszins von 0,5 Prozent. Um in den Genuss dieses Kontos zu kommen, muss man mindestens drei Aktien unserer Bank besitzen. Grundsätzlich kann ich sagen, dass unsere Gebühren sehr moderat sind und wir unserer Kundschaft ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten.
Gewähren Sie Ihren Kundinnen und Kunden höhere Zinsen auf Ihre Einlagen?
Ja, unser Sparkonto «Goldküste» wird aktuell mit 1,35 Prozent verzinst. Es eignet sich perfekt für mittlere bis langfristige Sparziele und bietet Menschen, die an der Goldküste oder in den umliegenden Gemeinden wohnen, einen besonders attraktiven Zins. Privatpersonen müssen in folgenden Gemeinden gemeldet sein: Egg, Erlenbach, Forch, Herrliberg, Hombrechtikon, Küsnacht, Männedorf, Meilen, Oetwil am See, Stäfa, Uerikon, Uetikon am See, Zollikon, Zumikon. Selbstverständlich ist das Sparkonto «Goldküste» bankspesenfrei.
Zum Schluss: Welches Ziel streben Sie als CEO in diesem Jahr an?
Ich möchte den Neubau unseres Bankgebäudes mit unseren externen Partnern weiter erfolgreich vorantreiben, damit im Herbst 2025 die Eröffnung stattfinden kann. Für unsere Kundschaft und unsere Mitarbeitenden freue ich mich sehr, dass sie mit dem ökologischen Holzneubau inklusive Photovoltaikanlage ein neues «Zuhause» bekommen. Natürlich werden wir in diesem Zusammenhang auch unsere Prozesse und Abläufe optimieren und professionalisieren.
- Seit wann sind Sie CEO Ihrer Bank? Seit 1. Mai 2019 (vormals: 01.2010 bis 04.2019 Mitglied der Geschäftsleitung)
- Höchste/letzte Ausbildung? NDS HF in Leadership und Management
- Alter: 51
- Persönliche Info: verheiratet, wohnhaft in Küsnacht ZH
- Hobbys: Sport, Reisen und Kultur
- Gründungsjahr: 1903
- Aktiengesellschaft
- Bilanzsumme in Millionen Franken: 426,6 Mio. per 31.12.2023
- Anzahl Kundinnen und Kunden: 5500
- Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: rechtes Zürichseeufer, Zürich Oberland, Kanton Zürich