Die UBS-Generalversammlung von letzter Woche stürzte sich, wie vorausgesehen, mit grossem, theatralischem Getöse und breitem Medienecho auf die «Abzocker». Der UBS-CEO Sergio Ermotti hatte mit seinen Vergütungen von 14 Millionen Franken für die neun Monate UBS-Anstellung – mit Nachzahlungen werden es 20 Millionen sein – zweifellos den Spitzenrang auf der Ehrengalerie der Arroganz eingenommen. Bei den angelsächsischen Investmentfonds, die weit mehr als die Hälfte der Aktionärsstimmen kontrollieren, spielte dieser Reputationsschaden allerdings keine Rolle.
Für Fachleute viel bemerkenswerter als die Bonifrage war der schroffe Tenor der UBS-Spitze gegen die zuvor von Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Aussicht gestellte höhere Eigenkapital-Anforderung für die systemrelevante Too-big-to-fail-Bank. In taktischer Absprache schossen Sergio Ermotti, VR-Präsident Colm Kelleher und der UBS-Schweiz-Sprecher prophylaktisches Sperrfeuer gegen höhere Eigenmittel ihres Bankkonzerns. Sie insistierten auf der Sprachregelung, die UBS «verfüge nicht über eine implizite Staatsgarantie» und sie sei «nicht too big to fail». Es wird interessant sein, zu beobachten, welche Politiker und Medien diese Sprachorder willfährig übernehmen.
Rudolf Strahm ist ehemaliger Preisüberwacher und Ex-SP-Nationalrat.
Der Hintergrund dieses rhetorischen Abwehrfeuers ist die vorgängige Ankündigung von Bundesrätin Keller-Sutter, die neue UBS müsse in Zukunft für jede ihrer ausländischen Beteiligungsgesellschaften mit bis zu 100 Prozent Eigenkapital gemäss den Vorgaben von «Basel III» rechnen. Dies würde für den Bankkonzern eine zusätzliche Eigenkapital-Unterlegung von 15 bis 25 Milliarden Dollar bedeuten. Das sogenannte «Filter», wonach Grossbank-Töchter nur 60 Prozent der regulatorischen Eigenmittel halten müssen, wurde 2014 aufgrund von Lobbys vom Parlament ermöglicht und anschliessend von Finma-Chef Mark Branson zugestanden.
Um der behördlichen Ankündigung zuvorzukommen, kündigte die UBS schon am 2. April an, sie werde in diesem und im nächsten Jahr bis 2 Milliarden Dollar Aktienrückkäufe tätigen und damit die Aktionäre und Aktionärinnen mit einem höheren Aktienwert zusätzlich belohnen. Dieser vorschnelle Akt läuft genau in die gegensätzliche Richtung der behördlichen Absichten – eine unerhörte Arroganz und Provokation gegenüber Bundesbern und dem Staat. Denn weniger Eigenkapital erhöht den Bedarf an Staatsgarantie mit Liquiditätshilfen.
«Altbekannte Machtmechanismen um Eigenmittelvorschriften und Blendertum sind wieder Praxis.»
Rudolf Strahm
Die Analyse des CS-Kollapses hat nämlich ergeben, dass die Abwicklung der CS mittels Verkauf von Tochtergesellschaften schlicht deshalb verunmöglicht war, weil diese nur über 60 Prozent des erforderlichen Eigenkapitals verfügten. Jeder Tochterverkauf hätte deren Aufkapitalisierung durch das Stammhaus als «Parent Bank» erfordert. Höhere Eigenmittel sind also nicht einfach der Nice-to-have-Spleen von Finanzprofessoren, sondern die absolute Vorbedingung für eine notwendige Abwicklung!
Die schroffe Tonalität und die vorauseilende, provokative Aktienkapital-Reduktion der UBS-Führung geben eine Vorschau auf das Ringen, das im Blick auf die Gesetzgebung bevorsteht. Altbekannte Machtmechanismen um Eigenmittelvorschriften und Blendertum sind wieder Praxis – wie schon gehabt.
2 Kommentare
Die Arroganz grosser Banken (hauptsächlich UBS, aber auch einiger Kantonalbanken) gegenüber dem Staat ist alarmierend, denn sie zeigt dem Staat wer die Macht hat.
Das Staatsregelwerk funktioniert rapide immer schlechter. Diese Entwicklung ist bedenklich.
Interessant wird auch sein, wie sich KKS aus dieser Schraubstocksituation herauswinden wird. Ihre eigene Partei, die FDP die man getrost als Bankenturbos bezeichnen darf, wird alle Lobbying Register ziehen um es ihren Freunden bei den Banken recht zu machen und jegliche Risiken möglichst beim Steuerzahler zu belassen.