Frau Sperry, zur Kunst sowie auch zur Welt der Banken gibt es gewisse tradierte Vorstellungen.
Persönlich assoziiere ich die Kunstwelt mit absoluter Freiheit im Ausdruck, mit Offenheit, auch mit Chaos.
Passt denn das zu einer Bank?
Für mich passt das in jeder Hinsicht, ja. Die Welt der Kunstschaffenden kann frei, offen oder chaotisch sein. Doch wir dürfen dabei nicht vergessen, dass das Kunstschaffen harte Arbeit ist. Zudem hat Kunst auch einen materiellen Aspekt und kann Wertanlage sein. Früher war es so, dass Kunstwerke von Banken sogar direkt in Zahlung genommen wurden – zum Beispiel, um die Raten für einen Kredit zu begleichen. Ferner ist Kunst für Anlageberatende ein «alternatives Asset» – wie zum Beispiel auch Gold – mit dem man sein Vermögen diversifizieren kann. Bei der Berner Kantonalbank hat Kunst jedoch ganz bewusst nicht diese Funktion.
Welche Funktion erfüllt sie denn dann?
Wir engagieren uns als Kantonalbank für die Förderung der nationalen Kunstszene sowie auch jener in unserem Wirtschaftsraum. Mit sorgfältig ausgewählten Kunstwerken verleihen wir unseren neu gestalteten Standorten ein individuelles Gesicht. Und wir sehen die dort ausgestellte Kunst als Geste der Wertschätzung – gegenüber unseren Mitarbeitenden sowie auch gegenüber unserer Kundschaft.
Aktuell verfügen wir über rund 2000 Kunstwerke sowie mehrere Kunst-am-Bau-Installationen. Die Formate reichen von Kleinstwerken bis hin zu Arbeiten, die rund 3 Meter hoch sind – wie beispielsweise der Holzschnitt von Franz Gertsch am Standort Bern Bundesplatz. Preislich bewegen sich die Kunstwerke zwischen wenigen hundert Franken bis in den sechsstelligen Bereich.
Wie wird man denn Kuratorin bei der Berner Kantonalbank?
Ich habe im Master Kulturwissenschaften studiert und anschliessend in unterschiedlichen Institutionen als Kuratorin gearbeitet. Weil ich immer mehr freie Aufträge bekam, lockte mich der Gang in die Selbständigkeit. Bei der BEKB habe ich ein Teilzeitmandat inne, das sich zwischen 20 und 30 Prozent bewegt. Die Bank hat mich besonders darum gereizt, weil sie ein Ort fernab des ‹Kunstkuchens› ist. Eine Welt, die einer ganz anderen Logik folgt – wo aber genauso viele mögliche kunstinteressierte Menschen verkehren.
Nehmen wir an, ich möchte mein Erspartes investieren. Nun besuche ich die Berner Kantonalbank am Bundesplatz ja vor allem mit dieser Absicht – und nicht als Kunstgeniesser. Wie wollen Sie denn die vielen Kunstwerke in den BEKB-Standorten der Laufkundschaft näherbringen?
Da gibt es diverse Möglichkeiten. Zum einen werden wir von Kundinnen und Kunden bereits direkt auf Kunstwerke angesprochen, die sie am Ort der Beratung vorfinden. Da kann es schon mal sein, dass das Gespräch von den Finanzen plötzlich zum Gespräch über Gott und die Welt wird. Zum anderen organisieren wir Führungen in einzelnen Standorten, die sich auch an eine interessierte Kundschaft – oder an Nichtkunden und Nichtkundinnen – richtet. Ausserdem entwickeln wir gerade eine digitale Lösung, mit der sich die Mitarbeitenden über die Kunst am jeweiligen Standort der Berner Kantonalbank informieren und dieses Wissen weitergeben können.
Und wenn mir der reine Blick auf die Kunst nicht mehr reicht? Kann ich in einen Berner-Kantonalbank-Standort gehen, bezahlen und mein neues Kunstwerk gleich hinten in den Kombi laden?
Nein, die Berner Kantonalbank betreibt keinen Kunsthandel. Was in den Standorten hängt, bleibt auch dort. Einzig für die Mitarbeitenden der Berner Kantonalbank gibt es einmal im Jahr eine Ausnahme: Jeweils kurz vor Weihnachten machen wir einen Rampenverkauf mit ausgewählten Bildern aus dem Depot. Dort können kunstbegeisterte Mitarbeitende dann Kunstwerke zu Preisen zwischen 50 und 500 Franken erstehen. Als originelles Weihnachtsgeschenk, zur Verschönerung der eigenen Wohnung – und immer auch zur Freude der regionalen Kunstschaffenden.