Das Büro von Ashkan Pouya befindet sich im Zentrum von Stockholm. In Östermalm, umgeben von den großen Banken und Kaufhäusern der Stadt. Die zentrale Lage verrät einiges: Der Mann, der in den nationalen Medien oft als «Selfmade-Millionär» bezeichnet wird, ist in der schwedischen Geschäftswelt bekannt. Seine Aktivitäten beschränken sich aber nicht auf den Norden Europas, sondern auf den ganzen Kontinent: Sein Unternehmen Systematic Growth dringt in Nischenmärkte ein und baut dort europäische Marktführer auf. Doch wie viel Zukunft hat Europa in Zeiten von KI und Isolationismus?
Herr Pouya, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Systematic Growth zu gründen, ein Unternehmen, das kleine regionale Unternehmen zusammenführt und zu Marktführern in Europa macht?
Der Zusammenschluss von Unternehmen führt in der Regel zum Scheitern. Wir müssen also genau analysieren, wie wir vorgehen wollen und wie die Erfolgschancen sind, wenn wir es tun. Wenn wir den Grundstein für unser Projekt legen, besteht ein sehr grosser Teil der Arbeit darin, zu fragen: Wie wollen wir das Projekt aufsetzen? Welche Komponenten werden benötigt? Und wie können wir diese Komponenten zusammenbringen?
In einer Nische gibt es meist einige Unternehmen, die in verschiedenen Bereichen gut sind. Einige sind zum Beispiel sehr gut in der Produktion, andere im Vertrieb, im Marketing und so weiter.
Mit Voff, einem Hersteller von gesundem Hundefutter, ist es Ihnen gelungen, aus vielen kleinen regionalen Unternehmen einen europäischen Marktführer zu schaffen. Wie haben Sie das geschafft?
Der Ausgangspunkt von Voff war die Tatsache, dass es viele kleine Unternehmen gab, von denen die meisten Enthusiasten waren. Sie wollten Hunden das Futter geben, das biologisch für sie geeignet ist. Wir haben also den Trend erkannt: Die Menschen kümmern sich heute viel mehr um ihre Haustiere als noch vor zehn Jahren. Der Hund ist nicht mehr nur ein Haustier, sondern ein Familienmitglied, und es sollte ihm gut gehen, er sollte so gesund sein, wie man es sich wünscht. Gleichzeitig braucht er aber auch einen gewissen Komfort, denn sonst muss man das Futter für den Hund ständig selbst kochen ...
Haben Sie selbst einen Hund? War er der Ausgangspunkt für die Idee?
Nein, ich bin erst nach Voff zum Tierhalter geworden. Die Idee ist entstanden, weil wir uns viele Zahlen und Trends angeschaut haben. So haben wir schließlich diese Nische gefunden, eine sehr kleine Nische innerhalb der Tiernahrungsbranche, die gleichzeitig die am schnellsten wachsende war. Und es gab keinen klaren europäischen Marktführer.
Wir fanden ein Unternehmen, das diese Art von Futter herstellte. Wir fanden ein weiteres Unternehmen, das sich sehr gut mit Internetmarketing, Verkauf und Vertriebsmodellen für Lebensmittel auskannte. Wir brachten diese Komponenten zusammen und es entstand ein sehr starkes Unternehmen, das insgesamt bessere Produkte anbietet und viel effizienter ist als alle anderen.
Und der Hauptsitz eines solchen Unternehmens ist in Schweden?
Normalerweise haben wir einen schwedischen Hauptsitz, aber um eine europäische Führungsposition aufzubauen, muss man in fast jedem Land vertreten sein. Oder zumindest in den grossen europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich.
Und Voff ist in genau diesen Ländern zum Marktführer geworden?
Es wurde der europäische Marktführer in dieser Nische.
Ashkan Pouya, geboren am 21. August 1976 in Teheran, Iran, gehört in Schweden zu den wohl bekanntesten Unternehmern und Investoren. Im Alter von zehn Jahren kam er als Flüchtling nach Schweden. Pouya ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von Systematic Growth, einem Unternehmen, das sich auf den Aufbau marktführender Unternehmensgruppen spezialisiert hat. Zuvor war er Mitbegründer der «Serendipity-Gruppe». Bis heute hat er laut eigenen Angaben Unternehmen mit einem Gesamtwert von ungefähr 20 Milliarden SEK aufgebaut.
Von jetzt an würde ich gerne über Investitionen sprechen. Denn wer wie Sie Unternehmen gründet oder fusioniert, braucht den Anschluss an Investoren und Fonds. War das anfangs schwierig?
Als wir Systematic Growth gründeten, hatte ich bereits einige Unternehmen aufgebaut und verkauft. Ich hatte also mein eigenes Kapital und ein sehr gutes Netzwerk von anderen Kapitaleignern, die mit mir zusammenarbeiten konnten.
Sind die Investoren in Schweden besonders offen für solche Projekte?
Wenn man sich die Konzentration von privatem Beteiligungskapital im Verhältnis zur Bevölkerung ansieht, ist Schweden ein sehr, sehr grosser Akteur im Bereich privates Beteiligungskapital. Ausserdem gibt es in Schweden eine grosse Konzentration von Small-Cap-Fonds. Sie haben also auch eine ganz andere Möglichkeit, Unternehmen an die Börse zu bringen.
Sie sind auch auf dem DACH-Markt aktiv ...
Wir haben dort ein Büro eingerichtet. Wir sind sehr positiv gestimmt, was die Erweiterung des DACH-Marktes angeht. Und je mehr wir vor Ort sind, desto einfacher ist es, dort zu arbeiten und zu wachsen.
Warum konzentrieren Sie sich so sehr auf Europa und weniger auf andere Teile der Welt?
Nordeuropa ist ein ziemlich guter, zuverlässiger Markt. Und die Unternehmen sind gute Unternehmen. Die Spielregeln sind nicht so kompliziert. Südostasien und Lateinamerika sind ganz andere Märkte.
Ein Problem, das in Europa auftauchen könnte, ist jedoch die künstliche Intelligenz. Sie wird enorme Auswirkungen auf viele Unternehmen haben, zum Beispiel in Bezug auf die Rechnerkapazität.
Was meinen Sie mit Rechnerkapazität?
Wenn Sie zum Beispiel einen KI-Agenten entwickeln wollen, könnte dieser auf einem US-Server laufen. Diese Infrastruktur wird in den USA und China sehr aggressiv aufgebaut, in Europa jedoch nicht. Die Frage ist also, welche Auswirkungen dies auf die europäische Wirtschaft insgesamt haben wird. Ich weiss es nicht, aber es beunruhigt mich ein wenig. Niemand will in einen Kontinent investieren, der hinterherhinkt.
Wie könnte Europa bei dieser Entwicklung nicht den Anschluss verlieren?
Durch staatliche Hilfen und einen allgemeinen Anreiz, nicht zurückzubleiben.
In Schweden ist der Staat ohnehin sehr eng mit der Wirtschaft verbunden. Ist es für Investitionen oder Start-ups hilfreich, wenn sie eine so enge Verbindung zum Staat haben?
Ich habe den Eindruck, die Menschen ausserhalb von Schweden sehen den Staat ganz anders, als er tatsächlich ist. Schweden ist ein sehr marktwirtschaftliches Land, in dem es fast keine staatlichen Eingriffe gibt. Ich würde sagen, dass es in den USA eine engere Zusammenarbeit zwischen der Regierung und der Industrie gibt als in Schweden.
In den USA gilt dies zum Beispiel für grosse Rüstungsunternehmen und im Silicon Valley für viele Technologieunternehmen. In Schweden gibt es praktisch keine, mit Ausnahme einiger weniger Schlüsselindustrien wie der Alkoholindustrie. Ansonsten ist Schweden eine sehr freie Marktwirtschaft und hat es geschafft, mit der Zeit Schritt zu halten.
Wie sehen Sie den Schweizer Markt?
Ich denke, was jeder am Schweizer Markt schätzt, ist die Tatsache, dass er sehr starr ist. Es gibt keine Gesetze, die sich ständig ändern.
Sie haben vorhin gesagt, dass Sie immer auf der Suche nach Nischen sind. Nach welcher Nische suchen Sie im Moment?
Ich bin fasziniert von der künstlichen Intelligenz und davon, wie sie sich auf jede Branche auswirkt. Ein weiterer Punkt ist die Tatsache, dass die Bevölkerung in Europa immer älter wird. Was mich dabei interessiert, ist die Zugänglichkeit der Gesellschaft für ältere Menschen.