Wird die Credit Suisse als eigenständige Bank überleben? Stand heute kann das nicht als gesichert angesehen werden. Die Zahlen für das vierte Quartal sind furchtbar, vor allem die Abflüsse im Wealth Management von über 90 Milliarden Franken sind viel schlimmer als befürchtet.
Finanzchef Dixit Joshi versuchte sich in Optimismus: So seien der Bank im Wealth Management und in der Schweiz-Einheit im Januar wieder Gelder zugeflossen – allerdings bisher nur Einlagen, sprich, an diesen Geldern verdient die Bank nichts. Im Gegenteil, die CS zahlt den Kundinnen und Kunden hohe Zinsen, damit diese wieder zurückkommen. Journalisten und Journalistinnen neigen zum Drama, aber man kann mit Fug und Recht sagen, dass sich das Schicksal dieser stolzen Bank in diesem Jahr entscheiden wird: Gelingt Bankchef Ulrich Körner 2023 die Trendwende, kann die CS die Kurve kriegen. Gehen die Mittelabflüsse weiter, sieht es düster aus.
Die Ausschüttung einer Dividende macht keinen Sinn
Immerhin: In Sachen Eigenkapital ist die Bank gut unterwegs. Sie erlaubt sich sogar den Luxus, eine Minidividende auszuzahlen. Was aber letztlich Unfug ist, da die CS gerade erst 4 Milliarden frisches Geld bei den Aktionären und Aktionärinnen eingesammelt und die Bank den zweitgrössten Jahresverlust ihrer Geschichte eingefahren hat.
Neben der Frage der Neugelder ist zentral für die Zukunft der Bank der Erfolg beim Abbau von Bilanzrisiken. Das Konzept, die CS First Boston in eine neue Einheit abzugeben und sie Ex-Verwaltungsrat Michael Klein anzuvertrauen, kann bisher nicht überzeugen.
Klein macht erst mal Kasse und bekommt satte 210 Millionen Dollar für seine Miniboutique, die er im Gegenzug in die CS First Boston (CSFB) einbringen darf. Dagegen ist von dem ominösen Investor, der 500 Millionen in die CSFB investieren wollte, in den offiziellen Mitteilungen keine Rede mehr. Bank-Chef Körner beruhigte in der Telefonkonferenz: Der Investor sei nach wie vor interessiert, es gäbe auch andere. Konkrete Angaben hierzu wären nötig.
2024 soll dann die Einheit an die Börse, aber laut Präsentation soll sie auch danach eine «starke Verbindung» zur CS behalten. Das gibt Anlass zur Befürchtung, dass Klein als Partner und Chef der CS First Boston weitgehend autark von Zürich wird agieren können. Die CS sorgt dennoch für die Refinanzierung des Geschäfts und trägt damit einen grossen Teil des Risikos. Bevor das aber vergütet wird, stecken sich Klein & Co. rund die Hälfte der Erträge als Vergütung ein. Wenn das so kommt, wird das Konstrukt der Credit Suisse noch jede Menge Ärger einbringen.