Herr Deplazes, wie hat sich das Assetmanagementumfeld 2024 verändert?
Zum einen steht und fällt das Assetmanagement mit den Kapitalmärkten. Und die Kapitalmärkte haben sich sehr erfreulich entwickelt. Wir haben in einem Mischportfolio Ergebnisse zwischen 6 und 12 Prozent. Zum anderen ist es wichtig, wie sich die Regulationen entwickeln.
Da möchte ich die Regulation rund um das Thema Nachhaltigkeit hervorheben. Dort haben wir insbesondere in Europa weitere Verschärfungen erfahren, die die Arbeit der Assetmanagementindustrie nicht nur vereinfachen, sondern insbesondere beim Reporting mit zusätzlichen Aufwänden verbinden.
Stören vor allem europäische Regulationen oder jene der Finma?
Die Aufwendungen in Europa sind teilweise von der Rapportierung her enorm gross. Bisher waren wir in der Schweiz zum Glück in dieser Form verschont.
Ginge glaubwürdige Nachhaltigkeit denn auch mit weniger Regularien?
Viele Regulationen aus Europa haben die Bürokratie erhöht – deswegen haben wir aber noch kein bisschen CO₂-Ausstoss reduziert. Ich glaube, darum ist eine prinzipienbasierte Herangehensweise viel wertvoller. Firmen, die ihren CO₂-Ausstoss senken, werden früher oder später an den Kapitalmärkten honoriert, indem ihre Aktien mehr nachgefragt werden.
Also ein sehr neoliberaler Ansatz …
Ökologie muss Hand in Hand mit der Ökonomie gehen. Andernfalls ist es Philanthropie und ideologisch angehaucht. Und das hält einfach nicht lange. Man sah das bei der Gilets-Jaunes-Bewegung in Frankreich: Sobald man die Benzinpreise anheben wollte und dies die Leute direkt betraf, war die ökologische Euphorie rasch verflogen.
Die ZKB, für die Sie auch arbeiten, hat in diesem Jahr eine Philanthropiestiftung aufgebaut …
Der Zweck dieser Stiftung besteht darin, den Kunden und Kundinnen ein effizientes und zielgerichtetes Spenden zu ermöglichen. Das Erzielen einer Rendite steht deshalb nicht im Vordergrund. Eine Pensionskasse hat einen anderen Auftrag. Sie muss nicht primär etwas Gutes tun, sondern sie muss eine optimale Rendite für ihre Versicherten erzielen. Philanthropie hat seine Daseinsberechtigung, definitiv. Aber wenn der philanthropische Gedanke sich mit der Altersvorsorge mischt, dann kommt es meistens nicht gut.
Lassen Sie uns auf das Marktumfeld schauen. Die US-Wahlen gaben zu reden. Haben Sie als Amas-Präsident darauf reagiert?
Nein, bisher nicht. Es gilt, das Assetmanagement zu unterscheiden von dem, was mit dem Kapitalmarkt rund und um die Entscheidung passiert, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA wird. Denn darunter hat der Schweizer Aktienmarkt ein bisschen gelitten, weil der Swiss Market Index eher defensiv und relativ Healthcare-lastig ist.
Aber wir glauben nicht daran, dass vonseiten der USA wesentliche Repressionen drohen, die es massgeblich erschweren, unsere AM-Dienstleistungen anzubieten.
Es war ohnehin ein politisch turbulentes Jahr: BVG-Abstimmung, US-Wahl, deutsche Regierungskrise. Wie reagieren Sie als Assetmanager denn auf so was?
Wir suchen Firmen und Länder, die erfolgreich agieren, im Wettbewerb bestehen und Gewinne generieren können. Dass immer mehr deutsche Firmen Schwierigkeiten haben, im Wettbewerb mitzuhalten, macht mir Sorgen.
Vor allem westliche Länder wie Deutschland haben gerade mit wirtschaftlich rückläufigen Konjunkturen zu kämpfen, während östliche Regime wie China erstarken. Gibt es dieses West-Ost-Denken auch im Assetmanagement?
Nein, das kann man so nicht sagen. Und ich muss sagen: Die Schweiz ist nach wie vor ein sehr attraktiver Standort. Wir haben eine politische Stabilität, wir haben eine hohe Lebensqualität, wir haben ein Steuerregime, welches für Unternehmungen attraktiv und welches wettbewerbsfähig ist. Darum glaube ich, dass wir als Schweiz gute Chancen haben, noch mehr Assetmanager in die Schweiz zu locken.
Welche Sektoren sehen Sie zurzeit global im Trend?
Man sah nach der Wahl von Donald Trump, welche Sektoren an der Börse positiv reagierten. Es betraf den Technologiebereich, unter anderem die Chipproduzenten. Das hat mit der erwarteten Politik von Donald Trump zu tun, allen voran mit den Zöllen, die er einführen will. Und das hat natürlich dazu geführt, dass Firmen aus Ländern mit starkem Anteil ihres Exports in die USA besonders gelitten haben.
Raten Sie Assetmanagern, die im kleinen Bereich tätig sind, den Fokus eher auf Europa als auf die USA zu legen?
Ich würde es anders formulieren. Ich würde sagen, ein Assetmanager muss sich gut überlegen, wann er ins Ausland geht. Die Fakten zeigen, dass in einem Land meistens die verwalteten Vermögen zu 70 bis 90 Prozent von lokalen Managern bewirtschaftet werden. In der Schweiz liegt diese Zahl bei 80 Prozent, in Frankreich sogar bei 86 Prozent, in Italien bei 75 Prozent. Das zeigt, dass man im lokalen Markt erfolgreich sein muss, bevor man international tätig sein will. Darum rate ich jedem kleineren Assetmanager, zuerst einmal den Fokus darauf zu legen, in seinem Heimmarkt zu den Besten zu gehören.
Lässt sich sagen, dass die Expansion nochmals schwieriger geworden ist dieses Jahr?
Wir beobachten, dass verschiedenste Länder innerhalb von Europa weniger Hemmungen haben, Barrieren für ausländische Finanzprodukte aufzubauen. Dass man vielleicht mit kleinen Steuerbevorteilungen für lokale Anlageprodukte einen Wettbewerbsvorteil für die lokalen Anbieter schafft. Das ist eine Tendenz, die man in den letzten Jahren sieht und die dem widerspricht, was wir ursprünglich mit der Globalisierung erwartet haben: eine einheitliche Regulierung ohne Barrieren, die es erlaubt, Dienstleistungen und Produkte in der ganzen Welt anzubieten.
Ist das auch in der Schweiz der Fall?
Eine Heimatschutzregulation sehe ich hier in der Schweiz nicht. Im Gegenteil. Auch ausländische Assetmanager können ihre Dienstleistungen in der Schweiz produzieren und vertreiben. Das ist auch notwendig, damit wir als Schweizer AM-Industrie wirklich wettbewerbsfähig sein und mit der internationalen Konkurrenz Schritt halten können. Das erhöht auch unsere Fitness.
Um in der Schweiz zu bleiben: Besteht im Assetmanagement seit der CS-Übernahme ein Klumpenrisiko?
Die neue UBS hat einen Marktanteil von 36 Prozent am Schweizer Fondsmarkt. Das ist schon sehr viel. In gewissen Bereichen, namentlich bei den Schweizer Immobilienfonds, hat die neue UBS einen Marktanteil von 49 Prozent.
Es gab von der Wettbewerbskommission und auch unsererseits keine Intervention. Das ist nun eine Rahmenbedingung, die wir in der Schweiz haben. Ich bin überzeugt, dass man in der Schweiz auch mit einem grossen Player im Wettbewerb durchaus bestehen kann. Und das betrifft ebenso die kleineren Anbieter, die eher in Nischen positioniert sind.