Böse Zungen behaupten, Martina Honegger-Romahns Job sei es, die «Schnecken zu hüten». Denn sie managt mit ihrem Team ein Portfolio von Schweizer Anleihen. Sie gelten als relativ sicher, kaum volatil und alles andere als spektakulär. «Auf der Aktienseite sucht man immer die Chancen», erklärt Martina Honegger-Romahn, «aber im Bereich Fixed Income suchen wir das Risiko, das es gilt zu vermeiden», sagt die studierte Volkswirtschafterin. Der Anleihenmarkt sei eigentlich sogar viel interessanter als der Aktienmarkt, denn eine Anleihe habe mehr Komponenten und sie zu bewerten, erfordere viel mehr Dimensionen, erklärt die Analystin.
Und sie muss es wissen, denn ihre Anfänge waren bei den Aktienportfolios der UBS. Davor hat sie in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main Wirtschaftswissenschaften studiert. «Ich wollte aber nach dem Studium unbedingt im Ausland arbeiten und hatte jede Woche eine andere Idee, wo ich hingehen könnte», erinnert sie sich. Ihren Vater habe das schier wahnsinnig gemacht, und als dann der Entscheid auf die Schweiz fiel, war er sehr erleichtert, dass er künftig nicht bis nach Hongkong oder New York reisen musste, um seine Tochter zu besuchen!
«Eigentlich bin ich nur für ein einjähriges Praktikum zur UBS in die Schweiz gegangen», erzählt sie. Dabei habe sie viele verschiedene Abteilungen kennengelernt und schon einiges an Verantwortung getragen. Als die L-Bewilligung dann drohte abzulaufen, hat sich ein Vorgesetzter für sie starkgemacht und ihr eine Stelle im Portfoliomanagement freigehalten. So wurden aus dem Praktikum mehr als sechs Jahre, bevor sie vom Paradeplatz in den Bleicherweg zur Bank Vontobel wechselte und damit auch von der Aktien- auf die globale Anleihenseite. Die nächste Station war die VP Bank und danach ging sie zur Allianz Global Investors, wo sie heute als Lead Portfolio Manager mit ihrem Team für die Versicherungsgelder der Allianz Suisse in Höhe von 11,5 Milliarden Franken verantwortlich ist.
«Es ist eigentlich egal, ob es 1 Million oder 11 Milliarden sind – die Verantwortung ist die gleiche und die nehme ich ernst – es ist ja nicht mein eigenes Geld», sagt sie. Aber die Verantwortung dürfe auf keinen Fall zur Belastung werden. «Ich lasse die Verantwortung im Büro, daher kann ich auch in turbulenten Zeiten gut schlafen, was ein Glück ist, denn wenn ich schlecht schlafe, laufe ich Gefahr, auch schlechte Entscheidungen zu treffen», sagt Martina Honegger-Romahn, die ein Team von drei Mitarbeitern und einem Werkstudenten leitet – alle männlichen Geschlechts. Frauen sind rar in diesem Metier.
«Es gab Zeiten, da waren deutlich mehr Frauen im Portfoliomanagement», erinnert sie sich. Doch seien viele im Verlauf der Jahre von der Bildfläche der Arbeitswelt verschwunden, und es rücken keine nach. Sie selbst habe erst nach langem Suchen eine qualifizierte Werkstudentin gefunden. Martina Honegger-Romahn vermutet, dass junge Frauen völlig falsche Vorstellungen davon haben, was eine Portfoliomanagerin eigentlich macht. «Es gibt halt auch immer noch zu wenig Role-Models», sagt sie. An der Uni wollten die meisten Frauen damals schon ins Marketing oder ins HR – aber nicht ins Finance. «Weil kaum jemand weiss, dass die Analyse der Finanzmärkte und -instrumente sehr breit gefächert ist und wie kreativ die Arbeit sein kann», erklärt sie.
Für sie persönlich aber offenbar noch nicht kreativ genug. Denn erst in ihrer Freizeit lässt sie ihrer Kreativität so richtig freien Lauf – und zwar jedes Mal, wenn sie den Pinsel über die Leinwand führt. «Jedes Kind malt, wann habt ihr denn damit aufgehört?», antwortet sie gerne auf die Frage, wann sie mit der Ölmalerei angefangen habe. Dabei pinselt sie nicht einfach Freestyle etwas zusammen, die Portfoliomanagerin ist sieben Jahre einmal die Woche zur Migros Klubschule gegangen, um die Techniken des Malens mit Öl zu lernen. Heute hat sie mit ihren Bildern schon eigene Ausstellungen in Zürich und einmal sogar in London gemacht. «Was mir an der Kunst so gefällt ist, dass es keine schlechten Bilder gibt, sondern nur unterschiedliche Betrachtungsweisen», sagt die Künstlerin.
Funktion: Lead Portfolio Manager
Jahrgang: 1968
Familie: verheiratet
Ausbildung: Diplom-Volkswirtin Goethe-Universität Frankfurt, Chartered Financial Analyst
Karriere: Seit 2015 Portfoliomanagerin bei Allianz Global Investors (Schweiz) AG. Davor war sie für die VP Bank und Vontobel Asset Management in Zürich tätig. Sie begann ihre Karriere als Aktienanalystin und Portfoliomanagerin bei der UBS in Zürich und London.
Unternehmen: Allianz Global Investors ist ein führender aktiver Vermögensverwalter, der weltweit per 31. Dezember 2023 533 Milliarden Euro an Vermögenswerten für Privatpersonen, Familien und Institutionen verwaltet. Ziel ist es, durch aktives und langfristiges Investieren das Anlageerlebnis für die Kunden zu verbessern und bei jedem Schritt Wert zu schaffen.
Persönliches Motto: «Wer nicht neugierig ist, erfährt nichts.» (Goethe)