Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagenzins, den Banken für bei der Notenbank geparktes Geld erhalten, fällt um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent. Damit reagiert die Notenbank auf die abflauende Inflation im Euroraum.
Der Zinssatz, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen können, sinkt ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent, wie die EZB nach einer auswärtigen Sitzung in Slowenien mitteilte. Es ist das dritte Mal, dass die Notenbank in diesem Jahr die Zinsen senkt.
Hinweise auf weitere Zinsschritte im Jahresverlauf vermied die EZB. Man werde weiter datenabhängig entscheiden, hiess es.
Kredite für Hausbau könnten günstiger werden
Sinkende Leitzinsen stützen zeitverzögert die Konjunktur und sind daher eine gute Nachricht für die schwache deutsche Wirtschaft. Unternehmen können bei günstigeren Krediten leichter investieren und Konsumenten sich billiger verschulden – etwa beim Hausbau. Sparer hingegen müssen mit niedrigeren Zinsen bei ihrer Bank rechnen und geringere Renditen etwa bei Lebensversicherungen in Kauf nehmen.
Mit der Zinssenkung habe die EZB den Konjunktursorgen im Euroraum stärker Rechnung getragen, sagte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Er warnte umgehend vor Illusionen: «Leitzinssenkungen werden die hartnäckige, weil strukturelle Wachstumsschwäche nicht beseitigen. Stattdessen braucht gerade Deutschland entschlossene wirtschaftspolitische Weichenstellungen», sagte er.
Erfolge im Kampf gegen die Inflation
Ökonomen hatten die Zinssenkung der EZB erwartet, denn die Inflation im Euroraum sinkt: Im September fiel die Teuerungsrate dem Statistikamt Eurostat zufolge auf 1,7 Prozent. Das war noch weniger als in einer ersten Schätzung errechnet und deutlich niedriger als im August (2,2 Prozent).
Die Inflation lag damit erstmals seit Mitte 2021 unter der Zielmarke von zwei Prozent, die die EZB mittelfristig im Euroraum anstrebt. Vor allem billigere Energie drückte die Teuerungsrate und sorgte auch in Deutschland für einen deutlichen Rückgang der Inflation.
Zugleich macht die schwache Konjunktur in der Eurozone der EZB Sorgen. Sie erwartet nur ein Mini-Wachstum von 0,8 Prozent im laufenden Jahr – etwas weniger als im Sommer vorhergesagt.
Dabei wirkt die schwache Wirtschaft in Deutschland wie ein Bremsklotz. Erst in den Folgejahren soll sich die Konjunktur im Währungsraum erholen, so die Notenbank.
«Wir können die Wachstumsabschwächung nicht ignorieren», hatte EZB-Direktorin Isabel Schnabel jüngst gesagt. Ein nachhaltiger Rückgang der Inflation zum Ziel von zwei Prozent werde «in angemessener Zeit wahrscheinlicher». Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der sonst eher für einen vorsichtigen Kurs der EZB plädierte, hatte sich zuletzt offen für Diskussionen über eine Zinssenkung gezeigt.
Restrisiken bleiben
Trotz der Fortschritte im Kampf gegen die Inflation sehen Ökonomen die EZB noch nicht am Ziel: Denn die Kerninflation ohne schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel hält sich im Euroraum zäh.
Sie sank im September nur leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 2,7 Prozent. Die EZB erwartet zudem, dass die Inflation zum Jahresende wieder etwas anzieht.
Die Notenbank hatte im Juni die Zinswende eingeleitet und erstmals seit der Inflationswelle die Leitzinsen gesenkt. Im September wurde der Einlagenzins erneut nach unten gesetzt.
Zuvor hatte die EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen erhöht, um die im Zuge des Ukraine-Kriegs hochgeschossene Inflation in den Griff zu bekommen. Ihren Höchststand hatte die Inflation in der Eurozone im Oktober 2022 bei mehr als zehn Prozent erreicht. (awp/mc/ps)