Vor einer zu starken Senkung sollte sie sich jedoch in Acht nehmen, mahnt der Bundesbankpräsident. Da sich die Teuerung im Euroraum weitgehend wie erwartet verlangsame, “sollten sich die Zinsen langsam und in einem angemessenen Tempo dem neutralen Bereich annähern“, sagte er am Mittwoch in Luxemburg. Es gebe keinen Grund, «zu hastig» zu handeln.
«Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich kein nennenswertes Risiko einer Inflationsunterschreitung, das es rechtfertigen würde, dass das Eurosystem in naher Zukunft expansiv tätig wird», sagte Nagel am Mittwoch bei einer Veranstaltung des Euro-Rettungsfonds ESM.
Es wird allgemein erwartet, dass die EZB auf ihrer letzten Sitzung des Jahres in der nächsten Woche eine vierte Zinssenkung um einen Viertelpunkt vornimmt. Einige Anleger setzen sogar auf einen grösseren Schritt — angesichts einer Inflation nahe dem Zielwert von 2% und einer Wirtschaft, die mit Wachstumsproblemen zu kämpfen hat.
Der neutrale Bereich, der die Wirtschaft weder stimuliert noch einschränkt, sei «schwer zu bestimmen», so Nagel. «Diese Unsicherheit ist meiner Meinung nach ein weiteres Argument für einen vorsichtigen und schrittweisen Ansatz», sagte er weiter.
Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte vergangene Woche im Bloomberg-Interview vor einer zu starken Senkung der Zinsen gewarnt, um zu vermeiden, dass sie unter das neutrale Niveau sinken. Dies könnte wertvollen geldpolitischen Spielraum vergeuden, so Schnabel.
Nagel habe im Moment «nichts dagegen einzuwenden», wenn die Leitzinsen auf der Sitzung am 11. und 12. Dezember weiter gesenkt würden. Er wolle jedoch noch weitere Informationen.
«Ich behalte mir mein endgültiges Urteil vor, bis ich die neuen makroökonomischen Projektionen für Dezember geprüft und mir eine Meinung über die Risiken im Zusammenhang unseren Grundannahmen gebildet habe», sagte er. (bloomberg/hzb/ps)