Der Austritt der US-Notenbank aus der globalen Zentralbank-Klima-Initiative NGFS kurz vor dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump wirft den Kampf für eine grünere Geldpolitik zurück. Als Grund für ihr Ausscheiden hatte die US-Zentralbank Fed angeführt, dass der zunehmend erweiterte Aufgabenbereich der Initiative ausserhalb ihres Mandats liege. Das 2017 ins Leben gerufene internationale Gremium hat bisher hauptsächlich Berichte und Szenarien zum Klimawandel erstellt. Diese werden von Notenbanken genutzt, wenn sie die daraus entstehenden Risiken für die Wirtschaft und den Finanzsektor abschätzen. Der Austritt gilt als Zeichen eines heraufziehenden neuen politischen Klimas in den USA unter Trump, das weniger unweltfreundlich ist.
«Die finanziellen Folgen des Klimawandels nehmen zu – und die wichtigste Zentralbank gibt dem sich ändernden politischen Wind nach», sagt etwa Guntram Wolff, Wirtschaftsprofessor an der Solvay Brussels School der Université libre de Bruxelles. Sabine Mauderer, Bundesbank-Vizepräsidentin und Vorsitzende des NGFS erklärte, da der Klimawandel voranschreite, erwarte sie, dass das NGFS weiter wachse. «Wir sind offen für Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, die Klimarisiken verstehen und adressieren wollen. Auch ausgeschiedene Mitglieder sind willkommen», merkte sie an. Laut NGFS sass die Fed nicht im Lenkungsausschuss der Initiative.
Wie verhält sich die EZB?
Mit dem Fed-Austritt richten sich die Scheinwerfer jetzt auf die Europäische Zentralbank (EZB) als grösstes und einflussreichstes Mitglied der Initiative, an die sich inzwischen 143 Notenbanken und Aufsichtsbehörden angeschlossen haben. Unter ihrer Präsidentin Christine Lagarde hat die EZB den Kampf gegen den Klimawandel stärker in ihre Geldpolitik aufgenommen - etwa, als sie kurzzeitig bei Firmenanleihekäufen des früheren grossen Kaufprogramms APP auch Klimagesichtspunkte berücksichtigte. Und in ihrer Arbeit als oberste Bankenaufsichtsbehörde für die Euro-Zone werden inzwischen die finanziellen Klimarisiken für die Institute adressiert.
Es gebe keinen logischen Grund dafür, dass die EZB jetzt zurückrudere, meint etwa James Vaccaro, Leiter des Climate Safe Lending Network und Chef der nachhaltigen Unternehmensberatung Re:Pattern. «Das Management von Klimarisiken ist gut für die europäische Wirtschaft und für die Finanzstabilität.» Bisher hatten die Massnahmen der EZB allerdings nur minimale Auswirkungen auf die Zinsen und Kreditkosten im Euroraum - die wichtigsten geldpolitischen Stellschrauben einer Notenbank. So ergab eine EZB-Studie, dass die umweltschädlichsten Unternehmen zwischen 2018 und 2022 einen Zinssatz zahlten, der nur 0,14 Prozentpunkte höher lag als bei den umweltfreundlichsten Firmen.
Klimaaktivisten und Umweltschützer fordern schon seit langem von der EZB einen stärkeren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels. Greenpeace hatte unter anderem gefordert, dass die EZB aktiv Anleihenbestände grosser Klimasünder wie TotalEnergies verkaufe. Die EZB-Direktoren Frank Elderson und Isabel Schnabel hatten in der Vergangenheit wiederholt Vorschläge für eine grünere Ausrichtung der Geldpolitik gemacht. Doch diese lösten nicht bei sämtlichen Währungshütern Beifallsstürme aus. So hatte Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch beispielsweise darauf hingewiesen, dass es Aufgabe der Regierungen sei, den Klimawandel zu bekämpfen. Die EZB solle nicht Fehler der anderen zu korrigieren versuchen.
In einem vom EU-Parlament 2023 an eine Gruppe von Wissenschaftlern in Auftrag gegebenen Bericht wurde festgestellt, dass die EZB nur eine «begrenzte Rolle» im Kampf gegen den Klimawandel spielen könne. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass eine Unterstützung des grünen Wandels mit der Hauptaufgabe der EZB, die Inflation zu kontrollieren, kollidieren könne. Einige dieser Bedenken spiegeln sich auch in einem Berichtsentwurf des Wirtschafts- und Währungsausschusses (ECON) des EU-Parlaments wider, der die EZB überwacht. Dieser wurde letzte Woche genehmigt. Darin begrüssten die Abgeordneten zwar den klimafokussierten Stresstest der EZB für Banken. Sie forderten die EZB aber auch auf, bei der Geldpolitik «so unpolitisch wie möglich» zu bleiben.
Druck auf die Notenbanken?
Die Entscheidung der Fed zum Austritt könnte nun einige europäische Regierungen ermutigen, einen Schritt weiter zu gehen und Druck auf ihre eigenen Zentralbanken auszuüben, damit sie aus dem NGFS austreten, meint etwa Stanislas Jourdan, Forscher für die Denkfabrik Sustainable Finance Lab. Seiner Ansicht nach besteht eine Lösung darin, über die Sorge um Risiken hinauszugehen und zu zeigen, dass Zentralbanken wirklich etwas bewegen könnten, indem sie beispielsweise den Banken niedrigere Zinssätze in Rechnung stellen, wenn sie grüne Projekte finanzieren. Doch dafür benötige die EZB politische Unterstützung, warnte er. (Reuters/hzb/pg)