«Frauen sind selbstbewusster geworden»

Ulrike Kaiser-Boeing kann sich noch gut daran erinnern, wie es Ende der 1990er-Jahre war, als sie als Analystin für Lombard Odier bei den Analystenkonferenzen mit mehr als hundert Teilnehmenden die einzige Frau im Saal war. Wodurch sie sich allerdings nicht einschüchtern liess. Stattdessen hat sie sich eher auf die Vorteile der Minderheitenrolle besonnen: «Die Kunden haben sich besser an mich erinnern können als an meine männlichen Kollegen», sagt sie und lacht. Auch wenn die ungleiche Geschlechterverteilung der früheren Dekaden sie persönlich in ihrer Karriere nicht behindert hat, ist sie doch sehr froh darüber, dass sich die Rahmenbedingungen spürbar verändert haben.
 
Was man auch an der Besetzung des Boards der CFA Society Switzerland ablesen kann. Ulrike Kaiser-Boeing trat 2003 in den 1996 gegründeten Verband ein und baute in den folgenden Jahren die lokale Vertretung in der Schweiz mit auf. Dem Board gehörte sie mit einer zweijährigen Unterbrechung von 2005 bis 2022 an, zu Beginn waren in diesem Gremium nur wenige Frauen, mittlerweile ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. «Frauen sind heute überall vertreten, und sie sind dadurch auch viel selbstbewusster geworden. Man hört ihnen heute viel mehr zu», resümiert die Schweizer Länderchefin des belgischen Vermögensverwalters DPAM. Unter ihrer Ägide wuchs das verwaltete Kapital von DPAM in den sechs Jahren auch in der Schweiz deutlich an und liegt DPAM-weit aktuell bei rund 50 Milliarden Euro.
 
Die Anfangszeit in dem eher traditionellen belgischen Haus ist ihr noch sehr präsent. «Die Arbeitsweise der Belgier ist tatsächlich etwas anders», sagt sie. Bei DPAM lege man äusserst grossen Wert auf einen guten und professionell aufgezogenen institutionellen Anlageprozess, bei dem auch das Thema Nachhaltigkeit von vornherein miteinbezogen wird. «Der pragmatische Ansatz, mit dem der Nachhaltigkeitsansatz bei DPAM konsequent umgesetzt wird, hat mich beeindruckt», sagt Ulrike Kaiser-Boeing, die vor ihrer Anstellung bei DPAM zunächst als Senior Relationship Manager und später Leiterin des Schweizer Marktes bei Dexia Asset Management die Karriereleiter hochgestiegen ist.
 
Die Geschäfte leitet die gebürtige Deutsche von Genf aus und ist so in all ihren beruflichen Stationen der Region Genfersee treu geblieben. Dort ist die Managerin, die schon im Gymnasium fliessend Französisch sprach und später noch ein Auslandsemester in Paris verbracht hat, nach dem Studium aus privaten Gründen gelandet. Sie zog gleich nach dem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre von Deutschland in die französische Schweiz, wo sie mitsamt ihrem Mann und den zwei nun erwachsenen Töchtern seit über dreissig Jahren heimisch geworden ist. Vor allem die Nähe zum See möchte sie nie mehr missen. Seit nunmehr über 15 Jahren hat sie das Rudern als Lieblingssport für sich entdeckt und ist mindestens einmal pro Woche auf dem See anzutreffen, bei Wind und Wetter. Rudern sei die ideale Kombination aus Kraft und Technik, und das alles immer an der frischen Luft. Das halte sie körperlich fit und gebe ihr stets einen guten Ausgleich zum Bürojob, sagt sie.