Einige der weltweit grössten Banken haben damit begonnen, bei der Kreditvergabe in diesem Bereich die CO₂-Emissionen der Gebäude unter die Lupe zu nehmen. Auch die voraussichtlichen Kosten für Modernisierungen, die zur Einhaltung neuer Umweltvorschriften erforderlich sind, rücken in den Fokus.
Die Europäische Union hat gerade die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) verabschiedet, die Teil einer wachsenden Reihe von Netto-Null-Regelungen ist. Und die grossen Kreditinstitute, die als too big to fail gelten, beginnen zu reagieren. Beispiel BNP Paribas: Die grösste Bank der Europäischen Union will die Emissionsintensität ihres Gewerbeimmobilienportfolios bis 2030 um bis zu 41% senken. Banco Santander, Barclays, ING und NatWest haben ähnliche Massnahmen ergriffen oder erwägen sie.
In den Kreditbüchern der Banken sind die CRE-Portfolios bereits durch gestiegene Zinsen und Leerstände im Zuge der Pandemie in Mitleidenschaft gezogen worden. Ältere Immobilien, die dringend Investitionen benötigen, um neue grüne Auflagen zu erfüllen, bereiten ihnen nun zusätzliche Kopfschmerzen.
Der ESG-Daten- und Benchmarking-Anbieter GRESB hat unlängst begonnen, sich mit Bankern zu treffen, die sich mit den neuen Umweltauflagen für Gebäude befassen wollen. «Die Signale der Regulierungsbehörden sind klar», sagt Chief Product Officer Roxana Isaiu.
Jahrelanger Prozess
Die Einführung der EPBD durch die EU wird sich wahrscheinlich über mehrere Jahre hinziehen. Bereits klar ist jedoch, dass Gebäude, die nicht den neuen Standards entsprechen, zu Stranded Assets werden könnten, die nicht mehr verkauft oder vermietet werden können. Die EU schätzt, dass etwa 85% der Gebäude in der Region vor 2000 gebaut wurden. 75% dieses Bestands weist demnach eine «schlechte Energieeffizienz» auf.
Die Kosten für die Modernisierung von Gewerbeimmobilien, um neue Umweltvorschriften zu erfüllen, stiegen indessen ständig, sagt Sven Bienert, Projektleiter beim Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM), der den Immobiliensektor bei der Reduzierung von Emissionen unterstützt. «Viele Banken haben noch nicht erkannt, dass der Sicherungswert ihrer Kredite sinken könnte.» Für die Kreditinstitute sei dies ein «erhebliches Risiko für ihre Bilanzen».
Europäische Initiativen kommen langsamer voran als geplant
Die Risiken variieren von Land zu Land. In den Niederlanden ist das Energieeffizienz-Niveau bei Gewerbeimmobilien laut Isaiu höher als in den meisten anderen Ländern. Selbst dort allerdings erfülle ein Drittel nicht die Energieeffizienzklasse C, die seit Anfang 2023 als Mindestanforderung gilt. Die europäischen Initiativen zur Lösung des Problems kämen derweil «viel langsamer voran, als man erwartet hätte», so Isaiu.
Einige Banken scheinen damit zu beginnen, synthetische Verbriefungen zu nutzen, um sich vor den Risiken zu schützen, die in ihren Kreditportfolios in Bezug auf ihre Kapitalkosten im Zusammenhang mit Immobilienkrediten schlummern.
Im Vergleich zum Private-Equity-Bereich und Investoren aus dem Private-Credit-Segment haben Banken häufig weniger Zugriff auf relevante Daten zur Energieeffizienz ihrer Gewerbeimmobilienportfolios, was ihnen die Steuerung derartiger Risiken erschwert.
Die Fähigkeit des Gewerbeimmobilien-Sektors, mit dem geplanten Übergang zu einer CO₂-ärmeren Wirtschaft Schritt zu halten, sei «in hohem Masse abhängig» von der Nachrüstung des bestehenden Gebäudebestands, erklärte BNP auf Anfrage. Für die rund 80% der bestehenden Gebäude, die im Jahr 2050 noch existieren werden, müsse es eine «deutliche Beschleunigung der Renovierungen» geben, so die Bank.
Klimawandel künftig als «Entscheidungskriterium»
Das hat Auswirkungen auf die Art der Kredite, die BNP vergeben will, und auf die Art des Anleihen-Underwriting, das die Bank übernimmt. So soll bei den Originations Desks der Klimawandel künftig als «Entscheidungskriterium» berücksichtigt werden, bevor Kredite für Gewerbeimmobilien vergeben werden. BNP ist bereits der weltgrösste Emittent grüner Anleihen. Der Anteil der Bank an der Finanzierung grüner Vermögenswerte soll noch weiter erhöht werden.
Santander hat im vergangenen Jahr damit begonnen, das Emissionsrisiko ihrer Gewerbeimmobilien zu analysieren. Noch ist Spaniens grösste Bank laut einem Sprecher dabei, herauszufinden, wie sie das Portfolio dekarbonisieren könnte.
In Grossbritannien strebt Barclays auf Sicht bis 2030 nun eine Reduzierung der Emissionsintensität im Gewerbeimmobilienportfolio des Heimatmarktes um 51% an. Ein Sprecher der Bank sagte, Barclays arbeite eng mit Kunden zusammen, um die mit finanzierten Emissionen verbundenen Risiken anzugehen. Die Lage erfordere indessen eine «systemische Änderung» der Richtlinien, und diese lägen oft ausserhalb der Kontrolle von Barclays. (bloomberg/hzb/ps)