Raiffeisen wurde zur besten Bank für Privatkundinnen und -kunden gewählt – Gratulation dafür! Können Sie sich vorstellen, womit sich die Raiffeisen diesen Platz verdient hat?
Herzlichen Dank – die Auszeichnung freut uns sehr. Sie ist eine schöne Bestätigung für die grosse Arbeit unserer Mitarbeitenden und den eingeschlagenen Kurs, die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden ins Zentrum zu stellen.
Regionale Nähe ist wichtig, aber gleichzeitig werden die digitalen Kanäle auch immer wichtiger. Wie meistern die Raiffeisenbanken diesen Spagat?
Unsere Kundinnen und Kunden möchten heute viele Bankgeschäfte ortsunabhängig und zu jeder Zeit selbst erledigen können, daher wird die Bedeutung der digitalen Kanäle und Lösungen auch in Zukunft weiter zunehmen. Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass physische Beratungen noch immer stark nachgefragt werden. Wer beispielsweise ein Haus kauft, möchte die Finanzierung persönlich mit seiner Beraterin oder seinem Berater besprechen. Darum investieren wir laufend in den Ausbau unserer Kundennähe – sowohl in digitale Lösungen und in die persönliche Beratung als auch in das Zusammenspiel dieser beiden Welten. Bei Raiffeisen wird man sich auch in Zukunft nicht zwischen dem mobilen Banking und der persönlichen Beratung entscheiden müssen.
Die Entwicklung der neuen Raiffeisen-App ist ins Stocken geraten. Wird es einen neuen Anlauf geben?
Unser langfristiges Ziel ist es, alle digitalen Services zentral auf einer App anzubieten. So sollen unsere Kundinnen und Kunden zukünftig neben ihren Bankgeschäften beispielsweise auch ihre Hypothek im Immobiliencockpit verwalten können. Die Raiffeisen-App ist mit eingeschränktem Funktionsumfang seit Herbst 2023 für erste Kundengruppen verfügbar, zusammen mit einem digitalen Onboarding für Neukundinnen und -kunden. Zurzeit verzichten wir jedoch darauf, die App für weitere Kundengruppen zu öffnen, da die Stabilität für so eine grosse Anzahl Nutzerinnen und Nutzer noch nicht ausreichend ist. Raiffeisen verfügt mit der bestehenden E-Banking-App aber über eine gut funktionierende Lösung, die bis auf Weiteres im Einsatz bleibt und die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden gut erfüllt.
«Kundinnen und Kunden haben die Möglichkeit, aus ihrem 3a-Konto direkt zu investieren.»
Heinz Huber
Beim digitalen Angebot landet Raiffeisen insgesamt nur auf Platz 9. Ist Raiffeisen digital genug unterwegs?
Raiffeisen verfügt bereits heute über eine breite Palette an digitalen Dienstleistungen. Unser E-Banking beispielsweise gehört mit rund zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzern und fast einer Million Logins an Spitzentagen zu den schweizweit meistgenutzten Lösungen. Darin ist auch unsere digitale Säule 3a vollständig integriert. Kundinnen und Kunden haben so die Möglichkeit, aus ihrem 3a-Konto direkt zu investieren. Und auch für unsere Firmenkunden bieten wir eine digitale Multibanking-Lösung.
Bleibt Raiffeisen Rio, die digitale Vermögensverwaltung, vorerst bestehen?
Ja, bei Raiffeisen Rio ändert sich vorläufig nichts.
Und wie kommt der Robo-Advisor bislang bei den Kunden an?
Kundenseitig erhalten wir positive Rückmeldungen, aber es gibt noch Wachstumspotenzial. Wir sehen mit dem Angebot die Chance, uns mit einem einfachen, intuitiven digitalen Angebot mit tiefem Einstiegsvolumen bei digital affinen Personen zu differenzieren. Insbesondere die Möglichkeit, dem Portfolio mittels Fokusthemen wie Dividenden, Green Energy oder E-Sports eine persönliche Note zu verleihen, wird geschätzt.
«Künftig wird es ein gesundes Nebeneinander von etablierten Anbietern wie Raiffeisen und Neobanken und Fintechs geben.»
Heinz Huber
Fürchten Sie die Konkurrenz durch die kostengünstigen und agilen Neobanken?
Fintechs und Neobanken haben schon vor einiger Zeit eine digitale und preisaffine Kundengruppe angesprochen. Wenn es aber ans «Eingemachte» geht, sprich um die wesentlichen Fragen und Lebensentscheidungen wie etwa den Entscheid, wie man für sich und seine Familie vorsorgen kann, bevorzugen Kundinnen und Kunden Angebote mit hoher physischer und digitaler Präsenz mit Beraterinnen und Beratern. Hier sind wir als Raiffeisen bestens aufgestellt, um die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zu bedienen. Künftig wird es ein gesundes Nebeneinander von etablierten Anbietern wie Raiffeisen und Neobanken und Fintechs geben. Der Wettbewerb, aber auch Kooperationen zwischen etablierten Finanzinstituten und Fintechs fördern die Innovation, und davon profitieren letztendlich die Kundinnen und Kunden.
Was wird sich für Fondsbesitzer ändern, wenn Raiffeisen ab Mitte 2027 die Vermögensverwaltung ihrer aktiv verwalteten Futura Fonds der Bank Vontobel entzieht und selbst in die Hand nimmt?
Die geplanten Änderungen im Fondsmanagement haben keine Auswirkungen auf unsere Kundinnen und Kunden. Wir werden die Fonds-Angebotspalette aber auch künftig regelmässig einer Review unterziehen, um sicherzustellen, dass wir eine bedürfnisgerechte Palette an Raiffeisen-Fonds zur Verfügung stellen können. Da legen wir grossen Wert darauf.
Wo werden Sie die Manpower für die Fondsverwaltung hernehmen?
In den vergangenen Jahren haben wir viel in unsere Anlagekompetenz investiert. Heute ist Raiffeisen auch eine Anlagebank. Es ist deshalb ein naheliegender und konsequenter Schritt, in Zukunft auch die Vermögensverwaltung der aktiven Futura Fonds selbst wahrzunehmen. Bereits heute nehmen wir die Verwaltung der Hälfte der verwalteten Raiffeisen-Anlagelösungen und -produkte erfolgreich selbst wahr. Der frühzeitige Entscheid ermöglicht eine vorausschauende Planung der benötigten Ressourcen und eine zielgerichtete Umsetzung.
Raiffeisen ist nach wie vor genossenschaftlich organisiert. Ist das noch zeitgemäss, oder ist genau diese dezentrale Organisation ein äusserst modernes Modell für die Zukunft?
Der Genossenschaftsgedanke basiert auf unternehmerischem Denken und setzt auf Mitbestimmung, Nähe, klare Werthaltungen und Nachhaltigkeit. Die Werte sind heute aktueller denn je – insbesondere auch im Bankwesen. Die 218 Raiffeisenbanken sind in der ganzen Schweiz lokal verankert und bieten ihren Kundinnen und Kunden das Know-how und die Lösungen einer grossen Bankengruppe. Das genossenschaftliche Modell bietet den Raiffeisenbanken dabei Sicherheit dank der Gewinnthesaurierung, während regulatorische und thematische Themen gebündelt bei Raiffeisen Schweiz vorangetrieben werden. Das ist schweizweit einzigartig.
Zur Person
Heinz Huber steht seit 2019 an der Spitze der Raiffeisen Schweiz. Vorher war er zwölf Jahre bei der Thurgauer Kantonalbank, wo er seit 2007 Mitglied der Geschäftsleitung war und die Bank dann von 2014 bis 2018 geleitet hat. Begonnen hat seine Laufbahn mit einer Lehre bei der UBS, wo der heute 60-Jährige mehr als 15 Jahre arbeitete, bevor er für einige Jahre zur Credit Suisse wechselte. Der eidgenössisch diplomierte Bankfachmann hat ein Executive MBA der Hochschule Luzern sowie je ein MBA der Universität Bern und der University of Rochester NY/USA. Er absolvierte zudem das Advanced Management Program (AMP) der Harvard Business School, Boston.
Raiffeisen ist die zweitgrösste Bankengruppe im Schweizer Bankenmarkt. Sie zählt über zwei Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter sowie 3,71 Millionen Kundinnen und Kunden. Die Raiffeisen-Gruppe ist an 779 Standorten in der ganzen Schweiz präsent. Die 218 rechtlich eigenständigen und genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken sind Mitglieder in der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft. Die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft hat die strategische Führungs- und Aufsichtsfunktion der gesamten Raiffeisen-Gruppe inne.