Als am 7. November 2016 die erste Fintech Week in Hongkong startete, passten die gemeldeten 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch locker in den grossen PMQ-Konferenzraum in Central, fussläufig von der Anlegestelle der Fähren aus Kowloon erreichbar. Prominent vertreten waren Lufax, die grösste Peer-to-Peer-Lending- und Wealth-Management-Plattform Chinas, mit JD Finance und We Bank zwei sehr innovative Neugründungen von Finanzdienstleistern durch grosse E-Commerce-Firmen sowie die Bitcoin-Exchange BTCC. 

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BTCC hat sich längst aus dem China-Geschäft zurückgezogen, weil Kryptowährungen im Land verboten wurden. Die chinesischen Innovationsvorbilder taugen nichts mehr, weil die Politik ihre Handlungsspielräume massiv beschränkt. Und die Fintech Week ist hinsichtlich Grösse und Bedeutung längst vom Fintech Festival in Singapur (SFF) überrundet worden. Das SFF hatte mit gemeldeten 16’000 Besucherinnen und Besuchern bereits 2016 das viel grössere Startpublikum – und hat diesen Vorsprung seither noch deutlich ausgebaut. Aber auch danach entwickelten sich die beiden Standorte in unterschiedliche Richtungen.

Chinas Gesetze reichen weit

Die Politik spielt eine grosse Rolle in Hongkong, wie an einer Veranstaltung der globalen Anwaltsfirma Eversheds Sutherland deutlich wurde: Alle Aktivitäten von Finanzdienstleistern müssten auf ihr Verhältnis mit dem chinesischen Recht überprüft werden. Zwar gilt in der Stadt das britische Common Law weiterhin – aber China hat «ein robustes Gesetzeswerk zum Schutz seiner internen Angelegenheiten» entwickelt, wie es an einer Präsentation weiter hiess. Man hat zwar eine Ahnung, aber keinen präzisen Überblick darüber, was das für Firmen aus den USA und Europa sowie ihre lokalen Ableger in der Stadt bedeutet. Was an Compliance-Vorschriften nicht präzise abgedeckt wird, wird durch eine weite Auslegung bestehender Gesetze erfasst. Hinzu kommt die exterritoriale Anwendung – sie betrifft auch chinesische Firmen im Ausland. Und gemäss einer Vertreterin einer britischen Grossbank werde es beim Thema Handel und Sanktionen schon heikel, wenn auch nur eine Person, ein Dollar und/oder eine Firma aus Europa oder den USA involviert ist. Es sei deshalb sehr schwierig, die Grenzen der Reichweite Chinas zu bestimmen – und das bringe die ganze Branche in eine schwierige Position.

Szenenwechsel von der Kanzlei in einem Wolkenkratzer im Osten Hongkongs, mit prächtiger Sicht auf das Gelände des ehemaligen Flughafens. Dreissig Kilometer weiter im Westen, unweit des vor 25 Jahren eingeweihten neuen Flughafens, findet die aktuelle Fintech Week statt. Das Asia-Expo-Messegelände ist weitläufig und geräumig genug, um weitere Veranstaltungen zu beherbergen – und tatsächlich strömen viele Besucherinnen und Besucher zu den Freizeit- und Babyartikelmessen, die im gleichen Komplex stattfinden. 

Vier Schweizer mit sichtbarer Präsenz

An der Fintech Week selber sind auch vier schweizerische Firmen präsent: Die Kryptobank Amina (ex Seba), die über eine «kleine» lokale Lizenz verfügt, das Dfinity-Netzwerk, das KI-Trading-Unternehmen Asiot sowie das Firmendatencockpit-Unternehmen Webaccount. Der Augenschein zeigt viel Gelassenheit. Hin und wieder tauchen szenebekannte Gesichter auf, die beispielsweise gerade aus der Schweiz heraus mit der Gründung eines ersten Stablecoins auf Euro-Basis beschäftigt sind. Grosso modo ist das Treiben aber in der Krypto-Startup-Halle ruhig, deutlich entspannter als in der gegenüberliegenden Halle mit den Grossbanken und -firmen sowie den vielen Mitarbeitenden von Finanzdienstleistern, die Gratistickets bekommen haben. 

Wobei: Auch hier sind vor allem die lokalen Finanzdienstleister vertreten. Von den grossen US-Banken ist lediglich die Citibank da. Ebenfalls prominent: DBS aus Singapur, immer wieder als führende digitalisierende Grossbank und Vorbild für viele europäische und schweizerische Institute. Hongkong hat für diese Banken aber nicht (mehr) den Stellenwert wie noch vor wenigen Jahren – zumal das «Gateway nach China» durch Verbote und Einschränkungen in den vergangenen Jahren deutlich unattraktiver geworden ist. 

Und nächste Woche dann in Singapur

Das soll sich ändern, versprechen Vertreter der Hongkonger Finanzmarktaufsicht. Beispiel Kryptoassets: Hier weiss man um den Rückstand gegenüber den führenden europäischen Märkten wie der Schweiz. Für drei Firmen hat man bereits Bewilligungen erteilt, vierzig weitere interessieren sich für Lizenzen, und man verspricht, den Stau der hängigen Gesuche bis Jahresende etwas abzubauen.

Ob das genügt, um den Rückstand aufzuholen, ist offen. «Wir sehen uns ja nächste Woche in Singapur am Fintech Festival», lautete der verbreitete Abschiedsgruss an der Fintech Week. Die Menschenmassen sind dabei kein Problem, denn der gut platzierte und von weitem sichtbare Schweizer Pavillon eignet sich gut als Treffpunkt – und guten Kaffee gibt es zur Not bei den netten Kanadiern nebenan.  

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