Herr Schmid, wie kam es dazu, dass Sie CEO der Schaffhauser Kantonalbank wurden?

Ich habe das Banking von der Pike auf gelernt. Ich war Lernender bei der Zürcher Kantonalbank, in der Unternehmensberatung und rund 20 Jahre im Credit Suisse Konzern tätig. Das traditionelle Banking kenne ich also sehr gut. Und ich kenne den Technologiebereich sehr gut. Während meiner Zeit im CS Konzern war ich fünf Jahre CEO eines IT KMU.  

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Meine Kompetenz liegt sicher darin, diese Technologie-Kenntnisse mit dem traditionellen Banking zu verknüpfen. Und das ist genau die Herausforderung, die ich hier angetroffen habe. Die SHKB ist sehr stark im traditionellen Banking, hat aber noch den Weg vor sich, die neuen Technologien in allen Unternehmensbereichen umzusetzen. Deshalb ist es ein guter Match. 

Sie erwähnen es: Vor Ihrem Wechsel waren Sie bei der CS. War die Stimmung, als Sie im Frühjahr 2023 gingen, bereits schlecht?

Ich hatte lange das Gefühl, ich werde als CS-Banker pensioniert. Und dann kam ein Personalvermittler auf mich zu – in einem speziellen Moment. Ich weiss noch, ich sass in Lausanne am Seeufer und dachte darüber nach, was ich im Berufsleben noch erreichen möchte. 

Ich habe den Vertrag bei der Schaffhauser Kantonalbank dann im Dezember 2022 unterschrieben. Die Position hat mich einfach extrem angesprochen. Damals waren die akuten Themen der CS noch nicht auf dem Tisch. 

Als ich im Februar 2023 dann den letzten Arbeitstag bei Credit Suisse hatte, war die Situation bereits schwierig. Aber ich habe die CS nicht verlassen, weil ich glaubte, sie sei ein sinkendes Schiff, sondern weil sich für mich zum richtigen Zeitpunkt die richtige Opportunität ergeben hat. 

War es schwierig, von einer Grossbank in eine lokale Bank zu wechseln? 

Zwei Themen haben mich überrascht: Ich habe zum einen erwartet, dass die Komplexität bei einer SHKB geringer sei als bei einer CS. Und zum anderen, dass der Zugang zu den Schaffhausern und Schaffhauserinnen als Zürcher vielleicht ein wenig schwieriger sein könnte. Beides hat sich nicht bewahrheitet. 

Natürlich stehen bei einer SHKB eine Null oder auch mal zwei Nullen weniger hinter einem Transaktionsbetrag, aber wir sind als Universalbank so breit aufgestellt, dass die Komplexität jener einer CS ähnelt. 

Besonders freut mich, dass ich so gut in der Region angekommen bin. Man muss aber auch sagen: Als CEO der Schaffhauser Kantonalbank gehen einem relativ viele Türen im Kanton auf und ich bin jemand, der eine offene Art hat.

Was ich ganz selten vermisse, ist es, mal ein Telefonat auf Englisch zu führen. Das ist natürlich an der Tagesordnung, wenn man bei einem weltweit tätigen Konzern arbeitet. 

Insgesamt gibt es 24 Kantonalbanken. Was macht die SHKB speziell? 

Die Entstehungsgeschichte der Kantonalbanken geht ja darauf zurück, dass sie das Unternehmertum gefördert haben. Sie sind entstanden, weil grosse Projekte, etwa der Schienenbau, die Industrialisierung, grosse Partner benötigten. In dieser wichtigen Zeit brauchte das lokale Gewerbe Finanzierungspartner. 

Wir als Kantonalbank eines kleinen Kantons, müssen aber auch ein wenig ausserhalb des Kantons denken, um an das nötige Business-Volumen zu kommen. Wir haben beispielsweise ein Immobilien-Team, das einen sehr guten Job macht und über die Region hinaus bekannt ist. Das differenziert uns als kleinere Universalbank.

Zur Person Alain Schmid

Alain Schmid (1977) verfügt über 30 Jahre Erfahrung im Finanzsektor. Seine Karriere startete er mit einer Lehre bei der Zürcher Kantonalbank. Bei der Credit Suisse nahm er in den vergangenen Jahren verschiedene zentrale Funktionen wahr, zuletzt war er als Leiter Business Banking für Gewerbekunden und das Zahlungsverkehrsgeschäft der Credit Suisse (Schweiz) AG verantwortlich. Beim Technologie- und Softwareunternehmen Fides Treasury Services AG amtete er von 2012 bis 2016 als CEO. Alain Schmid verfügt über einen Executive MBA der Universität Zürich und hat verschiedene Verwaltungsratsmandate im Finanzsektor inne.

Kleinere oder mittelgrosse Banken klagen hinter vorgehaltener Hand häufig über Regulierungen. Halten Sie diese für verhältnismässig?

Für uns kleinere Banken ist das Proportionalitäts-Prinzip zentral – d.h., dass bei Regulierungen die Grösse und Art des Geschäftsmodells berücksichtigt werden. Wir sind schliesslich übersichtlicher, haben beispielsweise keine globalen Investment-Banking-Aktivitäten und sind dadurch weniger Risiken ausgesetzt. 

Aber: Heutzutage ist fast jede Industrie mit Regulierung konfrontiert. Und wir sind eine Branche, in der Regulierungen wichtig sind. Schliesslich geht es um Vertrauen. 

Sie sehen also keine Tendenz zur Überregulierung?

Es gibt diverse Regulierungen, die gerade diskutiert werden und bei denen noch unklar ist, wie das Ergebnis aussieht. Gerade im Nachhaltigkeitsbereich gibt es grosse Veränderungen.

Als ehemaliger CS-Mitarbeiter: Glauben Sie, dass der CS-Untergang die Regulierungen in der Schweiz nochmals verschärfen wird?

Das CS-Aus hat sicher etwas ausgelöst. Wenn wir aber die aktuellen Entwicklungen anschauen, dann stellen wir fest, dass da sehr grosse Regulierungswellen, eben ohne Proportionalität, auf die Banken zukommen könnten. Ich sehe hier ein gewisses Risiko, dass wir überreguliert werden. 

Was ging in Ihnen vor, als Sie vom Untergang Ihres ehemaligen und doch auch langzeitigen Arbeitgebers, der CS, hörten?

Auch als es bereits schwierig war, hätte ich nie gedacht, dass die Credit Suisse irgendwann nicht mehr existieren würde. 

An dem Tag, an dem das Aus kommuniziert wurde, fiel ich in ein Loch. Ich habe mich gefragt, was ich anders hätte machen können. Ich bedaure, dass der Berufsstand Banker bzw. Bankerin durch den Untergang der Credit Suisse so gelitten hat. Insbesondere die CS Schweiz war ein Aushängeschild. Vor allem all die Banker, die Tag ein, Tag aus für ihre Kundinnen und Kunden eingestanden sind und einen guten Job gemacht haben. Zudem ist es natürlich volkswirtschaftlich eine schwierige Situation für die Schweiz. 

Haben auch Sie eine gewisse Machtverschiebung innerhalb des Schweizer Finanzplatzes durch den CS-Niedergang gemerkt?

Es besteht vor allem bei grösseren Firmen durchaus der Wunsch, nicht von einem Institut abhängig zu werden. Deshalb werden wohl vermehrt ausländische Institute auf dem Schweizer Finanzplatz aktiv werden, das heisst aber auch, die Schweiz wird abhängiger von eben jenen. Das beschäftigt mich aus einer volkswirtschaftlichen Sicht durchaus.

Für uns als SHKB eröffnet die Situation aber auch viele spannende Möglichkeiten. Etwa im Privatkundengeschäft ergeben sich wirklich interessante neue Opportunitäten. Im Firmenkundengeschäft bemerken wir zudem, gerade im KMU-Segment, dass die neue UBS-CS-Kombination nicht mehr das gleiche Interesse mitbringt, wie früher die Credit Suisse. 

Bankkundinnen und -kunden werden deshalb sicher jetzt nochmals genauer auf ihre Bankbeziehungen schauen und sich fragen: Wo haben wir welche Abhängigkeiten? 

Die Schaffhauser Kantonalbank in Zahlen:
  • Bilanzsumme: CHF 9.6 Mrd. per 30.06.2024
  • Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: erweiterter Wirtschaftsraum Schaffhausen
  • Rechtsform: öffentlich-rechtliche Anstalt
  • Was an Ihrer Bank im Vergleich zu anderen Banken ist speziell?: Kleine, sympathische Universalbank mit ausgeprägten Kompetenzen im Immobilien- und Anlagebereich

 

Die Schweiz als eher kleines Land ist doch aber so oder so vom Ausland abhängig. Warum halten Sie diese Situation für neu?

Ich bin jetzt fast 30 Jahre im Finanzbereich tätig. Ich habe miterlebt, was passiert, wenn es einem kleineren Land, wie der Schweiz, schlecht geht. Dann ziehen sich ausländische Institute gerne wieder in den Heimmarkt zurück. Das haben wir während der Finanzkrise gesehen und dessen muss sich die Schweiz bewusst sein. Im Krisenfall hätten wir dann nur noch eine Grossbank, die für die grossen Schweizer Unternehmen da wäre. 

Es gäbe natürlich noch die SNB …

Es sollte nicht sein, dass Unternehmen von der SNB gerettet werden. Das wäre der falsche Ansatz. Wir müssen mit Blick auf die UBS-CS-Thematik dahin kommen, dass wir eine stabile Marktsituation in der Schweiz haben. 

Glauben Sie – als ehemaliger ZKB-Mitarbeiter – dass die ZKB den Platz füllen wird, den die CS hinterliess?

Ich bin überzeugt, dass nationale Institute einen gewissen Teil abdecken können, aber sobald es ums komplexe internationale Geschäft geht, zum Beispiel im Bereich Trade Finance, sind die Limitierungen zu gross. Dort werden ausländische Banken hinzukommen. 

 

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
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