Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im Oktober um 2,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Donnerstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich einen Wert von 1,9 Prozent auf dem Radar, nach einer Teuerungsrate von 1,7 Prozent im September. Mit 2,0 Prozent wurde nun exakt die von der Europäischen Zentralbank (EZB) angepeilte Marke erreicht, die den Währungshütern als ideal für den Währungsraum gilt.
«Die höhere Inflationsrate ist nicht der Auftakt zu neuen Inflationssorgen», konstatierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. In den kommenden Monaten werde die Inflationsrate allerdings eher knapp über 2,0 Prozent als darunter liegen: «Die EZB dürfte die Zinsen weiter senken, mit kleinen Schritten, aber eine gewisse Inflationsvorsicht zeigen.»
Dazu dürfte auch die Entwicklung in Deutschland, der grössten Volkswirtschaft des Euroraums, Anlass geben: Die nach einheitlichen europäischen Standards berechnete Inflationsrate kletterte im Oktober in Deutschland auf 2,4 Prozent und liegt damit schon deutlich über dem von der EZB für den gesamten Währungsraum angepeilten Zielwert.
Die Zentralbank in Frankfurt hat in diesem Jahr bereits dreimal den Leitzins gesenkt. EZB-Chefin Christine Lagarde sieht das Inflationsziel im Laufe des nächsten Jahres nachhaltig erreicht. Auch Bundesbankchef Joachim Nagel geht davon aus, dass Preisstabilität nicht mehr fern ist, auch wenn das letzte Stück des Weges noch zu gehen sei. Er verwies jüngst zugleich auf die anhaltend hohe Inflation bei Dienstleistungen.
Lebensmittel teurer
Diese Teuerungsrate für den Servicesektor verharrte im Euroraum im Oktober auf dem Vormonatswert von 3,9 Prozent. Energie verbilligte sich um 4,6 Prozent und damit nicht mehr so stark wie im September mit damals minus 6,1 Prozent. Im Bereich Lebensmittel, Alkohol und Tabak gab es im Oktober binnen Jahresfrist zugleich eine kräftige Verteuerung um 2,9 Prozent. Im September hatte die Inflationsrate für diesen Sektor nur bei 2,4 Prozent gelegen.
Die EZB hatte bei ihrer turnusmässigen Projektion im September veranschlagt, dass sie ihr Inflationsziel von zwei Prozent nachhaltig erst im vierten Quartal 2025 erreichen dürfte. Einige Währungshüter erwarten jedoch, dass dies schon einige Quartale früher der Fall sein könnte. Daraus entstand eine Debatte, ob im Dezember womöglich eine stärkere Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt fällig werden könnte. Nagel mahnte, «vorsichtig zu bleiben und nichts zu überstürzen».
Der Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel, verweist darauf, dass die EZB schon seit längerem auf den sich abzeichnenden Anstieg der Inflationsraten zum Jahresende hingewiesen habe. Es handelt sich seiner Ansicht nach nicht um eine heranrollende zweite Teuerungswelle. Vielmehr fielen die hohen Energiepreise jetzt aus dem Vorjahresvergleich heraus, was die Inflationsrate wieder hochtreibe: «Eine weitere Zinssenkung im Dezember dürfte deshalb trotz des Teuerungsanstieges so gut wie sicher sein. Besonderes Augenmerk gilt dann im nächsten Jahr der Lohnentwicklung.» (reuters/hzb/ps)