Zentralbank-Chef Kazuo Ueda sagte am Donnerstag, die Wahrscheinlichkeit steige schrittweise, dass die Bank of Japan (BoJ) ihr Inflationsziel von zwei Prozent erreiche. «Wenn sich bestätigt, dass sich ein positiver Lohninflationszyklus verstärkt, können wir eine Änderung unserer massiven geldpolitischen Lockerungsmassnahmen in Betracht ziehen», sagte Ueda im Parlament. Die Äusserungen schürten Markterwartungen, dass die BoJ bereits auf ihrer Sitzung am 19. März aus den Negativzinsen aussteigen könnte.
Die Aussichten auf eine baldige Abkehr von der ultralockeren geldpolitischen Linie bremsten die japanische Börse aus. Die Spekulationen gaben zugleich dem Yen Auftrieb. Seit Monaten rätseln Anleger, wann die BoJ ihre Negativzinspolitik aufgeben könnte. Seit 2016 betreiben die Währungshüter eine sogenannte Zinskurven-Steuerung. Dabei peilen sie Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und von null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen an.
Die Spekulationen auf eine Zinswende nach oben waren bereits durch einen Medienbericht vom Mittwoch angeheizt worden, wonach mindestens eines der Direktoriumsmitglieder der BoJ noch in diesem Monat eine solche Straffung fordern könnte. Äusserungen der Währungshüterin Junko Nakagawa gaben den Markterwartungen neue Nahrung: Sie sagte, es gebe Aussichten für die Wirtschaft, einen positiven Zyklus aus steigender Inflation und Löhnen zu erreichen. Laut dem Gewerkschaftsdachverband Rengo belaufen sich die Tarifforderungen dieses Jahr im Durchschnitt auf ein Lohnplus von 5,85 Prozent und übersteigen damit erstmals seit 30 Jahren die Fünf-Prozent-Marke.
Tarifabschlüsse im Fokus
Höhere Tarifabschlüsse in den Lohnrunden dürften Befürwortern einer Zinswende in dem Fernostland in die Hände spielen: Die Inflation ist zwar seit über einem Jahr höher als die Zielmarke der BoJ von zwei Prozent. Viele Währungshüter haben jedoch betont, dass sie mehr Hinweise sehen wollen, dass der Preisauftrieb durch die Inlandsnachfrage getrieben wird und nicht durch externe Faktoren wie teures Öl. Mehrere Grossunternehmen haben ihre Bereitschaft zu weiteren Lohnerhöhungen bereits kundgetan. Die Gewerkschaften sind in einer guten Verhandlungsposition, da viele Firmen mit Personalengpässen zu kämpfen haben.
Die letzte Zinserhöhung in Japan datiert aus dem Jahr 2007. Japan gilt als gebranntes Kind, da es eine lange Phase durchmachen musste, in der eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen die Wirtschaft am Boden hielt. (reuters/hzb/ps)