Weitere rund 400 Jobs oder fünf Prozent der Belegschaft will Stefan Bollinger bei dem Schweizer Institut, das von der Pleite des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko mit voller Wucht getroffen wurde, streichen. Im vergangenen Jahr hatte die Privatbank bereits rund 200 Stellen abgebaut. «Es ist natürlich eine sehr schwierige Botschaft, die ich meinen Kollegen bei Julius Bär gleich zu Beginn überbringen muss», erklärte der frühere Goldman-Sachs-Manager am Montag. Aber er wolle in dem Unternehmen ein stärkeres Kostenbewusstsein verankern. «Das Verhältnis zwischen Kosten und Einnahmen ist nicht akzeptabel», betonte Bollinger.

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Bis Ende 2024 habe Bär die Kosten um brutto 140 Millionen Franken gedrückt. Dennoch sei der Kosten-Ertragssatz mit 70,9 Prozent weit vom ursprünglich für 2025 festgelegten Ziel von unter 64 Prozent entfernt. Entsprechend wolle Bär weitere 110 Millionen Franken einsparen. Der Schwerpunkt des Stellenabbaus werde bei Jobs ohne Kundenkontakt in der Schweiz liegen, erklärte Chief Operating Officer Nic Dreckmann. Dazu kämen Einsparungen bei externen Personen, Einkauf, Technologie und Marketing.

Zudem verkleinert Bollinger die Geschäftsleitung auf fünf von 15 Personen. Neben ihm selbst und Dreckmann gehören auch Risikochef Oliver Bartholet, Finanzchefin Evie Kostakis und Chefjurist Christoph Hiestand zu dem Gremium. Bollinger schloss weitere Veränderungen nicht aus. «Wir werden dies im Laufe der Zeit überprüfen und vielleicht in einem Zeitraum von zwölf bis 18 Monaten auf die Zusammensetzung zurückkommen.»

«Finma-Besuch gleich am ersten Tag»

Den Jahresgewinn konnte Bär auch dank der Auflösung von Steuerrückstellungen auf eine Milliarde Franken von 453 Millionen Franken mehr als verdoppeln. Die Pleite der von Benko geführten Signa hatte das Zürcher Institut 2023 veranlasst, Kredite an die österreichische Immobiliengruppe im Volumen von fast 600 Millionen Franken vollständig abzuschreiben. Bär gehört zu den grössten Kreditgebern Benkos. Konzernchef Philipp Rickenbacher musste daraufhin den Hut nehmen, vergangene Woche kündigte auch Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher seinen Rückzug an.

Richten soll es nun Bollinger, der zuvor Co-Chef des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden in der Region Europa, Naher Osten und Afrika der US-Investmentbank war. Bollinger hat viel Arbeit vor sich. Nachdem das Signa-Debakel einen Reputationsschaden verursacht hatte, tat sich Bär vorübergehend schwer, neue Kundengelder anzulocken. In der zweiten Jahreshälfte fasste das Institut zwar wieder Tritt, im Gesamtjahr sammelte Bär 14,2 Milliarden Franken an neuen Geldern ein. Dies entspricht einer Wachstumsrate von 3,3 Prozent. Dass die Bank im laufenden Jahr nicht mit einer wesentlichen Verbesserung rechnet, enttäuschte die Anleger aber.

Die Aktie brach bis am frühen Nachmittag um 14 Prozent ein. Für Druck sorgte auch, dass der bereinigte Vorsteuergewinn unter den Erwartungen blieb und Bär auf ein neues Aktienrückkaufprogramm verzichtet. «Wir halten es für angebracht, den Abschluss der Finma-Prüfung abzuwarten.» Zudem wolle das Institut die Korrekturmassnahmen im Bereich Private Debt abwarten, der für den Signa-Verlust verantwortlich war. Das Debakel hat Bär dem Geschäftsbericht zufolge ein sogenanntes Enforcementverfahren eingebrockt, die schärfste Waffe der Finanzmarktaufsicht Finma.

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Er setze sich persönlich sehr für gute Beziehungen zu den wichtigsten Regulatoren ein, sagte der neue Bär-Chef. «Ich habe die Finma gleich am ersten Tag besucht und in meiner ersten Woche zwei weitere Haupt-Regulierungsbehörden getroffen.»

Bollinger will nun die Strategie unter die Lupe nehmen und noch vor dem Sommer die Ergebnisse seiner Analyse und neue Mittelfristziele vorlegen. «Was ich jetzt schon sagen kann; wir werden unserem Fokus auf Vermögensverwaltung treu bleiben.» (Reuters/hzb/pg)