Eigentlich sollten Zinserhöhungen dazu führen, dass sich die Kreditnachfrage abschwächt. Doch im Schweizer Hypothekarmarkt hat 2022 alles andere als eine Abkühlung stattgefunden. Das zeigen die neusten Zahlen der Nationalbank, die von der «Handelszeitung» ausgewertet wurden. Insgesamt wuchs das Hypothekarvolumen der Banken in der Schweiz um 3,5 Prozent. So stark wie nie in den vergangenen fünf Jahren.

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Besonders stark war einmal mehr das Wachstum der Hypos bei den Kantonalbanken. Einzelne Institute hatten mit ihren bereits publizierten Abschlüssen vorgelegt: Die Zürcher Kantonalbank baute das Hypo-Volumen um 5,4 Prozent aus, die Basellandschaftliche BLKB um 6,5 Prozent und die Basler Kantonalbank – ohne die Tochter Bank Cler – sogar um 9,1 Prozent.

Die SNB-Zahlen zeigen, dass wohl auch andere Staatsbanken noch mit ähnlichen Zahlen aufwarten werden. Denn insgesamt wuchs das Hypo-Volumen der Kantonalbanken um 5,1 Prozent. Das ist ebenfalls ein Fünfjahresrekord. 

Der Hypothekarmarkt ist mit einem Volumen von über 1 Billion Franken der grösste Kreditmarkt der Schweiz. Doch seit Jahren warnen die Schweizerische Nationalbank und die Finanzaufsicht Finma vor den steigenden Risiken. So sei das Ausfallrisiko von Hypotheken wegen der gestiegenen Zinsen grösser geworden, zudem sei der Immobilienmarkt wegen der hohen Preise heissgelaufen, eine Korrektur drohe, warnte die Finma zum Beispiel in ihrem jüngsten Risikomonitor. 

Und just in diesem heissgelaufenen Hypo-Markt wachsen die Kantonalbanken schneller als die Wettbewerber. Viele Kunden hätten noch kurz vor den grossen Zinssprüngen Festhypotheken abgeschlossen, rechtfertigte der Chef der Baselbieter BLKB, John Häfelfinger, vergangene Woche an der Jahrespressekonferenz. Dies sei ein Grund für die vielen Neuabschlüsse. Bei den Kantonalbanken von Basel-Stadt und Zürich war zudem zu hören, dass vor allem im Bereich der Renditeliegenschaften viele Kredite abgeschlossen worden seien. Die Kreditnehmer seien aber vor allem Profi-Kunden mit besten Ratings, daher sei das Risiko kalkulierbar, so die Begründung.

Regionalbanken nur knapp auf Rang zwei

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen beim Hypo-Wachstum lieferten sich die Kantonalbanken mit den Regionalbanken, zu denen auch Institute wie die Migros Bank gehören. Noch Ende November lagen Letztere mit einem Wachstum von 4,8 Prozent leicht vor den Kantonalbanken. Doch dann kippte das Bild und die Regionalbanken steigerten sich im Dezember lediglich noch auf 4,9 Prozent.

Weit ab von alledem waren im vergangenen Jahr die beiden Grossbanken unterwegs: Sie beenden 2022 mit einem Nullwachstum. Gemeinsam – die Aufteilung kennt man noch nicht – wuchs das Hypo-Volumen von UBS und Credit Suisse um gerade einmal 0,2 Prozent.

Offenbar wurden bei den Grossbanken Ende Jahr noch ein wenig die Bilanzen geschönt, betrug das Plus Ende November doch noch 0,9 Prozent. Kurz vor dem Bilanzstichtag jedoch sank das Hypothekarvolumen der beiden Banken – ein Muster, das sich auch in den Vorjahren schon beobachten liess. 

Raiffeisen bewegt sich in der Mitte des Marktes

Und damit zu der Bank, die in der SNB-Statistik eine eigene Gruppe darstellt – und sich somit kaum verstecken kann: Raiffeisen bewegte sich 2022 genau im Mittelfeld des Marktes mit einem Hypo-Plus von 3,7 Prozent. Zwar hat auch die genossenschaftliche Bankengruppe in den letzten Jahren wieder etwas zugelegt, nachdem sie 2020 nur noch mit 2,7 Prozent gewachsen war. Die alten Werte der Ära Pierin Vincenz wurden bisher jedoch noch nicht erreicht. Damals munkelte man im Markt, Raiffeisen würde überhaupt alles abschliessen, was irgendwie angefragt würde.

Das unterschiedlich starke Wachstum wirkt sich entsprechend auf die Marktanteile aus: Im Inland lagen die Kantonalbanken Ende 2022 bei 38 Prozent vor den Grossbanken mit 27 Prozent und Raiffeisen mit 18 Prozent. Spannend ist aber vor allem die Entwicklung: Mit 55 Prozent wurde mehr als jede zweite Hypothek bei einer Kantonalbank abgeschlossen. Dahinter folgen Raiffeisen mit 19 Prozent und die Regionalbanken mit 11 Prozent.