Am 10. Januar 2024 kam der vom Markt lang ersehnte Paukenschlag, mit dem die amerikanische Börsenaufsicht United States Securities and Exchange Commission (SEC) nach langen Verhandlungen den Handel mit Exchange-traded Funds (ETFs) auf Bitcoin zugelassen hat. Einige Monate später erfolgte die Zulassung von ETFs auf die zweitgrösste Kryptowährung Ether. Seither decken sich mehr und mehr institutionelle Investoren mit Bitcoins ein. Laut einem Bericht des Branchendienstes Cointelegraph hielten sie zum Ende des ersten Quartals bereits Bitcoin-ETF-Anteile im Wert von rund 3,5 Milliarden US-Dollar. «Durch den Ritterschlag der SEC hat sich der Bitcoin bei den grossen Vermögensverwaltern der Welt etabliert, was natürlich auch eine Auszeichnung und ein zusätzliches Qualitätsmerkmal darstellt», sagt Marktbeobachter Bernhard Wenger, Head of Northern Europe bei 21Shares.
ETPs sind den ETFs sehr nah
ETFs auf weiteren Kryptowährungen werden folgen, ebenso orientieren sich weitere Handelsplätze am Beispiel von New York. «Krypto-Assets haben sich insgesamt als neue, investierbare Anlageklasse etabliert, die am ehesten dem Segment der alternativen Investments zugeordnet werden dürfte», sagt Bernhard Wenger. Das Unternehmen 21Shares gilt als einer der ersten Emittenten von Exchange-traded Products (ETPs) auf Kryptowährungen in Europa. In den fünf Jahren seines Bestehens hat 21Shares mehr als vierzig dieser börsengehandelten Produkte auf zwanzig verschiedene Kryptowährungen emittiert.
Ein ETP hat eine Struktur, die sehr nah an einem ETF ist, stellt aber im Prinzip eine Inhaberschuldverschreibung dar, mit einem limitierten Emittentenrisiko. Für Investoren schlagen sie eine Brücke in das Universum der Krypto-Assets. «Entscheidend für eine Investition in Krypto-Assets ist in jedem Fall, dass man das zugrunde liegende Geschäftsmodell der Währung respektive der Blockchain, auf der sie basiert, versteht», sagt Wenger.
Das Blockchain-Trilemma
Für viele mag der Erfolgskurs der Kryptowährung Bitcoin noch immer ein Rätsel sein – für diejenigen, die die dahinterliegende Technologie verstanden haben, ist es das nicht. «Kryptowährungen basieren auf der technologischen Innovation der Blockchain, und die ermöglicht es, Transaktionen in einem dezentralen Netzwerk fälschungssicher auszuführen und zu dokumentieren», sagt Nils Otter, Professor für Ökonomie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin). Damit habe die Blockchain-Technologie das disruptive Potenzial, sehr viele Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend zu verändern, so der Blockchain-Experte.
Viele Kryptowährungen, vor allem die grösseren wie Bitcoin, Ethereum oder Solana, basieren auf einer eigenen Blockchain. «Blockchains wiederum unterscheiden sich hinsichtlich der drei Komponenten Sicherheit, Skalierbarkeit und des Grads der Dezentralisierung, die nicht alle drei gleichzeitig maximiert werden können, was man auch als Blockchain-Trilemma bezeichnet», erklärt Nils Otter. Doch sie alle bieten unzählige Anwendungsmöglichkeiten, sei es für private Unternehmen, im Bereich des Gamings oder bei der Digitalisierung von Kunst oder Musik.
Chancen und Risiken bewusst abwägen
Im übertragenen Sinn könnte man eine Kryptowährung wie Bitcoin oder Ether mit der Aktie eines breit gefächerten Konzerns vergleichen. Ein Konzern wie Siemens bietet den rechtlichen Rahmen für ein Konglomerat aus vielen Töchtern und unterschiedlichen Geschäftsbereichen, aber es gibt nur eine Bayer-Aktie. Die Blockchain ist im übertragenen Sinn der technologische Rahmen, der für eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten die Basis bildet, und deren Kryptowährung entspräche dann – nur im übertragenen Sinne – der Aktie. Somit stimmt es, wenn Kritiker sagen, dass eine digitale Währung keinen eigenen Wert habe, da sie ja das Potenzial der zugrunde liegenden Blockchain verkörpert. Genau genommen hat aber auch eine Siemens-Aktie keinen eigenen Wert, sondern ist ein Stück bedrucktes Papier, das lediglich einen Anteil am Unternehmen verkörpert.
«Wie im Aktienhandel gilt auch hier: Nur wer die Geschäftsmodelle genau analysiert, kann die Chancen und Risiken seriös abwägen», sagt Bernhard Wenger. Was die digitale Leitwährung Bitcoin angeht, sieht der Experte derzeit aber eindeutig mehr Chancen als Risiken. Vor allem die Adaption seitens der institutionellen Investoren sieht er als langfristigen Beschleuniger des Kurses. Denn wenn ein Vermögensverwalter wie beispielsweise Blackrock, der Assets in Höhe von 10 Billionen US-Dollar verwaltet, auch nur ein Prozent dieser Assets in Bitcoin investiert, bedeutet das eine zusätzliche Nachfrage nach Bitcoin in Höhe von 1 Billion, was den Kurs leicht jenseits der 100’000 US-Dollar katapultieren könnte. «Wir haben das mit unserem Research viel diskutiert und ja: Wenn die Mittelzuflüsse weiterhin so anhalten, kann das durchaus passieren», sagt Wenger. Für ihn ist es daher klar: «Das Risiko, nicht dabei zu sein, ist derzeit höher als das Risiko, dabei zu sein.»
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen am 12.09.24 im HZ Banking Print-Special Asset Management.