Das Börsenjahr 2024 dürfte laut Raiffeisen-Experten von hohen Schwankungen geprägt sein. «Die konjunkturellen Vorlaufindikatoren deuten auf eine weiter abnehmende Wirtschaftsdynamik hin. Die Rezessionsrisiken bleiben 2024 erhöht», sagt Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer von Raiffeisen Schweiz. In der Eurozone dürfte die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent schrumpfen. Für die US-Wirtschaft sowie die hiesige Konjunktur erwarten die Ökonomen ein knappes Plus von 0,5 beziehungsweise 0,8 Prozent.
Damit liegen die Konjunkturprognosen von Raiffeisen Schweiz unter dem Konsens. Entsprechend fallen auch ihre Inflationsprognosen niedriger aus. Demnach dürfte die Teuerung im Verlauf des Sommers in den Zielbereich der Notenbanken zurückkehren und damit den Weg für erste Zinssenkungen ebnen.
Volatiles Zinsumfeld
Die Märkte nehmen derzeit bereits eine deutliche Kehrtwende der Geldpolitik vorweg. Die Zins-Futures implizieren in den USA sowie in Europa bis Ende 2024 je sechs Zinssenkungsschritte von jeweils 25 Basispunkten. «Der Zinsgipfel ist zwar erreicht, der Optimismus der Märkte im Hinblick auf die Geldpolitik ist aber zu gross. Wir rechnen aktuell mit je drei Leitzinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die US-Notenbank Fed bis Ende Jahr», führt Geissbühler aus. Entsprechend ist – wie bereits im Jahr 2023 – mit einer hohen Volatilität bei den Kapitalmarktzinsen zu rechnen. Dies spreche für eine aktive Anlagetaktik bei den Obligationen. Innerhalb der Anlageklasse empfehlen die Anlagestrategen, einen klaren Fokus auf eine hohe Schuldnerqualität sowie kürzere bis mittlere Laufzeiten zu legen.
Sektor-Rotation bei den Aktien
Mit hohen Schwankungen rechnet Raiffeisen auch an den Aktienmärkten. Insbesondere die Gewinnerwartungen für 2024 seien angesichts der konjunkturellen Entwicklung zu optimistisch. «Für den US-Leitindex S&P 500 wird aktuell mit einem Gewinnwachstum von zehn Prozent gerechnet. Ein solches impliziert eine deutliche Margenausweitung, was aufgrund der steigenden Lohn- und Finanzierungskosten aus unserer Sicht unrealistisch ist. Wir gehen von einem deutlich tieferen Gewinnwachstum aus», erklärt Geissbühler.
Relativ stabil sollten sich in diesem Umfeld die Aktien aus den weniger konjunktursensitiven Branchen entwickeln. Dazu gehören der Gesundheits-, Nahrungsmittel- und Telekommunikationssektor sowie Konsumgüter für den täglichen Bedarf. Vor diesem Hintergrund präferieren die Raiffeisen-Anlagestrategen zu Jahresbeginn den defensiven Schweizer Aktienmarkt. Dieser besticht zudem mit einer attraktiven Dividendenrendite von über drei Prozent. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Präferenz allmählich verschieben. «Sollte sich unser Konjunkturszenario bestätigen, ist im ersten Halbjahr mit Kursrückschlägen bei den Zyklikern zu rechnen. Damit könnte sich im Verlauf der zweiten Jahreshälfte eine Sektor-Rotation aufdrängen. Eine solche dürfte durch eine expansivere Geldpolitik unterstützt werden», analysiert der Raiffeisen-Anlagechef.
Alternative Anlageklassen werden glänzen
Sinkende Zinsen sind positiv für Immobilien und Gold. Die Agios der Schweizer Immobilienfonds befinden sich nach der schwachen Performance in den letzten zwei Jahren mittlerweile auf historisch niedrigem Niveau. Aufgrund der anhaltend hohen Zuwanderung und dem nur leicht wachsenden Angebot an Wohnraum dürften sich die Immobilienpreise auf hohem Niveau stabilisieren. Hinzu kommt, dass aufgrund der erneuten Erhöhung des Referenzzinssatzes die Mieten per April 2024 abermals angehoben werden können, was sich positiv auf die Mieterträge auswirkt.
Gold profitiert von sinkenden Opportunitätskosten. «Das Edelmetall bleibt auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten als Beimischung attraktiv. Wir rechnen beim Gold in diesem Jahr mit einem Anstieg auf 2'150 US-Dollar pro Unze, was einem neuen Allzeithoch entspricht», prognostiziert Geissbühler. Beide Anlageklassen gehören aus Diversifikationsgründen weiterhin ins Portfolio.
Auf der Devisenseite rechnet Raiffeisen Schweiz mit einer Konsolidierung beim Schweizer Franken. Mittelfristig wird die heimische Währung aber weiter zur Stärke neigen. Die moderate Staatsverschuldung, die tiefe Inflation sowie die Zinsdifferenzen zum Ausland zementieren den Status des Frankens als sicherer Hafen. (Raiffeisen/hzb/pg)