Darum geht’s
- Erstmals findet die Sibos, die wichtigste globale Payment-Konferenz, in Peking statt – mit eigenen Express-Schaltern am Flughafen und strengen ID-Kontrollen in der Stadt.
- Die Schweizer Präsenz ist zwar klein, aber gewichtig: UBS, SIX, Temenos und die BIZ zeigen Innovationen wie die digitale SDX-Börse und neue Payment-Standards.
- Während viele westliche Banken dem Event fernbleiben, nutzen die Schweizer Finanzakteure die Chance, ihre digitale Kompetenz im wichtigen asiatischen Markt zu demonstrieren.
Die Sibos-Konferenz ist ein Wanderzirkus: 2023 war die vom Swift-Netzwerk organisierte Veranstaltung in Toronto, 2025 wird sie in Frankfurt Station machen. In diesem Jahr findet sie zum ersten Mal in China statt – und gleich in der Hauptstadt und nicht etwa in einer der Hafenstädte Shanghai oder Shenzhen, die als die viel grösseren Finanzzentren gelten. Immerhin ist die Konferenz wichtig genug, dass es bei der Einreise an den beiden grossen Pekinger Flughäfen getrennte und markierte Schalter gibt. Die Dauer der Abfertigung: Eine Minute.
Nur fast bargeldlos
Und wer sich danach auf dem Weg in die Stadt auf ein papiergeldloses Alipay- und Wechat-Pay-Land einstellt, liegt falsch: Taxifahrer beispielsweise bestehen weiterhin auf Bargeld, erklärt das Empfangskomitee. Geschäfte, U-Bahnen, Restaurants nehmen bevorzugt digitale Zahlungen entgegen – Bargeld würde jedoch auch klappen, einfach etwas umständlicher. Weil man beispielsweise bei U-Bahnfahrten die persönliche ID-Nummer mit dem Ticket eingeben muss. So weiss der Staat in jedem Fall, wer da unterwegs ist.
Und auch bei der Sibos-Konferenz widerspiegelt sich die Austragung in Asien: Die skandinavischen Banken fehlen bis auf eine Ausnahme. Von den US-Banken ist nur JP Morgan präsent – und sehr gut besucht. Von den Fintechs sind vor allem die einheimischen anwesend – die aus Europa und der Schweiz sparen sich ihre Budgets für das Singapore Fintech Festival auf, das zwei Wochen später stattfindet. Und von den Einrichtungen mit Sitz in der Schweiz sind vier präsent: die als vorbildlich geltende Innovationsabteilung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die UBS, die SIX sowie Temenos, der Hersteller von Kernbankenlösungen.
Bei Temenos, wo man einen vergleichsweise kleinen Stand gemietet hat, trifft man laut einer Sprecherin in Peking die Kunden und möglichen zukünftigen Käufer. Für die Tage ist man mit Meetings komplett ausgebucht. In China und generell in Asien hatte das Unternehmen in den vergangenen zwanzig Jahren eine grosse Kundenbasis aufgebaut – die Banken hatten davor keine modernen IT-Systeme. Diese Kunden wechseln auch nicht einfach so, sondern kaufen beim Hersteller weitere neue Systeme und Module, sobald diese benötigt werden.
Freund der Regulierung
Ebenfalls zufrieden mit der Präsenz zeigt sich SIX-CEO Jos Dijsselhof. «Wenn man die grossen US-Börsen mit den europäischen Handelsplätzen vergleicht, gibt es einen grossen Unterschied – die Marketing-Budgets der Amerikaner sind viel grösser als die der Europäer.» Dabei bräuchten sich die Europäer nicht zu verstecken, denn die beiden grössten IPOs im laufenden Jahr haben in Europa stattgefunden und mit der Galderma Group sei auch die Schweiz prominent vertreten. Seit dem Börsengang im März ist die Aktie um ein Viertel teurer geworden, trotz anspruchsvollem Umfeld. «Der Betrieb einer Börse ist ein Geschäft wie jedes andere auch», sagte Dijsselhof an einer Diskussionsrunde, «wir sehen uns in einer Rolle, bei der wir Unternehmen helfen, sich weiterzuentwickeln.» Eine moderne Marktinfrastruktur helfe dabei.
«Ich bin auch ein Freund der Regulierung», so Dijsselhof weiter. «Allerdings geht die Implementierung oft schief.» Die Mifid-Regulierung beispielsweise habe zwar die Transparenz verbessert. Aber gleichzeitig habe sie auch dazu geführt, dass einige Handelsgeschäfte in den ausserbörslichen OTC-Handel abgewandert sind.
Mit Technologie lässt sich dagegenhalten, argumentiert Dijsselhof. Die SDX, die Digitalbörse der SIX, wird ebenfalls am Stand beworben. Die Hälfte der Gespräche mit Interessenten dreht sich um digitale Assets und die SDX, so Dijsselhof im Gespräch. «Wir haben damit in der Schweiz einen sehr modernen Marktplatz, der weltweit zu den führenden zählt.»
Bussen für Verspätete
Das weltweite Payment ist – naheliegenderweise – eines der Standard-Themen an der Sibos. In praktisch jeder Präsentation wird hierbei das BIZ-Projekt Nexus genannt – es verbindet unterschiedliche landesweite Instant-Payment-Netzwerke und Banken, Payment-Firmen und FX-Unternehmen weltweit. Die Präsenz-Präsentationen kontrastieren etwas mit dem Auftritt in der separaten, eher spärlich besuchten Fintech-Halle.
Mitten im Geschehen ist dagegen der mittelgrosse Stand der UBS. Nach dem Zusammenschluss mit der Credit Suisse, ebenfalls einer langjährigen Stammkundin an der Sibos, ist die Grossbank die einzige Bank aus der Schweiz. Am Stand selber mag man nicht mit Medienvertretern sprechen. Auf der Bühne weist Dominik Vogel, bei der Bank zuständig für das Thema Instant Payments, auf die Vorzüge des neuen ISO 20022-Meldungs-Standards für Finanztransaktionen hin: Dieser enthalte «sehr gute Daten und eine sinnvolle Struktur»: Man sieht, wer aus welchem Grund wem wie viel bezahlen möchte. Seit zehn Jahren diskutiert man das Thema in der Branche und jetzt, an der Sibos in Peking, gibt es dazu an die dreissig Workshops.
Die Branche lässt sich allerdings viel Zeit, wie ein Swift-Vertreter ausführt: Ende September waren erst 27 Prozent der Banken in der Lage, den neuen Daten-Standard handhaben zu können. Das ist mehr als die 18 Prozent vor einem Jahr. Bis November 2025 muss die mehrfach verschobene Einführung abgeschlossen sein. «Ansonsten gibt es Zusatzzahlungen», kündigte ein Swift-Vertreter an. «Die steigen dann jedes Quartal an.» Ob und wie gut dieser Standard dann eingeführt sein wird, können die Sibos-Veranstalter spätestens bei der 2026er-Konferenz überprüfen: Die findet in Miami statt – und damit in einem Land, das die Modernisierung des Payment-Systems erst langsam angeht.