Björn Jesch, was steckt hinter dem internationalen Assetmanagementriesen DWS in der Schweiz?

Die DWS ist ein globaler Vermögensverwalter mit 933 Milliarden Euro Assets under Management Ende des zweiten Quartals 2024. Wir decken alle Anlageklassen ab, sowohl liquide als auch illiquide. DWS ist in der komfortablen Situation, viele Produkte anbieten zu können – im Kreditbereich, bei Fixed Income, auf der Aktienseite, aber eben auch auf der Multi-Asset-Seite. Und wir wollen hier in der Schweiz noch mehr Mandate für Institutionen, Versicherungen und Pensionskassen betreuen. Das tun wir schon sehr lange. Es ist unser hauptsächliches Geschäft hier in der Schweiz. 

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Wie wollen Sie mehr Leute für sich gewinnen? 

Die DWS ist zwar ein bekanntes Unternehmen, aber viele wissen noch nicht, dass wir hier vor Ort auch Mandate verwalten. Deswegen freue ich mich, dass wir heute darüber reden können. Die DWS in der Schweiz ist nämlich nicht nur eine Vertriebsstelle, sondern auch eine eigenständige Rechtseinheit mit einem grossen Portfoliomanagementteam.

Hat das Vorteile?

Ja, da wir vor Ort eben auch in der Lage sind, für Kundinnen und Kunden regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Das können wir. Nur viele wissen es gar nicht.

Sie agieren als Schweizer Ableger eines deutschen Hauses …

Wir sind weit mehr als ein Ableger in der Schweiz: Wir sind Finma-reguliert, also offiziell ein Schweizer Finanzdienstleister.

Welche Geschäftsbereiche wickeln Sie ganz in der Schweiz ab, und welche wandern ins Mutterhaus?

Als eigenständige rechtliche Einheit in der Schweiz haben wir die notwendige Infrastruktur vor Ort. Dies umfasst Bereiche wie Produktmanagement, Finance, Operations, Portfoliomanagement und Sales. Wir sind damit in der Lage, grosse Teile unseres Angebots selbst abzuwickeln. Aber natürlich: Der Grossteil unserer Produkte wird ausserhalb der Schweiz gemanagt, in Deutschland, in den USA, in Asien. Wir haben uns in der Schweiz auf das Portfoliomanagement, auf Fixed Income und auf das institutionelle Geschäft fokussiert.

Wie sieht das konkret aus?

Mit unseren Vertriebsmitarbeitenden, die hier vor Ort sind, betreuen wir Wealth-Management-Kunden, wie etwa die UBS, die ehemalige Credit Suisse oder Julius Bär, um nur einige Beispiele zu nennen. Hier reden wir also nicht mit Privatkunden und Privatkundinnen, sondern mit dem Wealth-Management von Banken, die unsere Produkte an ihre Kundschaft vertreiben.

Zur Person Björn Jesch
  • Seit wann sind Sie CEO der DWS Schweiz? 2020
  • Höchste/letzte Ausbildung? General Manager der Harvard Business School
  • Persönliche Info: verheiratet, drei Kinder (20,22,27)
  • Hobbys: Wandern, Mountainbiken, Kunst

Sind digitale Währungen auch ein Thema für DWS?

Ganz klar. Schweizer Institutionen und auch Privatkunden und -kundinnen sind offener gegenüber digitalen Währungen. Die Situation ist hier anders als in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern. Der Schweizer Markt ist offener für Kryptowährungen. Darum kam unser Leiter Digitale Assetstrategien, Alex Bechtel, vor rund anderthalb Jahren auch zu uns nach Zürich. Sogar der digitale Hub für Europa wird aus der Schweiz heraus betrieben. Die DWS Schweiz ist mit 45 Leuten hier gut vertreten.

Hat die Kryptoaffinität der Schweizer Bevölkerung dazu geführt, dass Sie das europäische Kryptozentrum der DWS hier aufbauen?

Ja, das sehen wir hier ganz klar. Wir haben ja auch zwei ETCs aufgelegt, einen zu Bitcoin, einen zu Ethereum. Das ist zwar jetzt kein Schweizer Vehikel, aber das Knowledge-Center, das soll hier sein.

Sie führen ein Doppelmandat: Zum einen sind Sie Global CIO des Vermögensverwalters DWS, zum andern auch CEO von DWS Schweiz. Wie geht das zusammen?

Erst mal freue ich mich, dass ich beide Positionen ausüben darf. Beide Rollen sind herausfordernd und spannend zugleich, und ich übe sie sehr gerne aus. Ganz kurz zu meinem Hintergrund: Ich bin vor sechs Jahren in die Schweiz gekommen, damals für die Credit Suisse. Davor habe ich lange für die Deutsche Bank gearbeitet, und dann ist man auf mich zugekommen und hat gefragt: «Willst du nicht zur DWS zurückkommen?» Da habe ich zugesagt, wollte aber in der Schweiz bleiben, da wir uns als Familie hier wirklich wahnsinnig wohlfühlen.

Welche Vorteile zieht die DWS aus Ihrem Doppelmandat?

Der Schweizer Markt ist attraktiv und sehr durchdrungen. Wir müssen uns differenzieren. Deswegen wollen wir das Thema Thought Leadership auch insbesondere mit meiner Person an die Kundschaft bringen. Es geht darum, nicht allein über Produkte oder über das Portfolio zu reden. Wir wollen meine Funktion als Global CIO nutzen, um mit unseren Kundinnen und Kunden stärker zu interagieren: Was denken wir über die Märkte, über die Anzahl an Zinssenkungen und so fort. Kurz: Wissen transportieren. Dass ich nicht nur der CEO der DWS Schweiz bin, sondern auch der globale Chief Investment Officer, wollen wir viel stärker nutzen.

Dennoch ist der Job als CEO der DWS Schweiz und jener als globaler CIO ein Spagat, oder?

Klar, ist das ist ein Spagat. Der ist aber machbar. Ich habe ein super Team hier. Neben mir im Vorstand sitzen auch Vertriebskollegen, der Financial Officer, die Operations, der Portfoliomanager, und die haben ihre Bereiche super im Griff. Ich mache übergeordnet die Strategie und stelle sicher, dass wir die richtigen Themen angehen. Aber Sie haben recht: Es ist kein Eight-to-five-Job.

Und mit vielen Reisen verbunden …

Ich war letzte Woche in Asien. Was ich in meinen Gesprächen in Hongkong, in Singapur und auch in Lateinamerika von institutionellen Kunden aufnehme, kann ich nutzen, um es hier Teil werden zu lassen, bei unseren Kunden und unseren Mitarbeitenden. 

Wenden wir uns noch den Märkten zu: Ist China aufgrund der Spannungen im Verhältnis zu Taiwan für Sie noch investierbar?

Der Markt in China hat schon deutlich nachgegeben. Die Immobilienkrise wurde mehr oder weniger aufgearbeitet. Doch die erwartete Re-Opening-Rallye nach Corona hat nicht so richtig stattgefunden. Da waren wir enttäuscht. Die Arbeitslosigkeit war zudem extrem hoch. Es gab also viele, viele Themen, die dazu geführt haben, dass die Märkte in China runtergegangen sind.

Bietet China gute Chancen oder hohe Risiken?

Die Asiaten selber sagen: Ein Lack of Confidence, das Fehlen von Vertrauen, hat zu einer Valuation Gap geführt. Ist das Risiko da? Ja. Ich glaube aber, dass viele chinesische Tech-Unternehmen vom AI-Trend profitieren können. Für einen Investor, der ein bisschen Risiko nehmen kann, ist China attraktiver geworden.

Schauen wir in die USA. Was sagen Sie zu dieser Aussage: «Wer der nächste Präsident der USA wird, ist den Märkten egal»?

Gefällt mir richtig gut, weil ich fast dazu neige, zuzustimmen. Wir haben uns die Wahlkämpfe der letzten hundert Jahre angesehen und fanden stets das gleiche Muster. Die Volatilität geht immer fünf Monate vor der Wahl hoch. Dann kommt der neue Präsident, und die Volatilität sinkt schnell. Von der Schuldenproblematik her wird es egal sein, wer US-Präsident wird. Der Gewinner oder die Gewinnerin müsste eigentlich den Schuldenberg runterfahren – eine schwere Aufgabe. Was den Handelsstreit mit den Chinesen angeht, ist klar, was von Trump zu erwarten ist. Jetzt schon über die China-Politik einer möglichen Präsidentin Kamala Harris zu spekulieren, ist angesichts der Dynamik in der geopolitischen Lage verfrüht.

Der Vermögensverwalter DWS

– Gründungsjahr: 1956
– Bilanzsumme/AUM: 941 Milliarden Euro per 31. März 2024
 
– Anzahl Kunden und Kundinnen: keine Angabe 
– Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: global
– Genossenschaft, Stiftung oder Aktiengesellschaft? KGaA (DWS Group GmbH & Co. KGaA)
– Besonderes: Was ist an Ihrem Institut im Vergleich zu anderen Vermögensverwaltern speziell (Alleinstellungsmerkmal)? «Wir sind einer der ganz wenigen globalen Assetmanager, die Actives, Passives und Alternatives anbieten; wir sind damit quasi ein «One-Stop-Shop»

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