Seit der Leitzinserhöhung durch die Schweizer Nationalbank (SNB) vor rund einem Jahr sind zehn Milliarden Franken in Form von Tausendernoten an die SNB zurückgeflossen. Zurzeit seien rund 77 Milliarden Franken Bargeld im Umlauf, wie der SNB-Vizepräsident Martin Schlegel zu CH Media sagte. 40 Milliarden davon seien Tausendernoten. «In Zeiten der Negativzinsen war es attraktiver als heute, Bargeld zu beziehen und in einem Banksafe zu deponieren», sagte Schlegel. Im September letzten Jahres überschritt die SNB die Null-Linie beim Leitzins. Zurzeit steht der Leitzins bei 1,75 Prozent.
Beim Bezahlen ist Bargeld schon länger auf dem Rückzug, die meisten Transaktionen werden heute mit Bankkarten oder Twint abgewickelt. Schlegel glaubt indes, dass der jährliche Bargeldrückgang «nicht mehr so gross ausfallen wird wie in der Vergangenheit».
Sorge um Abbau von Geldautomaten
Allerdings sorgt sich der SNB-Vizepräsident vor einem Teufelskreis: Denn da die Menschen weniger Bargeld beziehen, bauen Banken immer mehr Bankomaten ab. «Wird ein Geldautomat abgebaut, beziehen die Leute weniger Bargeld und zahlen im Dorfladen mit der Karte», sagt Schlegel. «So beginnt eine Abwärtsspirale zu drehen.» Diese sich selbst verstärkende Entwicklung bedrohe am Ende die Bargeldinfrastruktur, also, dass es genug Schalter und Automaten gibt, an denen Schweizerinnen und Schweizer Bargeld beziehen können.
Ende März gab es laut SNB in der Schweiz noch 6342 Bankomaten. Anfang 2020 waren es noch rund 7300.
Auf die Zahl der Bankomaten habe die SNB als Notenbank indes keinen Einfluss. Die Menschen hätten es selbst in der Hand, den Trend zum Abbau von Geldautomaten zu stoppen, indem sie wieder mehr mit Bargeld bezahlen, sagt Schlegel.
Weitere Zinsschritte bleiben möglich
Mit Blick auf die Geldpolitik schloss die Nummer zwei der Schweizerischen Nationalbank weitere Zinsschritte nicht aus: «Es besteht weiterhin die Gefahr, dass sich die Inflation mittelfristig über 2 Prozent verfestigt, also oberhalb des Bereichs, den wir mit Preisstabilität gleichsetzen», erklärte er. Im Juni war die Inflationsrate in der Schweiz wieder unter die Rate von 2 Prozent gefallen, was Spekulationen auslöste, die Notenbank könnte nun eine Pause bei den Zinsschritten einlegen.
Seit Juni vergangenen Jahres hat die SNB ihre Zinsen um 2,5 Prozentpunkte auf jetzt 1,75 Prozent angehoben. In den USA sind Banken durch die schnelle Zinswende in Schieflage geraten. Diese Gefahr sieht Schlegel für die Schweiz nicht: «Wir sehen bislang keine negativen Auswirkungen der Zinswende auf die Banken in der Schweiz», so der SNB-Vizepräsident. (Reuters/ali)