«Die Schweizer Banken stehen vor einem anspruchsvollen Jahr 2025, geprägt von sinkenden Zinsen, Margenerosion und steigenden regulatorischen Anforderungen. Gleichzeitig bieten Anwendungsmöglichkeiten von KI enorme Chancen», fasst Fredrik Berglund, Senior Manager Audit, Financial Services EY Schweiz, die Erkenntnisse des «Bankenbarometers» zusammen. Er betont: «Der Balanceakt zwischen Effizienz, Kundenorientierung und Kostendisziplin ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.»
Wachstum versus Kosten
Die Banken profitierten 2023 von der Zinswende. Höhere Zinsen liessen die Erträge stark wachsen. Plötzlich konnte mit den Einlagen im Zinsgeschäft wieder Geld verdient werden. Entsprechend gut lief es bei vielen Kantonalbanken und Regionalbanken: Etliche dieser meist kleineren Schweizer Banken konnten Rekordgewinne einfahren.
Doch die Freude währte nicht sehr lang. 2024 leitete die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine erneute Leitzinswende ein – diesmal nach unten. Das war für Regionalbanken und Kantonalbanken keine gute Entwicklung, da viele mit dem Zinsgeschäft am meisten Geld verdienen.
74 Prozent der Banken erwarten gemäss EY in den nächsten zwei Jahren geringere Zinsgewinnspannen, und 39 Prozent der Banken rechnen deshalb für 2024 mit sinkenden Gewinnen. 40 Prozent gaben an, auch mittelfristig mit einem Rückgang dieser Einnahmen zu planen. «Langfristig bleiben die Aussichten jedoch optimistisch: 85 Prozent der Banken gehen von steigenden Erträgen aus», hält der aktuelle «Bankenbarometer» fest.
Bank ist nicht gleich Bank
Dennoch zeigt sich im «Bankenbarometer 2025» ein unterschiedliches Bild, je nach Bankengruppe: Der Anteil negativ gestimmter Retailbanken ist mit 57 Prozent bei den Regionalbanken und 47 Prozent bei den Kantonalbanken folglich deutlich höher als derjenige der Privatbanken (27 Prozent) und der Auslandsbanken (26 Prozent). Offensichtlich wirkt sich der hohe Anteil des Zinsgeschäfts bei Regionalbanken und Kantonalbanken negativ auf das Geschäftsergebnis aus. Ein Umstand, den viele CEOs von kleineren Banken auch gegenüber dieser Redaktion in Interview immer wieder betonten.
In der Tiefzinsphase hatten viele Banken ihre Kreditvolumen respektive ihre Bilanzen erhöht. Das sorgt nun für Herausforderungen. EY zur Problematik: «Das Wachstum des Kreditvolumens der vergangenen Jahre hat vor allem bei inlandorientierten Banken zu einem steigenden Bedarf an stabiler Refinanzierung in Form von Kundengeldern mit zeitlicher Anbindung geführt. Dies ist jedoch mit höheren Kosten verbunden.»
Stark nachgefragten Krediten von KMU und Hypothekennehmenden steht der Kampf um Passivgelder gegenüber, wie es etwa Dominik Böhm, CEO der Bezirks-Sparkasse Dielsdorf, im Interview mit dieser Redaktion formulierte.
Die EY-Experten meinen zur aktuellen Situation: «Zunehmend werden aber die stark gewachsenen Bilanzen der Banken zu einem limitierenden Faktor.» Dies zwinge die Banken dazu, bei der Kreditvergabe selektiver zu werden, um so die Balance zwischen Wachstum, Profitabilität und Risikomanagement zu halten.
Margen erodieren weiter
«Die Banken werden im Finanzierungsgeschäft noch selektiver werden und müssen Einlagegelder längerfristig binden», sagt Patrick Schwaller, Leiter Assurance, Financial Services EY Schweiz. Eine Herausforderung bleibe die Bekämpfung der Margenerosion durch Verbesserungen im Kundenerlebnis und personalisierte Beratung.
Für den EY-«Bankenbarometer 2025» wurden im November 2024 rund hundert Schweizer Banken befragt.
Die Studie wird seit 2010 durchgeführt, in diesem Jahr zum 15. Mal. 68 Prozent der befragten Institute stammen aus der Deutschschweiz, 25 Prozent haben ihren Sitz in der Westschweiz, und 7 Prozent sind im Tessin beheimatet.
Die befragten Banken gehören folgenden Kategorien an: Privatbanken (35 Prozent), Auslandsbanken (20 Prozent), Regionalbanken (27 Prozent) und Kantonalbanken (18 Prozent).
Effizienz durch KI wichtiger denn je
Der Druck, Kosten zu senken, ist hoch: 39 Prozent aller Banken gaben an, sich vom Margendruck durch Effizienzsteigerungen wenigstens etwas entledigen zu wollen. Der technologische Fortschritt könnte den langfristigen Rettungsanker spielen: Künstliche Intelligenz (KI) und generative künstliche Intelligenz (Gen AI) werden dabei zunehmend wichtiger.
Der Anteil der Banken, die KI bereits einsetzen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr von 6 auf 15 Prozent mehr als verdoppelt. Auch bei der Prozessautomation (55 Prozent) und Compliance (54 Prozent) hat der Anteil zugenommen. Doch die Hürden sind anscheinend höher, als vielen Banken lieb ist: Jede fünfte Bank (19 Prozent) sieht sich als «gar nicht» vorbereitet, die für den Gebrauch von KI notwendigen regulatorischen Auflagen zu erfüllen. Dennoch sagt Marcel Zünd, Leiter Business Consulting, Financial Services EY Schweiz: «Eine durchdachte KI-Strategie und KI-Governance sind entscheidend, um die Risiken von KI zu minimieren und die Chancen zu realisieren.»
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