Ein Haus im Wert von 2 Millionen Franken kaufen – und das mit nur 70’000 Franken Eigenkapital? Das geht, wenn Sie eine systemrelevante Bank in der Schweiz sind. Von dieser wird eine Eigenkapitalquote von nur 3,5 Prozent verlangt.
Das ist absurd wenig, wenn man bedenkt, dass sonst ein Hauskauf mit 20 Prozent Eigenkapital finanziert werden muss. Jeder Banker und jede Bankerin würde die Augen verdrehen, wenn ein Kunde oder eine Kundin einen Hauskauf mit 3,5 Prozent Eigenkapital finanzieren wollte.
Trotz tiefer Eigenkapitalausstattung sagen Bankchefs immer, dass ihr Institut solide finanziert und sicher sei. Oft wird dann etwas von Kernkapitalquote erzählt, von Tier1-Kapital und weiteren unverständlichen Begriffen.
Diese sind für die Allgemeinheit schwer durchschaubar, und vielleicht ist das gar Absicht. Wer die Vorschriften der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) liest, kann den meisten Text ignorieren und sich auf die Leverage Ratio konzentrieren. Dort werden 3,5 Prozent hartes Eigenkapital verlangt.
Sinnlose zusätzliche Instrumente
Dazu werden in der Leverage Ratio 1,5 Prozent Cocos und 5 Prozent Bail-in-Instrumente addiert. Vereinfacht gesagt soll dieses zusätzliche Kapital unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stehen, etwa wenn die Bank in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Das Problem damit: Sobald die zum Einsatz kommen, ist ein Bank-Run fast schon sicher, weil dann alle Kundinnen und Kunden Angst vor einem Konkurs der Bank bekommen. Diese Instrumente sind also fast nutzlos.
Damit bleiben die 3,5 Prozent harte Eigenkapitalquote. Das ganze Kapital ist weg, wenn die Aktivseite der Bank 3,5 Prozent an Wert verliert. Auf der Aktivseite sind etwa Hypotheken, Kredite an Geschäftskunden und Investitionen in Wertpapiere. Alle drei können schnell mal 3,5 Prozent an Wert verlieren, die letzteren beiden sowieso. Wahnsinn, oder?
Bei den Banken sieht man das natürlich anders. Dort arbeiten Mathematiker, Statistikerinnen und Risikomanager, die immer behaupten, dass alles berechenbar sei, sie alles im Griff hätten. Leider kommt es dann doch immer wieder anders.
Deshalb fordert die Wissenschaft schon lange viel höhere Eigenkapitalquoten von den Banken. Viele gehen davon aus, dass das Finanzsystem erst mit einer Eigenkapitalquote von 20 Prozent sicher ist. Banken, die wirklich hohe Eigenkapitalquoten als Erste umsetzen, könnten gar von der Kundenflucht zu sicheren Banken profitieren.
Ja, die tiefen Eigenkapitalquoten sind nichts Neues. Die Handelszeitung wies schon in mehreren Artikeln daraufhin. Und bereits im Juli 2022 berichtete die Handelszeitung, dass sich Spekulanten für einen Konkurs der CS wappnen.
4 Kommentare
dies habe ich ihrem Herrn Holger Alich geschrieben, dazu kommen die Controller, was machen die und welche Verantwortung haben sie? Vermutlich keine! Er hat meine detaillierte E-Mail bereits erhalten. Beste Grüsse Markus Manser
Der Kommentar erreicht mich über Linkedin von Matthias P. A. Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz (https://www.linkedin.com/in/m…):
Ich teile Ihre Ansicht voll und ganz, wonach systemrelevante Banken einer (viel) höheren Eigenkapitalquote bedürfen. Zudem greift es m.E. zu kurz, wenn vorgebracht wird, die CS habe einzig ein Liquiditätsproblem gehabt, nicht aber zu wenig Eigenkapital. Ein Bank-Run, so wie bei der CS geschehen, erfolgt dann, wenn das Vertrauen wegbricht. Und das Vertrauen in eine Bank dürfte, unter anderem, stark mit der Eigenkapitalausstattung verbunden sein – die CDS hängen daran.
Als Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz habe ich mir dazu auch Überlegungen angestellt. M.E. müssen wir an folgenden Stellschrauben drehen: 1) Höheres hartes EK; 2) besseres Regelwerk; 3) Stärkere Haftung für Leitungsorgane. Ferner 4) müsste man m.E. auch beim Notrecht ansetzen, das zum Schutz der Finanzstabilität angerufen bzw. angewandt wurde. Das muss nach meinem Dafürhalten letztes Mittel bleiben. Zudem sollte der BR über die Gründe und Folgen der Anwendung des Notrechts informieren. Schliesslich könnte man sich überlegen, ob die Voraussetzungen und der Inhalt des Notrechts (im Nachgang) nicht durch das Bundesgericht geprüft werden könnten.
guguk
28. Dezember 2019 / 18:21
Warum leiht mit denn keiner Geld?
Mir gehts nicht schlecht, aber mit richtig Kohle könnte ich richtig viel Kohle machen.
Ohne diese ganzen Finanzheinis.
"You could not buy a house in those days without just assuming that the house was not only a place to live, but it was a good investment, because it was going to keep up with inflation or get ahead of inflation, and it was just - that was America."
"Damals konnte man kein Haus kaufen, ohne einfach davon auszugehen, dass das Haus nicht nur ein Ort zum Leben war, sondern auch eine gute Investition, weil es mit der Inflation Schritt halten oder der Inflation voraus sein würde, und es war einfach - das war Amerika."
Paul Adolph Volcker (* 5. September 1927 in Cape May, New Jersey; † 8. Dezember 2019 in New York City, New York) war von August 1979 bis August 1987 Vorsitzender (Chairman) des Federal Reserve System der Vereinigten Staaten von Amerika, nachdem er von 1975 an bereits der Federal Reserve Bank of New York vorgestanden hatte. Er war Vorsitzender des Anfang 2009 gegründeten Economic Recovery Advisory Board des US-Präsidenten Barack Obama. Am 6. Februar 2011 legte Volcker sein Amt nieder. Volcker war Direktor des American Council on Germany, langjähriges Mitglied und ehemaliger Direktor des Council on Foreign Relations und der Trilateralen Kommission.