Heute ist der «Internationale Tag der Bildung». Für Sie bei Umushroom ist das ein Thema. Warum?

Tonia Zimmermann (TZ): Grundsätzlich ist Ausbildung oft der erste Schritt zu einem besseren Leben. Bei Finanzthemen ist Wissen ein Weg zu mehr Vermögen.

Doch in unserem Bildungswesen kommt Finanzwissen einfach zu kurz. Das ist erstaunlich, denn die Schweiz ist ein Bankenland. Uns ist es wichtig, dies zu ändern. Deshalb haben wir Umushroom gegründet.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Sie gehen noch eine Ecke weiter und haben ja nicht nur ein Ausbildungsprogramm, sondern auch eine Follower-Community aufgebaut. Wie viele Leute hauchen Ihrer Community Leben ein?

Luba Schoenig (LS): Wir haben rund 10’000 Userinnen und User respektive Community-Member. Uns war es besonders wichtig, eine Community aufzubauen, weil wir Menschen im Austausch mit anderen Menschen besser lernen. Und geteiltes Wissen ist verdoppeltes Wissen. Darum ermöglichen wir diesen Austausch.

Wie läuft dieser Austausch?

LS: Ein User oder eine Userin kann anderen Personen folgen. Sie erfährt also jedes Mal, wenn eine Person ihr Portfolio anpasst. Und so lernt man voneinander.

Ausserdem können Community-Member auch Anlageinstrumente, sprich Aktienfonds, ETFs und Kryptos, bei uns bewerten und Kommentare schreiben, die andere einsehen können.

TZ: Finanzanalysten oder Researchanalystinnen in einer Bank haben heutzutage viel weniger Zeit als früher. Entsprechend dürfen wir davon ausgehen, dass es eine Herausforderung ist, die Qualität zu halten. Das Wissen der Community ist somit eine wichtige Ergänzung.

Was steht bei Ihren Bildungsangeboten im Zentrum?

TZ: Wir haben sehr viele Finanzinstrumente auf der Plattform. Unabhängigkeit ist uns wichtig. Das heisst, wir bieten ein ganzes Anlageuniversum von Fonds und ETFs, die 5000 grössten Aktien und die 200 grössten Kryptos an. Wir haben die Produkte alle sauber kategorisiert – viel besser als bei Banken, was eine eigenständige Suche von Anlagen möglich macht.

In unserem Ausbildungsprogramm gibt es verschiedene Level. Einfache Lehrgänge kann man im Selbststudium absolvieren. Bei Anspruchsvollerem geht es um eigentliches Finanzcoaching. Hier sind wir gewissermassen der Personal Trainer unserer Kundschaft und Community-Member.

Wie UMushroom zu seinem Namen kam

Umushroom ist kein klassischer Banken- oder Brokername. Tonia Zimmermann erklärt, wie das mit Luba Schoenig gegründete Fintech-Startup zu seinem Namen kam: 

«Erstens war uns auch wichtig, dass wir einen Namen haben, der sich nicht einfach so in die traditionellen Banken oder Finanznamen einreiht. Dieser Kulturchange und eine andere Art von Banking soll im Vordergrund stehen. Das ist uns extrem wichtig.

Und die Pilzwelt ist für uns ein Vorbild. Wir wünschen uns einen Finanzplatz, der gleich funktioniert.

Denn Pilze sind die grössten Organismen auf unserem Planeten. Pilze sind miteinander verbunden. Sie kommunizieren und lernen voneinander. Es gibt keine Chefpilze, keine Königspilze. Alle tragen etwas bei und können immer vom grossen Ganzen profitieren. Pilze gehen in Symbiose mit Pflanzen, so existiert Neues. Es entsteht ein effizientes Gleichgewicht, das alle inkludiert. Das wünschen wir uns auch für unseren Finanzplatz und arbeiten auf dieses Ziel hin.»

Trotz Ihrer Bildungsangebote und jenen von anderen und trotz Onlinewebinaren fehlt es den Leuten immer noch an Fachwissen. Worauf führen Sie das zurück?

LS: Eine erste Blockade ist das fehlende Wissen. Die zweite Blockade ist die Angst vor Verlusten respektive vor Fehlern. 

Die dritte Blockade ist: Viele denken, dass sie zu wenig Vermögen haben, um loszulegen. Das war früher tatsächlich der Fall. Doch heute können dank moderner Technologie alle Interessierten schon mit 5 Franken bei Onlinebrokern loslegen. (lacht) Statt einen Kaffee to go zu kaufen, kann ich investieren. 

Nur ist man sich oft nicht bewusst, dass das einen Impact haben kann: Viele kennen den enormen Einfluss des Zinseszinseffekts nicht. 

Warum geht es trotzdem nicht voran?

LS: Sie haben recht. Es ist in der Tat so, dass immer noch viel zu wenige Leute investieren. Diverse Erhebungen zeigen: Maximal 50 Prozent der Bevölkerung hält in irgendeiner Form Wertschriften. Es fängt beim Bewusstsein an. Viel hat auch mit Selbstermächtigung, der Selbstbefähigung, zu tun.

Wie wollen Sie das ändern?

LS: Weswegen viele noch kein Wissen haben, ist nachvollziehbar: Die Finanzinformationen werden auch in vielen bestehenden Finanzprogrammen auf eine sehr trockene und nicht gerade sehr leicht zugängliche Art und Weise vermittelt. Das stellt eine Barriere dar.

TZ: Auch die Sprache, die die Finanzwelt verwendet, ist für Branchenfremde unverständlich. Selbst für uns beide oder für Experten ist es immer wieder eine Herausforderung, den Finanzslang in «Normaldeutsch» zu übersetzen.

LS: Kommt dazu, dass Finanzinformationen oft sehr lieblos abgebildet werden. Beim Blick auf solche Zahlenfriedhöfe vergeht jedem die Lust, sich damit auseinanderzusetzen.

Sie machen das anders?

LS: Wir ändern das schon mit der Art und Weise, wie wir Finanzinfos auf unserer Plattform darstellen und wie wir das Finanzwissen weitergeben.

Sie bieten ein Anlageuniversum. Worauf legen Sie Wert bei Ihren Angeboten?

TZ: Für uns steht die Unabhängigkeit im Vordergrund. Wir sind selber keine Bank und stellen keine eigenen Finanzprodukte her. Wir bieten eine gute Übersicht über das bestehende Anlageuniversum, damit alle die Finanzen in die eigenen Hände nehmen können – so wie Ferien eigenständig zum Beispiel über Tripadvisor gebucht werden.

Inwiefern ist Ihr Angebot breiter?

TZ: Bei den Banken ist es oft so, dass die Kunden und Kundinnen nur die Produkte sehen, die die Bank auswählt. Nur die grössten Produkte von grossen Anbietern schaffen das. Das ist schade, denn sehr viele interessante Produkte fallen dadurch weg.

Viele gute Produkte kommen also nie auf den Tisch der Anlegenden. Darum sind bei uns grundsätzlich alle Produkte drauf, also alle ETFs, alle Fonds, die grössten Aktien und Kryptowährungen. Und im Endeffekt soll die Community entscheiden, was die besten Produkte sind.

LS: Wir bieten auch die Funktion von Vergleichen an. Jede Person kann bei uns die Gebührenstruktur eines Produkts sehr schnell sehen. 

Sie werden wahrscheinlich nicht überrascht, wenn ich sage, dass es recht viele Produkte von Banken gibt, die überteuert sind, Stichwort Eigeninteresse. Viele Banken begünstigen ihre eigenen Distributionskanäle. Wir bieten Transparenz.

Was heisst das konkret?

LS: Es gibt sehr viele Bankprodukte, die relativ hohe Gebühren von 1,5 oder sogar um die 2 Prozent des angelegten Vermögens jährlich in Rechnung stellen. Da ist in zehn Jahren praktisch ein Fünftel Ihres ursprünglichen Kapitals schon weg ist.

Das geht besser, sprich günstiger, oder?

TZ: Klar. Es gibt immer verschiedene Wege, eine Anlagestrategie umzusetzen, die sich meist auch in den Kosten substanziell unterscheiden.

Oft bieten Banken günstigere Produkte mit ähnlicher Performance und ähnlicher Zusammenstellung ihren Kundinnen und Kunden gar nicht an. Die günstigen Alternativen schaffen es nicht immer zu den Bankkundinnen und -kunden.

Das ist ja eine eigentliche Bankenkritik …

LS: In der Tat. Und das hat viel damit zu tun, dass Banken auch herkömmliche Technologien, also relativ veraltete Technologien, verwenden. Viele Banken sind in gewisser Hinsicht Tech-resistent.

Woran liegt das?

LS: Es hat viel damit zu tun, dass es bei Banken nicht so einfach ist, die Technologie zu wechseln. Ihre Herangehensweisen und Methoden sind über dreissig, vierzig Jahre gewachsen. Dieser Ist-Zustand hat daher mit den Strukturen zu tun, die nicht ohne Weiteres ersetzbar sind.

Bei unserem Startup und bei jedem anderen Startup ist es einfach, quasi auf eine grüne Wiese anzufangen und auf modernste Technologie zu setzen.

Themenwechsel: Was raten Sie einer 22 Jahre alten Frau oder einem 22 Jahre alten Mann mit 5000 Franken Nettoeinkommen zum Einstieg in eine lange Phase der Investition?

TZ: Wenn man anfängt, zu investieren, braucht es einen Plan. Es ist genau gleich, wie wenn man ein Haus baut oder in die Ferien geht. Wir haben für alles immer einen Plan. Also brauchen wir das auch beim Investieren.

Der erste Schritt ist immer, die Sparquote zu eruieren: Zuerst muss man wissen, was reinkommt, was rausgeht – und wie viel man monatlich auf die Seite legen will.

Wenn man bei einem Einkommen von 5000 Franken auf eine Sparquote von 500 Franken kommt und davon die Hälfte monatlich investieren will, kann man einen Sparplan für 250 Franken machen. Dann lohnt es sich unserer Meinung nach, ein Produkt zu nehmen, das den Markt sehr breit abdeckt. Ein ETF auf einem globalen Index zum Beispiel.

Würden Sie global gehen, statt wegen des Währungsrisikos den Schweizer SMI zu nehmen?

TZ: Ja, die Nähe zum Heimmarkt ist ein wichtiger Punkt. Auch beides, etwa fifty-fifty, kann sinnvoll sein.

Was raten Sie einer 55 Jahre alten Person mit 6500 Franken Nettoeinkommen?

LS: Wie lange ist der Zeithorizont?

Zehn Jahre – bis zum ordentlichen Pensionsalter.

LS: Bei 55 Jahren hätten wir früher tatsächlich zehn Jahre gesagt. Aber heute sind es zwanzig, dreissig Jahre, weil wir von einer längeren Lebenserwartung ausgehen.

Doch Alter ist erstaunlicherweise kein Indikator: Es gibt Menschen, die sehr risikofreudig sind. Andere hingegen nicht.  

So oder so: Globale Aktien-ETFs bieten Vorteile. Empfehlenswert ist eine sehr grosse Gewichtung der USA, da diese sehr technologielastig sind. Momentan spielt dort die Musik …

Hat gespielt. Wir können die Zukunft nicht voraussagen.

LS: Da haben Sie recht. Also bis Status quo heute, höchstwahrscheinlich auch dieses Jahr, aber sicher in den letzten Jahren hat dort die Musik gespielt. Und wir haben den grössten Wertzuwachs in diesem Bereich gesehen.

Und Sie würden bei den 55-Jährigen nicht in einen Dividenden-ETF gehen?

LS: Eine andere Alternative wäre, wenn jemand sagt: «Ich möchte regelmässig Einkommen mit meinem Investment generieren, etwa um die Rente aufzubessern.» Ein Dividenden-ETF mit Schweizer Aktien wäre da sinnvoll.

Wenn jemand hingegen sagt, «Ich bin voll auf Wachstum», dann sieht das Portfolio natürlich ganz anders aus.

Aber Achtung: Aufgrund der auch längerfristig tiefen Zinsen auf Schweizer Franken, machen Anleihen in einem Portfolio momentan nicht zwingend Sinn. Netto kann es wegen der Depot- und Transaktionsgebühren, Steuern und so weiter besser sein, Termingelder zu halten oder ein einfaches Sparkonto zu eröffnen.

HZ Banking-Newsletter
Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
HZ Banking-Newsletter