Die traditionellen Banken erlebten in den 2010er-Jahren einen abrupten Paradigmenwechsel. Sie waren mit den strukturellen Kosten eines physischen Filialnetzes und der Wirtschaftskrise, in deren Epizentrum sie standen, konfrontiert und konnten die Herausforderung der Digitalisierung nicht bewältigen. 

Der Gastautor

David Benamou, seit 2009 Aktionär und Gründer von Axiom Alternative Investments.

Neue, sehr agile Akteure haben ihre Wertschöpfungskette auf den Kopf gestellt und die Richtlinien für das Bankwesen von morgen festgelegt. Diese Fintechs wurden als Totengräber der traditionellen Banken wahrgenommen, die veraltet und «too big to change» geworden waren.

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Diese Wahrnehmung wurde durch die Fakten bestätigt. Mit hohem Kapital, einem flexibleren Regulierungsrahmen und neuen Technologien haben sie sich aufgemacht, die Welt zu erobern. Die Bewertungen sind in die Höhe geschnellt, doch die Rentabilität hält nicht Schritt.

Hohe Kosten für die Kundengewinnung

Sicherlich entspricht die Kühnheit der Disintermediation der Entwicklung der Branche, in der seit Covid fast 60 Prozent der Verkäufe über digitale Kanäle abgewickelt werden, während es vorher 45 Prozent waren. Allerdings müssen sich diese neuen Akteure mit der Treue der Kundinnen und Kunden zu ihrer Hauptbank auseinandersetzen. Infolgedessen sind die Kosten für die Kundenakquise sehr hoch, was die Margen der neuen Akteure belastet. Darüber hinaus liegt ihr grösster Wettbewerbsvorteil in der flexibleren Gesetzgebung, die voraussichtlich noch strenger werden wird, und in ihrer Technologie.

Die Bedrohung durch Fintechs schwindet

Nach ihrer Rekapitalisierung konnten die traditionellen Banken massiv in ihre digitale Transformation und in die Rationalisierung ihrer physischen Filialnetze investieren. Insgesamt haben sie dreimal so viel Kapital aufgenommen wie Fintechs, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Diese Kampfstärke hat die Fintech-Bedrohung von ihrem Kerngeschäft ferngehalten, sodass nur Nebendienstleistungen gefährdet sind. Beispielsweise machen Zahlungsdienste nur 5 Prozent des Geschäfts der Banken aus.

All diese Veränderungen haben die Banken stärker gemacht. Es liegt nun an ihnen, Eroberungszüge zu starten. Das Beispiel Unicredit zeigt, wie sehr sich die Mentalität der Bank geändert hat, da die Führung von Jean-Pierre Mustier zu Andrea Orcel wechselte. Die Ära der Cost-Killer-Banker geht also zu Ende. Jetzt sind diejenigen an der Reihe, die als Katalysator für ein Wachstum fungieren können, bei dem Klima- und Umweltfragen einen wichtigen Platz in strategischen Entscheidungen einnehmen werden.

Der ökologische Wandel erfordert hohe Investitionen

Der Bankenanalyst Stuart Graham schätzt, dass zwischen 2020 und 2050 für den ökologischen Wandel Finanzmittel in der Höhe von 2,3 Billionen Dollar benötigt werden, was die Aktienkurse europäischer Banken um 15 bis 20 Prozent steigen lassen könnte. Diejenigen, denen es gelingt, ihre Erträge an diesen Herausforderungen auszurichten, werden früher oder später die Früchte ernten.

Wenn sich die Gesundheit der Banken verbessert, werden sie ausserdem wieder Dividenden ausschütten oder Aktien zurückkaufen können. Die Dividendenrenditen werden die Bewertungen stützen, wobei ein grosses Potenzial für überraschende Ankündigungen von Aktienrückkäufen besteht.

Konsolidierung der Branche

Diese Dynamik in Verbindung mit angemessenen Bewertungen ebnet den Weg für eine Konsolidierung des Sektors. Banken, die ihre Positionen in dieser mageren Phase ausgebaut haben, können auf externes Wachstum hoffen. Diese Entwicklung wurde durch die neue buchhalterische Behandlung von Wertminderungen erleichtert, die ein grosses Hindernis für nationale und grenzüberschreitende Fusionen darstellten.