Herr Liechti, wie beurteilen Sie die Konkurrenz durch Fintechs?
Der Vorteil unserer Plattformbanken ist ihre regionale Verankerung mit Geschäftsstellen vor Ort. Natürlich stehen wir im Wettbewerb zu Fintechs, aber kaum in unserem Kerngeschäft mit Hypotheken. Grundsätzlich sehen wir Fintechs als Ergänzung zu unserem Angebot und stehen der Innovation positiv gegenüber. Zudem wissen es unsere Kunden zu schätzen, dass sie bei grösseren Geschäftsvorhaben stets eine vertraute Kontaktperson haben und eine persönliche Beratung erhalten.
Bedrohen Onlinebanken, die zwar Payment-Services anbieten, aber eigentlich keine Banklizenz haben, Ihr Geschäftsmodell?
Hierzu die gleiche Antwort wie zur ähnlichen Frage zuvor. Unsere regionale Verankerung und die lokale Marktpräsenz sind Erfolgsfaktoren in unserem Kerngeschäft mit Hypotheken, das fast 80 Prozent der Erträge ausmacht.
Wie sieht die Entwicklung der Serviceplattform aus? Ist die Community offen für weitere Bankenmitglieder?
Unser Angebot an Plattformbanken geht weit über reine IT-Dienstleistungen hinaus. Wir stellen ein Komplettpaket zur Verfügung, das echtes Rundum-sorglos-Banking ermöglicht. Alles aus einer Hand – damit sich die Banken voll und ganz auf ihre Kunden konzentrieren können. Wir bieten Zugang zu fortschrittlicher Technologie und innovativen Lösungen, übernehmen den Betrieb und sorgen für die Überwachung. Als zentrale Anlaufstelle für alle bankfachlichen Fragen etablieren wir uns zudem als Knotenpunkt einer wertvollen Community, was uns zu einem einzigartigen Anbieter im Markt macht. Wir sind stets offen für neue Partnerschaften, und ich bin fest davon überzeugt, dass die klaren Vorteile unseres Angebots weitere Banken zu uns führen werden.
Gründungsjahr: 2004
Bilanzsumme: 14,1 Milliarden Franken
Kunden: 160’000
Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: Ländliche Regionen in der Deutschschweiz sowie im Jura
Alleinstellungsmerkmal: Für die Bankkunden ist es die Regionalität mit der persönlichen Kundenbeziehung. Für die Plattformbanken (B2B) sind es kosteneffiziente, moderne Angebote mit modularen Services und Skalierbarkeit durch die Grösse der Community.
Planen Sie, in neue Marktsegmente zu expandieren?
Wir überprüfen unser modulares Angebot regelmässig und passen es den Bedürfnissen unserer Kunden und den Marktinnovationen an. Unser Geschäftsmodell basiert darauf, mit externen Partnern zusammenzuarbeiten und die Ressourcen hierfür bei der Clientis tief zu halten. Unser Fokus liegt beim Ausbau und der Stärkung unserer Community, was wiederum die einzelne Regionalbank durch Synergieeffekte stärkt.
Ist KI ein grosses Thema? Bei welchen Anwendungen macht KI bereits Sinn für Ihre Angebote?
Ja, das ist natürlich ein grosses Thema für uns. Erste Anwendungen sind auch schon im Einsatz, wie zum Beispiel ein Chatbot auf der Webseite, Chat GPT für Recherchen und Textunterstützung sowie Analysetools zur Betrugsverhinderung in den Bereichen Compliance und im Zahlungsverkehr. Es handelt sich dabei um die Automatisierungen von Routinearbeiten. Die KI analysiert im Hintergrund Zahlungsströme anhand von Algorithmen. Zudem beobachten wir die Entwicklungen rund um Anwendungen wie «Voice to Text» in den Kundengesprächen, als administrative Unterstützung im Backoffice wie das Erstellen der Kundenhistorien und die Ablage der Gesprächsnotizen.
Hat Clientis bereits eine KI-Strategie entwickelt?
Die Clientis hat die Bedeutung der künstlichen Intelligenz erkannt, erarbeitet mit Partnern mögliche Use-Cases für die Clientis-Banken und schafft Basiswissen für die Bankmitarbeitenden im Einsatz von KI. Wir arbeiten kontinuierlich an Innovationsthemen, um die Kundeninteraktion zu verbessern und operative Effizienz zu steigern. Als Sourcing-Anbieter für kleine und mittlere Banken können wir aus Communitygründen nicht als «First Mover» agieren. Über unser Innovation Board, das sich aus Mitgliedern von zahlreichen Banken zusammensetzt, evaluieren wir Innovationen aus sämtlichen Bereichen. Die Clientis stellt für die Banken ein Offering aus modularen Services zusammen, die von Partnern wie Inventx, Swisscom, Entris Banking und Finnova betrieben werden. Unsere Partner befassen sich selbstverständlich auch mit der Integration von KI in ihre Produkte und Prozesse.
In welchen Bereichen arbeiten Sie selber mit externen Partnern zusammen und warum?
Als spezialisierter Sourcing-Anbieter unterstützen wir kleinere und mittlere Banken durch die Zusammenarbeit mit externen Experten. Dies ermöglicht uns, von deren Spezialwissen und Skaleneffekten zu profitieren, besonders unter steigender Regulierungsdichte.
Wir agieren dabei als Orchestrator, der Dienstleistungen für Banken bündelt, sei es durch direkten Einkauf oder umfassende Servicepakete. Banken treffen eigenständig Make-or-buy-Entscheidungen, unterstützt durch unser «Bank in a box»-Konzept, das von spezifischen Dienstleistungen der Clientis ergänzt wird. Beispielhaft reagieren wir auf neue Regulierungen von der Idee bis zur technischen Umsetzung und Anpassung, entlasten unsere Partner und ermöglichen ihnen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.
Was sind in Ihren Augen die drei wichtigsten Aufgaben respektive Herausforderungen in den kommenden Monaten und Jahren im Bankenwesen generell?
Zum Ersten: Aufbau einer guten Reputation und vertrauensbildende Massnahmen in das Schweizer Banking, zweitens: Die Zinswende führt zu höheren Kapitalkosten für Refinanzierung aufgrund des starken Wachstums. Das ist eine sehr herausfordernde Situation, die uns noch länger begleiten wird. Und drittens die steigende Regulierungsdichte, die mit hohen Kosten für die Digitalisierung einhergeht.
Seit wann sind Sie CEO? Seit November 2021
Höchste/letzte Ausbildung? Lic. oec. HSG
Alter? 48 Jahre
Ihre Hobbys? Natur, Biken, Skifahren, Förster
Zum Schluss zwei Fragen an Ihre Person: Wie würden Sie Ihren eigenen Führungsstil beschreiben?
Kollegial, fordernd, auf Augenhöhe. Und immer mit dem Fokus, die Mitarbeitenden persönlich einen Schritt weiterzubringen.
Und welches Ziel streben Sie als CEO in diesem Jahr an?
Für das Jahr 2024 verfolge ich diese Ziele: Ich will das Fundament unserer Geschäftsstrategie und Unternehmenswerte fest verankern und die Stellung unserer Finanzgruppe klar definieren. Im Mittelpunkt steht die Intensivierung des Dialogs mit unseren Kooperationspartnern und die gemeinsame Entwicklung einer zukunftsorientierten Kanalstrategie mit unseren Banken. Ausserdem plane ich, strategische Meilensteine für unsere Schlüsselprodukte zu setzen, um die Weichen für Erfolg in den kommenden Jahren zu stellen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.