Fouad Bajjali, Ihre Bank wurde 1974 gegründet. Wie hat sich die IG seither verändert?
Zunächst: Die IG Group ist heuer fünfzig Jahre alt geworden. Die IG Bank in der Schweiz feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen; sie ist die einzige Banklizenz, die wir in unserer Gruppe haben. Und sie ist von der Finanzmarktaufsicht Finma reguliert, wir haben also eine Schweizer Banklizenz. Weltweit ist die IG Group keine Bank, wir sind als Brokerage aufgesetzt.
Was hat sich verändert?
In fünfzig Jahren IG Group hat sich einiges getan. Die IG fing als Goldbroker in London an. Unterdessen sind wir in 18 Ländern weltweit vertreten, mit über 300’000 aktiven Kundinnen und Kunden im Jahr.
Wir haben keinen Advisory-Service, sondern bieten nur Execution, Plattformen und Produkte. Ausserdem helfen wir unseren Kundinnen und Kunden aktiv bei der Weiterbildung.
Hat sich das Kundenverhalten gewandelt?
Unsere Kundschaft ist in all den Jahren viel proaktiver geworden. Die Produkte, die wir hier in der Schweiz anbieten, bedienen noch immer eine Marktnische. Doch in den letzten vier bis fünf Jahren fanden mehr Leute Gefallen am Traden. Was natürlich für die ganze Industrie an sich positiv ist.
Fouad Bajjali ist CEO der IG Bank S. A. und leitet die Schweizer Niederlassungen in Genf und Zürich, die von der IG Group im Oktober 2014 ins Leben gerufen wurden. Darüber hinaus ist Fouad Bajjali seit 2017 für die IG Prime und seit 2021 für den nahöstlichen Raum mit Büros in Dubai zuständig. Fouad Bajjali ist bereits seit mehr als 16 Jahren bei der IG Group in verschiedenen Führungspositionen weltweit tätig, darunter als Generaldirektor bei IG Madrid sowie als Business-Development-Manager bei der IG Singapore.
Sie haben es angesprochen, die IG hat es 1974 in Grossbritannien erst möglich gemacht, dass Leute Gold direkt kaufen und mit Gold spekulieren können. Das war damals ein Coup. Welche Bedeutung hat der Goldhandel heute noch für die IG?
Für die IG relativ wenig, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Gold ist zwar nach wie vor populär und dadurch ein wichtiges Produkt für die IG. Aber es ist unterdessen zu einem von vielen Produkten geworden, die wir 24 Stunden handelbar machen.
Hat sich in dieser Zeit die Art und Weise, wie Ihre Kundschaft investiert, stark verändert?
Die Kundschaft ist heute technologisch viel avancierter. Wir bieten zum Beispiel Web-APIs an, damit sich die Kundinnen und Kunden mit uns verknüpfen können. Vor nur zehn Jahren war das noch undenkbar.
Nutzen die Kundinnen und Kunden die neuen Möglichkeiten rege?
Unsere Kundschaft ist viel raffinierter unterwegs. Sie geht das Trading viel strukturierter an. Das sind positive Entwicklungen. Wohlgemerkt: Wir reden hier von Privatinvestoren und -investorinnen, das sind ja keine Profis.
Ich bin jetzt 18 Jahre bei der IG und stelle fest: Die Kundinnen und Kunden wissen heute viel mehr über gewisse Themen und Produkte. Heutzutage kann man überall Informationen finden.
Da profitieren Sie sicher davon?
Ja, wir sehen das im Wachstum weltweit – nicht nur in der Schweiz. Wenn man sich die Brokerage-Industrie generell anschaut, sieht man, wie die Kundenvolumen überall wachsen.
Wo verdienen Sie in Ihrer Gruppe am meisten Geld?
Im Wesentlichen durch Kommissionen oder Spreads. Wenn Sie Aktien bei uns handeln, kassieren wir eine ganz normale Kommission. Für alle anderen Produkte, die keine Aktien sind, kassieren wir einen Spread. Das ist unsere Kommission. Wer Produkte über Nacht hält, bezahlt zudem die Finanzierungskosten. Das ist, weil die Produkte auf Hebel sind, darum ist dies auch ein Teil unseres Einkommens.
Sogenannte Differenzkontrakte, kurz CFD, sind ihr Kerngeschäft. Doch CFD sind in den USA verboten. Aus einem guten Grund?
Glaube ich nicht. Natürlich haben unsere Produkte ein Risiko. Und das verstecken wir auch nicht. Deswegen ist das Produkt nicht für jeden geeignet. Und damit sind wir sehr transparent. Es ist ein risikoreiches Produkt.
Aber …
In Amerika können Privatkundinnen und -kunden FX handeln, mit bis zu fünfzigmal Hebeleffekt. Das ist ja viel höher als bei CFD. In der Schweiz, Europa und Asien sind CFD im Übrigen reguliert.
Sehen Sie in der Schweiz für Ihre Bank Potenzial?
Ja, wir sind sehr glücklich mit den ersten zehn Jahren in der Schweiz. Doch wir müssen realistisch sein, da die Schweiz vom Volumen her ein kleinerer Markt ist.
Wo liegt dann das Potenzial?
Indem wir uns intensiver nach neuen Produktpaletten umschauen, als wir es bislang gemacht haben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir bald Aktien anbieten oder On-Exchange-Derivate wie Turbos zum Beispiel. Um etwa mit ETFs und eher klassischen Produkten andere Kundensegmente anzusprechen.
Aber ist das noch nicht spruchreif?
Für die Schweiz ist es noch nicht zu 100 Prozent umgesetzt.
Aber im Ausland schon?
Im Ausland ja, also in einigen Ländern haben wir diese Produkte schon: In England, Australien, Dubai bieten wir Aktien jetzt auch schon an. Für Europa analysieren wir momentan, welche neuen Produkte wir in Zukunft anbieten wollen – und da gehört die Schweiz natürlich auch dazu.
Also das heisst, Sie greifen auf die Erfahrungen zurück, justieren nach und kommen dann auf den Markt?
Genau. Ein reales Kundenfeedback zu bekommen, bevor man mehr Produkte und riesige Projekte lanciert, macht durchaus Sinn.
Das haben wir rückblickend nicht sehr gut gemacht als Gruppe. Doch jetzt gehen wir in diese Richtung – ich könnte mir definitiv das nächste Jahr als Start vorstellen.
Also da herrscht ein bisschen Aufbruchstimmung in der IG Group?
Aufbruchstimmung nicht. Aber wir haben bei der IG ein sehr starkes Wachstum in den letzten zehn Jahren erlebt. Und nun müssen wir uns die Frage stellen: Wie könnten wir jetzt noch mehr wachsen? Wie können wir für neue Kundensegmente interessant sein? Bisher waren wir sehr auf unsere Kernkompetenz CFD fokussiert.
Doch bei der IG läuft es gut?
Die Gruppenzahlen sprechen dafür: Letztes Jahr waren es knapp 1 Milliarde Pfund Umsatz weltweit und etwas mehr als 400 Millionen Pfund Profit.
Das ist tatsächlich beeindruckend.
Wenn man solche Margen hat, ist es natürlich immer schwierig, sich auf etwas anderes zu fokussieren. Doch nun ist Diversifizierung für uns ein grosses Thema in Amerika.
Auch in Europa, aber nicht in der Schweiz, haben wir in den letzten Jahren leicht diversifiziert, indem wir sogenannte Turbos anboten.
CFD, Turbos – das sind alles Fachbegriffe, die nicht jedem ein Begriff sind. Ist das fürs Geschäft nicht hinderlich?
Ich habe am Anfang über Schulungen gesprochen und darüber, wie wichtig das Ganze ist. Aus diesem Grund bieten wir auf unserer Homepage ganz spezifische Kurse unter dem Namen IG Academy an.
Einige habe ich angeschaut. Diese Tutorials sind sehr verständlich.
Sehr gut, das freut mich. Als wir damals in Genf unsere Büros eröffnet haben, vor zehn Jahren, sah ich es als nötig an, sehr viel in Schulungen, Seminare, Webinare zu investieren.
Man muss den Leuten ein Produkt näherbringen – und das braucht Zeit.
Es geht ja darum, als neuer Player Vertrauen zu schaffen und die eigene Kompetenz zu unterstreichen, oder?
Definitiv. Als ich unsere Vertretung in Spanien aufgesetzt habe, hat das sehr gut funktioniert. Hier in der Schweiz funktioniert es ebenfalls. Die ersten vier bis fünf Jahre waren wir nur in Genf vertreten, haben dann dieses Büro in Zürich noch hinzugefügt und benutzen es natürlich auch für Kundenevents, Seminare und so weiter.
Sie suchen also als Onlinebank den Kundenkontakt?
Ja, die IG Bank will näher an der Kundschaft sein und physische Präsenz zeigen, selbst als Onlinebank.
Dass Leute bei uns einmal kurz vorbeischauen können, ist sehr wichtig, das haben wir in den letzten Jahren gesehen: Seitdem wir das Büro in Zürich aufgemacht haben, ist das Volumen sehr gewachsen. Wir konnten viele Kundinnen aus dem Wirtschaftsraum Zürich neu bei uns begrüssen. Das sieht man natürlich auch anhand unserer Ergebnisse.
Sicher schön, wenn man den Erfolg dann auch sieht.
Ja, definitiv.